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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Die 77-jährige Tereza lebt in einer Industriestadt im Amazonasgebiet. Eines Tages erhält sie die offizielle Anweisung der Regierung, in eine Seniorenkolonie in einer entlegenen Gegend zu ziehen. Hier sollen die Alten ihre letzten Jahre „genießen“, während die junge Generation sich voll und ganz auf Produktivität und Wirtschaftswachstum konzentrieren kann.

Kritik

Alte Leute haben keine Zukunft, sagt die 77-jährige Tereza (Denise Weinberg, Super Nada) in Gabriel Mascaros filmischer Flussfahrt. Jene trägt in den Wettbewerb der Berlinale Themen in spiegelverkehrtem Kontrast zu denen, die 2019 seinen Panorama-Film Divine Love prägten. Statt um Reinkarnation und Neuerung kreist die kontemplative Saga einer späten Selbstbehauptung um Alter und Tod. Realitäten, die das Brasilien einer nahen Zukunft weit von sich schiebt. In dem satirischen Szenario gilt dass buchstäblich rüber Menschen jenseits der 75.

Sie landen in der „Kolonie“, einer Mischung aus Seniorenresidenz und Straflager. Ein Lorbeerkranz, der „zum Dank für ihre Verdienste“ über ihrem Hauseingang angebracht wird, stigmatisiert sie als Teil der Gesellschaft, für den der Staat keine Verwendung mehr hat. Pendelnd zwischen Systemkritik, Satire und Sentimentalität imaginiert das erste Kapitel ein Brasilien von morgen, in dem die Generation von vorgestern keinen Platz mehr hat. Der beunruhigende Unterton der Staatsmaßnahmen, die düstere historische Assoziationen wecken, ist durchaus gewollt. 

Erst verliert die Seniorin ihren Job, dann folgt die Abfuhr - ob man will oder nicht. Tereza will definitiv nicht und kommt der Zwangsbeurlaubung zuvor. Sie möchte sich ihren Lebenstraum vom Fliegen erfüllen, doch ohne Einwilligung ihrer als Vormund eingesetzten Tochter geht das nur über Umwege. Die führen die rüstige Rentnerin auf den klapprigen Lastkahn des mürrischen Cadu (Rodrigo Santoro, Wolf Pack). Er bringt die unbeirrbare Protagonistin und den Plot auf einen halb psychedelischen, halb phantastischen Weg. 

Das zweite und dritte Kapitel drosseln weiter das ohnehin gemächliche Tempo, indem Tereza erst den Amazonas entlang schippert und eine unerwartete Freundschaft knüpft. Mystik und magischer Realismus lösen die gesellschaftskritischen Pointen ab und holen das Geschehen in eine träumerische Aura. Schlüssel zu dieser ist eine seltene Schneckenart, deren bläulicher Schleim angeblich Visionen weckt. Derlei spiritistische Spielereien sind putzig, doch bewahren die dünne Story nicht vor dem Zerfall ins Anekdotische. Der blaue Pfad mündet ins Leere.

Fazit

4.0

Der verträumte Soundtrack, der einlullende Erzählfluss und die geruhsame Bildsprache tränken Gabriel Mascaro eigenwillige Melange aus Gesellschaftssatire, Altersdrama und Fabel in eine einschläfernde Langsamkeit. Wenn einen etwas wachhält, ist es Denise Weinbergs schnörkellose Verkörperung einer untypischen Heldin, die lernt, dass es für eine Neuausrichtung nie zu spät ist. Diese versöhnliche Message verblasst gegenüber den systempolitischen Spitzen gegen Altersdiskriminierung, Bürokratismus und Gestenpolitik. So charmant einige der Ideen klingen, so frustrierend unterentwickelt gestaltet sich deren dramaturgische Ausarbeitung. 

Kritik: Lida Bach

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