Regisseur Zack Snyder ist aus dem aktuellen Effekt-Kino nicht mehr wegzudenken. Immerhin hat er nicht nur glorreich George A. Romeros Zombies ins 21. Jahrhundert geholt, oder 300 Spartaner blutig ihr letztes Gefecht schlagen lassen, sondern auch den schwierigen Stoff von Watchmen kunstvoll auf die Leinwand gezaubert. Demnächst steht sogar ein Reboot von Superman an. Eines haben alle Filme jedoch gemeinsam, sie besitzen eine Vorlage, die nur noch Filmgerecht serviert werden musste. Dass allerdings Snyder auch durchaus das Zeug zum schreiben hat, will er nun mit dem spektakulären Sucker Punch beweisen. Dabei standen die Vorzeichen gar nicht schlecht, ein regelrechter Hype entstand, der durch effektvolle Trailer noch angefacht wurde. Kurz nach dem ersten Testscreenings stellte sich jedoch schnell Ernüchterung ein. Als verwirrend und schlecht wurde das Werk bezeichnet. Auch US-Kritiker zerrissen den Film in der Luft. Schlussendlich wurde Snyders Actionfeuerwerk sogar an den amerikanischen Kinokassen abgestraft. Doch ist nun die Geschichte um BabyDoll und ihre Freundinnen so schlecht? Nein, keinesfalls. Zwar macht Snyder im Laufe der Handlung einige Fehler, doch was bleibt ist ein visuell beeindruckendes teils provokantes Stück Kunstkino, was offen auch als Mainstream durchgeht.
Trotz starker Kritik an Snyders Geschichte, muss man Sucker Punch zugutehalten, dass der Film bezüglich der präsentierten Ideen provokant und konsequent ist. So wird um Babydoll eine Welt präsentiert, die hauptsächlich von Männern dominiert wird, die sich nach Lust und Laune an den Mädchen vergreifen und ihr Leben bestimmen. Der Kampf, in den sich Babydoll wirft, ist also nicht nur ein Kampf gegen Monster, Drachen oder ähnlichen, sondern auch einer gegen ein maskulin dominiertes System. Im Grunde ist deshalb die Erzählung durchaus zum emanzipatorischen feministischen Kunstkino zuzuordnen. Es sind eben nicht einfach nur hübsche Amazonen die mit geballter Feuerkraft gegen ihre Feinde vorgehen, sondern Mädchen, die sich ein Stück Freiheit erkämpfen wollen. Überhaupt ist es kaum die Handlung, die die Schwächen der Actionverfilmung ausmachen. Diese liegen eher im Bereich der Charakterentwicklung, die Snyder von Anfang an aufs Schmerzliche ignoriert. So bleiben alle Figuren weitgehend blass, ohne Profil und sind so meist nur ein Schatten der über die Leinwand wandelt. So bleibt es dem Zuschauer leider verwehrt, Babydoll und ihre Gefährtinnen zu verstehen, mit ihnen zu fiebern, zu leiden und zu kämpfen. Gerade angesichts des brisanten Themas, wäre hier ein sensibler Zugang besser gewesen. Selbst das wirklich überraschende Finale, das noch einmal philosophisch die Materie angeht, kann an dieser Tatsache nur schwer was ändern.
Snyder erzählt seine Geschichte insgesamt auf drei Realitätsebenen. Während auf der ersten die triste Anstalt sowie die anstehende Lobotomie, was aus Babydoll menschliches Gemüse machen würde, im Vordergrund stehen, sind die anderen beiden Ebenen fiktiv in einer Traumwelt angesiedelt. Die erste davon ist ein Etablissement was unter der harten Führung von Blue steht. Dieser ist ein Waffenhändler, Drogendealer und Zuhälter, welcher seine Macht gerne ausspielt. Schlussendlich gibt es dann noch die dritte Ebene, in die sich Babydoll regelmäßig zurückzieht, um die fünf Gegenstände stehlen zu können, die für eine Flucht notwendig sind. Genau hier ist der Punkt, an dem die Action von Sucker Punch startet. Spätestens wenn sich das Fünfergespann gegen riesige Ninjas, Zombies oder Drachen wehrt, wird man als Zuschauer kaum mehr aus dem Staunen herauskommen.
Die Welten die hierbei präsentiert werden, könnten kaum grotesker sein. So wird unter anderem eine düstere 1. Weltkriegsszenerie erschaffen, in dem seelenlose mechanische Preußenzombies gegen eingeschüchterte Alliierte vorrücken, oder es geht gegen finstere Orks, die glatt aus Herr der Ringe stammen könnten. In visuell höchst eindrucksvollen und bis ins kleinste Detail kreativ ausgestatteten Schlachtfeldern, wird so Action in aller Bester Reinform gezeigt. Neben Kamera und Schnitt, die für ein stetiges rasantes Tempo sorgen, stimmt hier auch zu jeder Zeit die Musikuntermalung. So sind die gemixten Versionen von bekannten Stücken wie Sweet Dreams, Where is my Mind oder White Rabbit durchaus gelungen und tragen viel vom Geschehen mit. Die so gezeigte Action-Welt ist zwar wie eine Achterbahnfahrt auf LSD, die aber durch ihre gewaltige Bildsprache durchaus zu gefallen weiß. Wenn es an allen Ecken und Enden kracht, explodiert sowie die Kugeln reihenweise mit krachendem Sound durch die Luft schwirren, kann man gerne über die sonstigen Schwächen etwas hinwegsehen.
Dennoch muss sich Snyder gefallen lassen, dass man seine gepriesene Originalität in Frage stellt. Wer nämlich in Film- wie Spielebereich etwas Erfahrung hat, wird an vielen Stellen altbekanntes wiederentdecken. Zombies sind so schnell mal aus Filmen wie Hellboy oder Dead Snow entnommen, gemischt mit einer Prise Painkiller. Versatzstücke aus Die Herrschaft des Feuers oder Herr der Ringe sind zu finden, Eindrücke aus Final Fantasy sowie viele weitere Elemente, die ein ständiges Déjà-vu verursachen. Dies lässt ein wenig das Gefühl aufkommen, dass man ein lebendig gewordenes Videospiel guckt, was sich aus vielen kleineren Stücken zusammensetzt.
Im Bereich der darstellerischen Leistungen, kann Sucker Punch nur an wenigen Stellen überzeugen. Dadurch, dass alle Figuren weit hinter ihren Möglichkeiten zurückstehen sowie sich die tiefe der Charaktere nicht entfaltet, verpufft auch jegliche Bemühung seitens der Schauspieler ihre Rollen überzeugend darzustellen. Zwar sind die Leistungen annehmbar, doch das gewisse etwas fehlt einfach. So ist beispielsweise die Figur der Schauspieler-Legende Scott Glenn wirklich interessant, wird aber nur im Ansatz erklärt und verkommt so zu einer Randnotiz, die erst zum Ende hin noch einmal trumpfen kann.