Ohne die folgende Aussage überprüft zu haben, kann man sich doch relativ sicher sein, dass dieser australische Beitrag zum Fantasy Filmfest mit Stars wie Nicole Kidman ("Eyes Wide Shut"), Joseph Fiennes und Hugo Weaving ("Matrix") und einem Budget von 10 Millionen Dollar wohl als der teuerste und prestigeträchtigste zu bezeichnen ist. Hinter der Kamera, auf dem Regiestuhl hat jedoch nicht ebenfalls ein Mensch mit bekanntem Namen Platz genommen, sondern Kim Farrant, die mit „Strangerland“ ihr Langfilm-Debüt abgibt. Welche Namen sie dafür gewinnen konnte, ist natürlich beachtlich (vielleicht hatte Kidman auch einfach mal wieder Lust, ihren australischen Akzent nicht verstecken zu müssen). Dass Geld aber keine Tore schießt, das wird hier mit dem Fortschreiten der Laufzeit immer schmerzlicher bewusst.
Was Geld dennoch durchaus kann, ist sich auf das Aussehen des Films niederschlagen. Und die Optik des Filmes darf man durchaus loben. Regisseurin Farrant und ihr director of photographyP.J. Dillon finden immer wieder Bilder, die von der glutheißen Sonne Australiens zu flimmern scheinen. Die Hitze ist quasi sichtbar, die Farben und Kontraste in ihrer Art richtig schön anzusehen. Da vergisst man beinahe schon, dass die Einstellungen repetitiv genutzt werden und eigentlich auch nicht wirklich etwas zum Fortgang der Geschichte beitragen. Diese handelt von der Familie Parker, die gezwungenermaßen umgezogen sind und sich in der neuen Kleinstadt nun einleben wollen. Und auch wenn das Wetter bombastisch ist und die Kinder sich gerne draußen rumtreiben; etwas liegt unausgesprochen in der Luft und der Haussegen hängt schon seit Längerem schief.
Farrant zeigt hier eine Familie auf, der weder in dem neuen Ort (der Vater Matthews (Fiennes, "American Horror Story") will sich möglichst bedeckt halten) noch in ihrer eigenen Haut wohl ist. Als dann die beiden Kinder spurlos in der Nacht verschwinden und nicht wieder auftauchen, bricht Panik in der Familie aus. Vorwürfe und Misstrauen machen sich in der Familie und Bevölkerung breit. Und während sich die familiäre Vergangenheit, die unter Verschluss gehalten werden sollte, vor ihnen ausbreitet und die Augenbrauen des Polizisten alle drei Sekunden in die Höhe schnellen sieht man das Bild einer Familie, die gar nicht mehr weiß, was das Wort eigentlich aussagt. Diese gefährliche Gruppendynamik entsteht, wird bedingt und gefördert von der Kleinstadt selbst, in der die Familie nun wohnt. Farrant zeigt sie von oben, in einem Tal. Wie ein Raubtier auf der Lauer.
In Momenten wie diesen beweist Farrant, dass sie durchaus weiß, wie sie den Film aufzuziehen hat. Die ersten dreißig Minuten versprechen einen interessanten, weil mysteriösen Krimi mit reizvollen, weil zerfressenden Figuren. Diese Versprechen vermag der Film aber nicht zu halten, wenn aus dem Krimi ein Charakterdrama wird, dessen Inhalt den Zuschauer eben so oft die Augenbrauen hochziehen lässt, wie der Polizist Rae (Weaving) es in seinen Befragungen tut. Nach einer gefühlten halben Stunde nämlich verliert die Regisseurin jegliches Gespür für ihre Geschichte. Es ist beinahe, als hätte jemand anderes das Ruder übernommen. Es geht nicht darum, die Kinder zu finden, sondern bloß noch um die egozentrischen Eltern, die auf eine Art und Weise auf den Druck und Verlust reagieren, die man eigentlich in einem Film von dem Kaliber so nicht erwarten müssen will.
Während der Vater anfängt, über mehrere Tage hinweg kurzschlussartig Leute zu verprügeln, fängt die Mutter an, über mehrere Tage hinweg eben so kurzschlussartig Leute flachzulegen. Und daran ändert sich auch bis zum Ende nichts. Das ist genau so dumm und erbärmlich, wie es klingt. Die Handlung nimmt eine absurde Situation nach der nächsten mit, bis es eigentlich zeitweise gar bescheuert und geschmacklos wird und das Gesamtwerk irgendwie der Lächerlichkeit preisgibt. Derartige Baukasten-Reaktionen erwartet man vielleicht in einem Film, der sich primär um ein anderes Thema kümmert, aber nicht in einem Charakterdrama, das sich nur auf eben diese Reaktionen schert. Ungenügend ist da schon gar kein Ausdruck mehr. Ab dem Verschwinden der Kinder, dreht sich der Film komplett im Kreis, tritt auf der Stelle und schafft es weder, Interesse noch Spannung zu generieren.