Irgendetwas stimmt hier von Anfang an nicht, irgendetwas möchte hier partout nicht passen. Entschieden unnatürliche Kamerabewegungen umgreifen Hauptakteur Baker Dill (Matthew McConaughey, Beach Bum) immer wieder, ein schmächtiger Anzugträger (Jeremy Strong, Zero Dark Thirty) jagt Baker hinterher, um ihn ständig um wenige Sekunden zu verpassen und dann von Zeitverschiebungen zu faseln, während er lautstark seine Brillengläser putzt. Ohnehin wirkt das sonnendurchflutete Setting der fiktiven Plymouth Island fast schon surreal, der Welt entrückt, fernab von jedem Sinn für die Wirklichkeit. Im Laufe der Handlung wird man irgendwann in Kenntnis davon gesetzt, dass diese Irritationen und Fragwürdigkeiten wenig überraschend zum grundlegenden Konzept von Im Netz der Versuchung gehören, verweist nahezu jede einzelne Minute der knapp zweistündigen Laufzeit doch krampfhaft darauf, dass hier rein gar nichts so ist, wie es scheint.
Steven Knight (No Turning Back), der als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent in Personalunion auftritt, möchte hier den ganz großen Wurf landen, indem er den Zuschauer so brachial hinter das Licht führt, dass es sogar Twist-Guru M. Night Shyamalan (Glass) ganz mulmig zumute wird. Dass das nicht funktioniert, liegt nicht daran, dass der Film forciert darauf ausgerichtet ist, extreme Richtungs- und Themenänderungen zu vollziehen, sondern daran, dass Steven Knight offenkundig nicht wusste, was er hier eigentlich wem erzählen möchte. Erst einmal dauert es eine ganze halbe Stunde, bis Im Netz der Versuchung einen Eindruck von erzählerischer Dringlichkeit erwecken kann, wenn Baker von seiner Ex-Frau Karen (Anne Hathaway, Colossal) mit der Bitte aufgesucht wird, ihren neuen Mann, den gewalttätigen Hyper-Macho Frank (Jason Clarke, Friedhof der Kuscheltiere) umzubringen.
Bis dahin sieht man einem ständig besoffenen und verschwitzten Matthew McConaughey dabei zu, wie er Rum säuft, seine Affäre Constance (Diane Lane, Untreu) befriedigt, Köder einkauft und seiner manischen Besessenheit nachgeht, ein Biest von Thunfisch aus dem türkisfarbenen Wasser der karibischen Paradies-Kulisse zu ziehen. Mit dem Auftritt von Karen und Frank spitzt sich die Situation dann zusehends zu, Im Netz der Versuchung möchte sich als düsterer Thriller begreifen; als geheimnisumwittertes Mystery-Kino – und natürlich als schwerwiegendes, bedeutungsschwangeres Charakter-Drama über kaputte Menschen, die nach und nach von ihrer Vergangenheit heimgesucht werden und der Wahrheit über ihre Existenz ins Auge blicken müssen. Der Film wirkt dabei aber permanent wie die beschränkte Edeltrash-Version obligatorischer Neo-Noir-Vehikel, denen er auf einer Meta-Ebene begegnen möchte, ohne sich für diese übergeordnete Ebene zu interessieren.
Wenn Im Netz der Versuchung etwas ist, dann hirnrissig, konfus und lächerlich. Steven Knight erhebt den alles umgreifenden Nonsense, der hier aus jeder Szene, jedem Wort, jeder Geste quillt, nicht zum schöpferischen Prinzip seiner Vision, um einen selbstreflektorischen Kommentar auf das Noir-Genre und sein inhärentes Regelwerk zu formulieren. Stattdessen sind die Charaktere dümmliche Karikaturen, die hier weitestgehend ziellos durch ein bemüht-doppelbödiges Szenario stolpern, dem Knight aus keinem Blickwinkel die nötigen Narrativ-Ambitionen entgegengebracht hat, um die Motive um häusliche Gewalt, Verlustängste und Erlösung adäquat zu grundieren. Dafür suhlt sich der Film in pathetischer Ernsthaftigkeit, in überdramatisierter Theatralik, fehgeleiteten Philsophie-Diskursen und in einem unfassbar sexistischen Frauenbild. Alles oder nichts scheint die Devise von Knight gewesen zu sein. Das Ergebnis ist auf jeden Fall ein sonderbarer Rohrkrepierer, seine unfreiwillige Komik aber kann man ihm nicht immer absprechen.