Wann entscheiden wir eigentlich, dass ein Schauspieler oder eine Schauspielerin „in Würde gealtert“ ist? Diese Phrase, die oberflächlich schmeichelhaft klingt, verdeckt doch lediglich die Tatsache, dass auch Schauspieler dem natürlichen Alterungsprozess unterworfen sind – genauso wie wir alle. Während Schauspielerinnen häufig unter dem unerbittlichen Blick der Öffentlichkeit stehen, der auf vermeintliche Schönheitsoperationen fixiert ist, scheint Russell Crowe dem Drang zur ewigen Jugend widerstanden zu haben.
Der Oscar-Preisträger, einst für sein aufbrausendes Temperament bekannt, hat sich zu einem Schauspieler entwickelt, der mit bemerkenswerter Gelassenheit agiert. Es scheint, als habe Crowe das Bedürfnis verloren, sich über Prestige zu definieren. In Filmen wie Unhinged - Ausser Kontrolle oder The Pope's Exorcist tritt er zwar als Star auf, doch ohne den erzwungenen Anspruch, etwas beweisen zu müssen. Was einige als Karriere-Rückschritt interpretieren könnten, erscheint vielmehr als bewusste Entscheidung. Crowe scheint sich von der Last des Ruhms befreit zu haben und wendet sich Rollen zu, die mehr von Spielfreude als von dem Glanz und Glamour Hollywoods geprägt sind.
In Sleeping Dogs – Manche Lügen sterben nie, dem Regiedebüt eines der Drehbuchautoren des enttäuschenden Assassin's Creed-Films, verkörpert Crowe eine Rolle, die weder besonders fordernd noch originell ist, ihm aber dennoch eine Bühne bietet, die zu ihm passt. Paramounts Entscheidung, dem Film eine Kinoauswertung zu gönnen, dürfte bei Crowe-Fans auf positive Resonanz stoßen, da der Titel andernfalls wohl direkt im Streaming verschwunden wäre. Wer den Film nur wegen Crowe schaut, könnte am Ende zufriedener sein als jene, die einen packenden Thriller erwarten.
Die Geschichte von Roy Freeman, einem ehemaligen Mordermittler, der an Alzheimer erkrankt ist und durch eine experimentelle Operation versucht, seinen geistigen Verfall aufzuhalten, erweist sich als eintöniges und uninspiriertes Konstrukt. Als Kriminalgeschichte, die sich um einen ermordeten Professor und einen möglicherweise unschuldigen Todeskandidaten dreht, bietet „Sleeping Dogs“ kaum mehr als das Minimum. Crowes Präsenz ist das einzige Positive, das hervorzuheben ist, doch insgesamt bleibt der Film eine enttäuschende Erfahrung.
Regisseur Adam Cooper mag sich an Genregrößen wie Memento oder Shutter Island orientiert haben, doch er scheitert daran, die fesselnde Intensität von Christopher Nolans Meisterwerk oder die emotionale Tiefe und psychologische Komplexität von Martin Scorseses Film zu erreichen. Sleeping Dogs ist banal, plump und einfallslos – nicht nur in der Geschichte, sondern auch in der Inszenierung und schauspielerischen Darstellung. Abseits von Crowe wirken die übrigen Schauspieler – allen voran Karen Gillan – überzogen und künstlich, als versuche Cooper, eine ähnlich düstere Atmosphäre wie in Shutter Island zu kreieren. Doch dieser Versuch misslingt auf ganzer Linie.
Sleeping Dogs bleibt in seiner Beschränktheit gefangen und entwickelt weder seine Figuren noch die Geschichte auf lohnende Weise. Das Ergebnis ist ein uninteressantes Durcheinander, das sich mühsam entwirrt und in vorhersehbaren Wendungen verliert. Die Spannung zündet nicht, und die Story bleibt schal. Der Film wirkt träge und erschöpft, ähnlich wie Crowes Figur, jedoch ohne dessen Präsenz. Sleeping Dogs hätte weit besser in den Katalog eines Video-on-Demand-Anbieters gepasst als auf die große Leinwand. Doch selbst im Stream würde die Verfilmung von E.O. Chirovicis Roman Haus der Spiegel eine blasse und unbedeutende Angelegenheit bleiben. Russell Crowe wird hoffentlich weiter in Würde altern. Sleeping Dogs hingegen ist schon längst tot.