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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Die 17-jährige Charlie ist von Selbstzweifel erfüllt, fühlt sich desillusioniert und einsam. Als die wunderschöne und selbstbewusste Sarah in die Gegend zieht, freunden die beiden Mädchen sich an und werden unzertrennlich. Charlie fühlt sich endlich lebendig und unbesiegbar. Doch als Sarah sich nach neuen Freunden umschaut, nimmt ihre Beziehung eine unheilvolle Wendung.

Kritik

Charlie ist ein junges Mädchen, das man beiläufig wohl als Mauerblümchen bezeichnen würde. In ihrer Schulklasse sitzt sie unauffällig an ihrem Platz, Anschluss hat sie nur zu wenigen und auch sonst hält sie sich eher zurück. Wie sollen die anderen auch verstehen, was in ihr vorgeht, wenn die nach außen hin nur das schüchterne Mädchen sehen, das eben irgendwie zu existieren scheint, aber keiner großen Aufmerksamkeit bedarf. Dabei ist bereits das frühmorgendliche Aufstehen oftmals eine Tortur für Charlie, wenn sich ihre Eltern mal wieder lautstark streiten, ihr keine Beachtung schenken und ebenfalls nicht verstehen, wie sie mit der immer stärker isolierten Tochter umgehen sollen, wenn sie nicht einmal die eigene Beziehung in den Griff kriegen. 

Als eines Tages Sarah als neue Mitschülerin in die Klasse von Charlie kommt, entwickelt sich zwischen den beiden schnell eine Freundschaft. Sarah ist charakterlich das genaue Gegenstück zu Charlie, extrovertiert, aufreizend angezogen sowie geschminkt und nie um einen frechen Spruch verlegen. Mélanie Laurent ("Enemy"), die den meisten eher als Schauspielerin aus Filmen wie Quentin Tarantinos ("Pulp Fiction") "Inglourious Basterds" bekannt sein wird, hat nach einigen selbst inszenierten Dokumentationen und ihrem Langfilmdebüt "Les Adoptés" für diesen Film ebenfalls wieder auf dem Regiestuhl Platz genommen. Und hat mit "Respire" ein fantastisches Gänsehaut-Drama geschaffen, das einem emotionalen Feuerwerk gleicht. Auf unglaublich sensible und einfühlsame Weise erzählt die Regisseurin die Geschichte einer Teenagerin, deren Inneres außer Kontrolle gerät und die nicht versteht, wie sie ihr Leben geregelt bekommen soll. 

Die neu geknüpfte Freundschaft zu Sarah führt Charlie zunächst in einen wahren Taumel der Glücksgefühle, was Laurent mit einer Inszenierung verdeutlicht, welche die neu gefundene Euphorie der Hauptfigur durch wundervolle Bildkompositionen und ein perfekt abgestimmtes Sound-Design zum Ausdruck bringt. Schon lange durfte man keinen Film mehr sehen, der die unsichtbare Gefühlswelt seiner Protagonistin so gekonnt an die audiovisuelle Ebene koppelt wie dieser. "Respire" handelt aber nicht nur von den Sonnenseiten des Lebens, die mit sonnendurchfluteten Einstellungen und ausgelassenen tracking shots versinnbildlicht werden, sondern von der zärtlichen Verblendung, die schließlich in einen unfassbar tiefen Abgrund führt. 

Charlie begeht den Fehler, Sarah zu einer Art Ikone zu stilisieren, die für sie makellos und schlichtweg perfekt ist. Es stellt sich allerdings heraus, dass auch Sarah eben nur ein Mensch ist, mit Fehlern, Makeln und Geheimnissen behaftet. Die schmerzhafte Erkenntnis, dass man das eigene Glück nicht einfach in die Hände eines Anderen legen kann, führt zu einem harten Bruch, bei dem sich "Respire" mehr und mehr zu einem erbarmungslosen Drama wandelt. Laurent ergründet auf eindringliche Weise den Druck, der auf einer zerbrechlichen, durch verschiedene Einflüsse belasteten Jugendlichen liegt, führt den absurden Zwang der nach Geltungsdrang lechzenden Gesellschaft vor, immer irgendwo dazugehören zu müssen und führt ihren Film zu einem sprachlos machenden Schlussakt, der einen durchschüttelt, zu Tränen rührt und zutiefst schockiert. Der Titel des Films, der einerseits für die Asthma-Erkrankung der Hauptfigur steht, die sich durch ein Spray immer wieder neuen Atem verschaffen muss, ist letztendlich auch ein Appell an den Zuschauer, der sich nach diesem gewaltigen, emotionalen und am Ende niederschmetternden Drama regelrecht zwingen muss, weiterzuatmen.

Fazit

Mit "Respire" hat sich Mélanie Laurent endgültig als riesiges Regie-Talent behauptet und ein kraftvolles, unglaublich berührendes und in letzter Konsequenz zutiefst aufwühlendes Coming-of-Age-Drama geschaffen, das auf ebenso sensible wie eindringliche Weise das geschädigte Wesen einer jungen Frau ergründet, die langsam aber sicher vollständig zerbricht.

Kritik: Patrick Reinbott

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