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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Sergeant Johnson ermittelt im Fall einer Serie von Sexualverbrechen an Kindern. Beim Verhör eines Verdächtigen eskaliert die Lage dramatisch…

Kritik

Mit einem beinah verzerrt wirkenden Opener in Slowmotion beginnt Meisterregisseur Sidney Lumet (Hundstage) seine Adaption des fünf Jahre zuvor uraufgeführten Bühnenstücks This Story of Yours und erweitert damit sofort dessen narratives Konzept. Der ursprüngliche Dreiakter verändert unter seiner Ägide nicht nur auf damals noch gewagt Weise seine Struktur, er wird noch mehr zum verwinkelten Drahtseilakt aus düsterer Kriminalgeschichte und kontroversem Psychodrama, bei dem nur wenige Antworten klar ausformuliert werden. Und diese dann alles andere als beruhigend.

Neben der hohen Qualität seiner Werke zieht sich fast unbemerkt eine interessante Konstante durch das Schaffen von Sidney Lumet: Wann immer er einen Film in England produzieren ließ, war der Stoff wohl zu heiß für die USA – und das Resultat in der Regel umso spannender. Bereits 1965 entstand Ein Haufen toller Hunde (dort wie hier in der Hauptrolle: Sean Connery, Die Brücke von Arnheim) schon primär in UK, da die USA zum damaligen Zeitpunkt noch darum bemüht waren, dem Volk den Vietnam-Konflikt zu verkaufen. Ein äußerst kritisches Militär-Drama war da weniger von Interesse. 1977 verlagerte der inzwischen schon hochdekorierte LumetEquus – Blinde Pferde wohl nicht nur wegen seiner literarischen Herkunft auch von der Produktion nach Europa, da er nie und nimmer mit diesem sexuell aufgeladenen wie psychologisch kontroversen Inhalt in Hollywood auch nur einen Stich gesehen hätte. Am Ende standen viele gemischte Kritiken, aber auch drei Oscar-Nominierungen. Und auch Sein Leben in meiner Gewalt ist so ein Film, bei dem selbst in den liberalen 70ern kaum ein US-Studio sofort mit dem Finger geschnipst hätte. Somit ideal für jemanden wie Sidney Lumet und seine „kreativen“ Vertriebswege. Bis heute wird der Film sehr ambivalent aufgenommen, was ihn in seinem angepeilten Vorhaben jedoch mehr bestätigt als relativiert.

Sergeant Johnson (Sean Connery) jagt den Vergewaltiger von inzwischen vier Schuldmädchen und stößt dabei auf einen Gegner, dem er nicht gewachsen ist. Clever erzählt und atmosphärisch intensiv zerbröselt Sidney Lumet eine post-traumatische Charakterstudie und das (von ihm) erprobte Kammerspiel zu einer experimentellen, hochexplosiven Mischung, die bewusst sehr oft provoziert und Interpretationsspielraum an alle Ecken und Ende lässt. Ein bedeutender Baustein ist die wohl überlegte Wechselwirkung von Täter- und Opferrollen, bei der mit Perspektiven, (vermeidlichen) Fakten und oftmals rein spekulativen Erkenntnissen hantiert wird. Die gestörte, sehr subjektive Wahrnehmung der Beteiligten vernebelt auch die Sicht des Zuschauers, dem keine andere Wahl bleibt als sich einfach fallen zu lassen in eine Albtraum, der am Ende viel Erschreckendes wie Erhellendes in dem ganzen Nebel zu Tage fördert. Einen Kreislauf aus Erniedrigung, Verschwiegenheit, unterdrückter Triebhaftigkeit, Selbstkasteiung und vor allem mangelhafter Kommunikation, der in einer gigantischen Welle über dem Kopf des Publikums zusammenbricht. Von Sidney Lumet nicht nur bedrohlich wie treffend „glanzlos“ inszeniert, sondern speziell von Sean Connery beeindruckend verkörpert. Oftmals wirkte er doch wie eine stetig charismatische Version seiner selbst mit anderem Namen, hier taucht er komplett ab in einen düsteren Abgrund. Mit Sicherheit die beste Leistung seiner gesamten Karriere.

Fazit

Eine abgründige Achterbahnfahrt mit teils heftigen Loops, wagemutig vorgetragen und famos gespielt. Bewusst relativ streitbar – oder besser gesagt „diskussionsanregend“ – hinterlassen. Ein weiterer Belege für die sagenhafte Qualität eines Sidney Lumet, der sich nie auf dem bequemen Kopfkissen namens Hollywood-Ruhm ausruhte, sondern lieber nach wirklich interessanten Inhalten suchte.

Kritik: Jacko Kunze

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