-„Ich kann ihm in sein Gesicht sehen, in seine Augen und versuche so herauszufinden, ob er in der Lage ist, einem Menschen das Leben zu nehmen.“
-„Und?“
-„Ich bin mir einfach noch nicht sicher. Deswegen koche ich heute für ihn.“
Klingt logisch. Na dann: guten Appetit.
Nachdem Uwe Boll (Darfur – Der vergessene Krieg) in der deutschen Heimat mit seinen Erstlingswerken wie German Fried Movie oder Das erste Semester kaum bis gar keine Beachtung erhielt, wagte er Anfang des neuen Jahrtausends den Sprung über den großen Teich. In Kanada fand er eine neue Heimat und Sanctimony sollte 2001 sein erster, englischsprachiger Spielfilm als Regisseur & Drehbuchautor in Personalunion werden. Knapp 3 Millionen (US-)Dollar standen ihm zur Verfügung, nicht gerade eine stattliche Summe. Trotzdem gönnte er sich für die Cast einige prominente Namen, denn Boll war damals wohl schon klar, dass er ohne eine gewisse Promi-Zugkraft seinen Film wohl kaum an den Mann bringen könnte (womit er vermutlich absolut recht hatte). Und es gab auch mal eine Zeit, als man mit Casper Van Dien (Starship Troopers), Michael Paré (Bad Moon) und Eric Roberts (Express in die Hölle) den ein oder anderen Zuschauer hinter dem Ofen hervorlocken konnte. Das war 2001 nur noch sehr bedingt der Fall, aber für ein kleinbudgetiertes Auslandsdebüt eines unbekannten und bis dato eher erfolglosen deutschen Selfmade-Regisseur ist das gar nicht mal schlecht (außerdem zu sehen: One-Hit Wonder Catherine Oxenberg, Der Biss der Schlangenfrau).
Damit hätte man aber auch schon alles abgehandelt, was sich an Sanctimony (theoretisch) als interessant bezeichnen ließe. Nach einem schäbigen Vorspann zu deplatzierten Kirmes-Techno-Beats folgt eine lumpige Kamerafahrt durch die nächtlichen Straßen einer Stadt (soll wohl Seattle sein), endend bei zwei von Pfeilen durchbohrten Leichen. Dies sind die jüngsten Opfer eines Serienkillers, über dessen Identität die Ermittler Jim Reinart (Michael Paré) und Dorothy Smith (Jennifer Rubin, Nightmare 3 – Freddy lebt!) auch nach einem Dutzend Opfer noch im Dunkeln tappen. Keine zehn Minuten sind vergangen und schon wird überdeutlich, was hier alles nicht funktioniert. Die Präsentation ist selbst unter den begrenzten Mittel fürchterlich. Alles sieht billig und zusammengewürfelt aus, als maximal zweckdienlich einzustufen. Allein das „Büro“ von Antagonist Gerrick (Casper Van Dien), einem Wall-Street-Broker und Psychopathen. Das ist nicht etwa wie bei Gordon Gekko aus Wall Street, sondern nur ein stockfinsterer Raum, in dessen Mitte ein Schreibtisch mit einem Bildschirm steht. Das sieht nicht nach Geld und Erfolg aus, sondern wie bei Roger Corman in den 50ern, und der konnte das wenigstens noch ganz charmant verkaufen.
Aber auch alles andere krebst auf unterstem Niveau herum. Der Plot erscheint wie eine willkürliche Mischung aus American Psycho, 8MM und Sieben auf Wish bestellt, nur in totsterbenslangweilig. Unglaublich, wie random hier Szenen aneinandergereiht wirken, mit einem narrativen und inszenatorischen Flow hat das rein gar nichts zu tun. Selbst bei nur 84 Minuten Laufzeit entstehen absurde Längen, da Szenen unnötig gestreckt werden (allein diese Sequenz in einem sehr merkwürdigen Underground-Club dauert gefühlt ewig, ohne dass etwas Sinnvolles dabei rumkommt) und es an jedweder Dynamik gnadenlos mangelt. Dazu sind die Nebendarsteller*innen zum Teil katastrophal schlecht. Über Kleinstdarsteller*innen kann man gegebenenfalls noch schmunzelnd hinwegsehen, ist halt kein großes Kino, aber was Jennifer Rubin hier abzieht, ist schon jenseits von Gut und Böse. Dafür muss man wenigstens Michael Paré und Eric Roberts zugutehalten, sich hier glanzlos, aber nicht peinlich aus der Affäre zu ziehen. Die machen nicht mehr als nötig (und das ist in dem Fall sehr, sehr wenig), aber für so was kann man schon fast dankbar sein.
Beinah schon ein Plus ist die lächerliche Performance von Casper Von Dien, der seine limitierten Mittel gnadenlos offenlegt. Das hat schon fast wieder was, aber das bestätigt nur, an was für kümmerlichen Klumpatsch sich hier hochgezogen werden muss. Seine bemühte, unfreiwillige „Glanzleistung“ generiert diesem beinah unschaubaren Schrott einen leichten Trash-Faktor, den es an vielen Stellen bitter benötigt hätte. Und wer hätte es gedacht: bereits Sanctimony mündet schlussendlich in einem waschechten Amoklauf. Damit dürfte Uwe Boll eventuell einen Rekord bezüglich dieser Thematik innehaben. Schon leicht bedenklich in dieser immer wieder aufpoppenden Häufigkeit…