Inhalt
Eigentlich wollte Michael seiner Freundin heute einen Heiratsantrag machen. Doch seine drei besten Kumpel plädieren lautstark für eine Herrenpartie. Dumm nur, dass bereits der Auftakt des Abends mit einem Überfall auf ein illegales Casino und einem hektischen Anschlussflug nach Malaysia beginnt – als Michael schließlich in einem Hotelbett erwacht, findet er sich allerdings im tiefsten Litauen wieder. Von seinen Freunden vorerst keine Spur, dafür jede Menge Geldscheine und ein paar angepisste Gangster aus der Heimat. Die wollen ihre Kohle zurück, gehen dafür skrupellos über Leichen, haben ihre Rechnung aber leider ohne die berüchtigte litauische Unterwelt gemacht. Es entbrennt eine wilde Hatz durch verfallene Stadtviertel, osteuropäische Wälder und rustikale Bauerndörfer, in deren Verlauf Gangster, Polizisten, Hinterwäldler und die vier glücklosen Freunde von einem saublutigen Dilemma ins nächste stolpern.
Kritik
Man kann über Guy Ritchie ja sagen was man will, aber mit seinen Frühwerken „Bube, Dame, König, GrAs“, sowie „Snatch“ sind ihm zurecht Werke der Marke „Kult“ gelungen. Dies liegt vor allem an der Vereinigung von verrückten, aber interessanten und äußerst coole Charakteren, deren Verhalten zwar immer total übertrieben ist, die aufgrund der tollen Dialoge und der extrem coolen Atmosphäre aber nie lächerlich wirken. Dies ist letztlich ein sehr schwieriges Unterfangen: Fluchende, supercoole Gangster mit absurden Eigenheiten so herüberzubringen, dass das ganze nicht geforct oder gar lächerlich möchtegern cool wirkt. Mit „Redirected“ ließ sich Regisseur Emilis Velyvis ("Shoot 'Em Down") ohne Zweifel stark von eben dieser Guy Ritchie-Atmosphäre und den Guy Ritchie-Charakteren inspirieren. Das Problem: „Redirected“ hat weder besonders gute Dialoge, noch interessante Charaktere, wodurch die höchstgradig absurde Story nur in Einzelszenen funktioniert und als Ganzes viel zu oft nur anstrengend und zusammengewürfelt wirkt.
In „Redirected“ wird geflucht. Und wie! Fast jedes dritte Wort ist ein böses Wort, ob nun auf Englisch, Litauisch, Russisch oder Polnisch. Es wird relativ schnell deutlich, dass die drei Drehbuchautoren auf diese Weise coole und verrückte Charaktere etablieren wollen, obwohl ihnen die Hauptzutat dazu absolut abhanden kommt. Ein fluchender Gangster ist nicht automatisch ein cooler Gangster, da ihm der Wortwitz, sowie die tollen Monologe fehlen. An sich hat eigentlich keine Figur in „Redirected“ einen wirklichen Charakter. Sie alle haben zwar ein, zwei Eigenheiten, sowie ihr unterschiedliches Aussehen, verschwimmen im Laufe der Zeit aber immer mehr zu einem Sammelsurium an Gebrüll und Flüchen. Und wenn in einem von Guy Ritchie inspirierten Film die Charaktere eben langweilig sind, dann hat dieser Film ein Problem. Die vier Hauptdarsteller spielen dabei zwar nicht mal schlecht, werden aber dennoch im Laufe der Zeit einfach nervig.
So wie der gesamte Film: "Redirected" erzählt im Laufe seiner knapp 2 Stunden zich verschiedene Geschichten und verfolgt zugleich mehrere Storyverläufe, die in ihrem Ton aber alle gleich sind: Die Charaktere fangen zusammen an, alles geht schief, sie trennen sich, alles geht schief, sie kommen wieder zusammen und alles geht schief. Und dann wird gebrüllt und geflucht. Emilis Velyvis bekommt in diesen Situationen, in die die Charaktere hineinstoplern und die im Laufe der Zeit wirklich immer absurder werden, zwar ein paar Mal gelungene Situationskomik zustande, bewegt den Zuschauer aber nie aufgrund der Dialoge zum Lachen. Man kann „Redirected“ keinerlei inszenatorischen Vorwurf machen: Der Film sieht gut aus, ist gut gefilmt und wird teils sogar durch Kapiteleinteilungen kreativ. Aber auf inhaltlicher Ebene verschenkt „Redirected“ beinahe schon unverschämt viel Potenzial und reduziert seine Figuren zu Fluch- und Schreiautomaten, ohne jeden emotionalen Bezug. Nur Vinnie Jones ("Bube, Dame, König, GrAs") baut um sich eine gelungene Art bedrohlicher und cooler Präsenz auf, was aber auch daran liegen mag, dass man ihn aus den frühen Guy Ritchie-Filmen kennt.
Es ist dabei cooles Detail, dass in „Redirected“ alle Figuren ihre eigene Sprache sprechen, sodass dieser Aspekt der Dialoge immerhin sehr natürlich wirkt. Außerdem führen manche Verständnisprobleme beim gegenseitigen Verstehen zu Missverständnissen, die aufgrunddessen auch total nachvollziehbar sind. Es gibt kaum etwas schlimmeres, wenn ein Charakter in einem Film, egal ob er im kleinsten Kaff in Litauen lebt, perfektes Englisch sprechen kann. „Redirected“ macht in dieser Hinsicht also alles richtig. Und dennoch: Der Film macht im Großen und Ganzen einfach keinen Spaß, die Dialoge sind schwach und werden, wie die Figuren, auf Flüche reduziert. Letztlich wirkt das am Ende alles nur noch anstrengend.
Fazit
„Redirected“ will ganz im Zeichen Guy Ritchies erster Filme stehen, versagt dabei aber zum Großteil: zu flach und unínspiriert sind die Figuren und Diaolge, zu anstrengend und absurd die Geschichte und zu lang der Film. „Redirected“ hat nette Situationskomik zu bieten und wirkt auch inszenatorisch überzeugend, vergisst aber genau das, was Guy Ritchis erste Filme so toll gemacht hat: Die coolen Figuren, die interessante Story und letztlich den Spaß.
Autor: Thomas Söcker