-„Wie weit würden Sie gehen, um sich und ihren Lastwagen zu verteidigen?“
-„Das weiß man vorher nicht. Erst, wenn es soweit ist.“
Der Wilde Westen ist historisch gesehen schon lange passé, doch es gibt sie noch, die letzten Cowboys. Ihre Pferde sind aus Stahl, wiegen Tonnen und tragen sie durch die Weiten der endlosen Prärie. Auch von den Bedingungen hat sich gar nicht so viel geändert. Recht und Gesetz existieren auf dem Papier, aber die Mächtigen stehen über allem. Wer sich gegen sie auflehnt, muss seine Angelegenheiten selbst regeln, letztlich mit der Flinte, den Fäusten oder direkt mit dem eigenen „Gaul“.
In ihrer Anfangszeit im Big Business erzählen Regisseur Jonathan Kaplan („Fatale Begierde“) und sein Co-Autor Ken Friedman („Johnny Handsome – Der schöne Johnny“) die klassische Geschichte vom tugendhaften, hartarbeitenden American-Guy (Jan-Michael Vincent, „Airwolf“), der seinen Traum leben will, mit ehrlicher Arbeit sich und seiner Frau (leicht hemdsärmlich und selbst in anderen Umständen gerne ein Bier griffbereit: Kay Lenz, „House – Das Horrorhaus“) ein bescheidenes Mittelschichtleben ermöglichen möchte und dabei mit dem korrupten, kriminellen System kollidiert, dem er sich nicht unterordnen will. Ursprünglich schwebte Friedman tatsächlich ein waschechter Western vor, bis er mit einigen Truckern ins Gespräch kam und aus ihren Erzählungen wie seinem kreativen Input diese Geschichte formte. Das merkt man „Straße der Gewalt“ ganz schnell und jederzeit an. Ersetzt man die LKWs durch Pferde oder Kutschen und verlagert das Ganze gut 100 Jahre zurück, könnte man genau so auch bringen. Angesiedelt in der Jetztzeit schwingt zusätzlich eine leichte Sozial- und Kapitalismuskritik an seinem Heimatland mit, in der sich selbstständige Arbeiter oft im Würgegriff von Krediten, mangelhafter staatlicher Absicherung und der Abhängigkeit von den oberen Zehntausend befinden, die ihren Wohlstand nicht selten auf dem Rücken der kleinen Fische aufgebaut haben. Das dient hier sicherlich als Grundlage, Motivgeber und Sympathieverteiler, obwohl das der Film nicht zwingend nötig hätte, die Rollen sind eh glasklar verteilt und die Geschichte an sich keinesfalls neu. Auf den ersten Blick mag man wohl einen schnellproduzierten B-Movie-Reißer für den holen Zahn erwarten, ganz so einfach und ohne größere Ambitionen verkauft sich „Straße der Gewalt“ dann doch nicht.
Mühelos könnte man hieraus den „Road House“ der Trucker-Filme machen, einen dezenten Hang zur Übertreibung und exploitativen Unsinn kann man „Straße der Gewalt“ unmöglich absprechen. Alles jedoch noch im Rahmen, Kaplan & Friedman ist es eindeutig nicht daran gelegen, einfach furiosen Stumpfsinn abzufeuern, womit der Film bestimmt auch prächtig funktioniert hätte. Dafür ist er doch zu ernst gemeint und auf eine echte Dramaturgie konzentriert, die natürlich ab und zu an die Tür von handfestem Krawall klopft. An diesen Stellen wird gleichzeitig ersichtlich, dass aus Kaplan mal ein gestandener Regisseur werden sollte, denn einige Actionszenen sind für das Produktionsvolumen verdammt gut geworden. Wenn sich der anfängliche Strahlemann Hummer verzweifelt Arbeit mit der Pumpgun verschafft und in der anschließenden Verfolgungsjagd mit dieser auf das Dach seines „Blue Mule“ schwingt oder direkt mit dem in das „Glashaus“ der Unterdrücker donnert, ist das von sehr gehobener B-Movie-Qualität, alle Achtung. Dass Jan-Michael Vincent leider kein besonders guter Darsteller ist und selbst hier an seine Grenzen stößt, lässt sich kaum schönreden. Dafür sind einige charismatische Bösewichte mit am Start, von Slim Pikens („Getaway“) über L.Q. Jones („Casino“) bis hin zu Don Porter („Billy McKay – Der Kandidat“), alle übrigens mit reichlich (klassischer) Westernerfahrung im Gepäck. „Straße der Gewalt“ hätte problemlos noch ruppiger oder im Gegenzug inhaltlich ausgefeilter ausfallen können, keine Frage, aber das, was mit geringer, praktischer Erfahrung und bescheidenen Möglichkeiten schlussendlich ins Leben gerufen wurde, ist grundsätzlich gar nicht verkehrt und insgesamt recht sympathisch.