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Inhalt

Bei der Festnahme des gefährlichen Psychopathen und Massenmörders Hannibal "The Cannibal" Lecter entgeht FBI-Agent Will Graham nur knapp dem Tod. Grund genug für ihn, den Dienst zu quittieren. Doch schon nach kurzer Zeit ist das FBI erneut auf seine Hilfe angewiesen. Ein Serienkiller, der in Vollmondnächten schlafende Familien heimsucht, hinterlässt eine grauenhafte Spur des Schreckens. Graham nimmt den Auftrag an und versucht sich in die Psyche des Killers, der nur die Zahnfee genannt wird, hineinzuversetzen. Dabei ist er auf die Hilfe eines ähnlich genialen und gestörten Geistes in Form von Hannibal Lecter angewiesen. Doch dieser verfolgt seine eigenen Pläne...

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Natürlich ist es aus filmischer Sicht unnötig gewesen, Thomas Harris' Roter Drache im Jahre 2002 noch einmal aufzulegen, nachdem Michael Mann (Der letzte Mohikaner) den Roman bereits in meisterhafter Fasson Ende der 1980er Jahre adaptierte. Allerdings macht das Projekt, in diesem Fall inszeniert von Auftragsarbeiter Brett Ratner (Rush Hour), durchaus Sinn, steht doch nicht nur der Name Hannibal Lecter am Box Office unter einem sehr rentablen Stern, auch ging es um die erzählerische Geschlossenheit, die Trilogie mit Anthony Hopkins (Rendezvous mit Joe Black) in der Rolle des ikonischen Serienkillers abzuschließen. So sehr man sich also auch als Verfechter der ersten, ästhetisch hochgradig komplexen Verfilmung wähnt, Brett Ratner hat hier zweifelsohne ein sehr einnehmendes und nicht zuletzt durchaus kassenträchtiges Genre-Werk in Szene gegossen.

Das liegt indes nicht nur daran, dass sich das von Ted Tally verfasste Drehbuch deutlich stärker an der Vorlage orientiert, sondern ebenso an der handwerklichen Geschicklichkeit seitens Brett Ratner, der mit Roter Drache einen schnörkellosen und überraschend geradlinigen Psycho-Thriller vorweist. Der Prolog, wie könnte es auch anders, gehört natürlich dem Star der Reihe; und Anthony Hopkins vermag es immer noch, dem intellektuellen Kannibalen eine unnachahmliche Aura der Bedrohung abzuringen, wenn er in FBI-Agent Will Graham (Edward Norton, American History X) letztlich seinen Meister findet. Danach jedoch verlagert sich der narrative Schwerpunkt, Hannibal selbst spielt die zweite Geige, kommt oftmals wie die in einem Bilderrahmen ausgestellte Zikade zu Anfang des Filmes einem Verweis gleich, einer Reminiszenz, einem Charakter, der allein durch das Wissen des Zuschauers an Dynamik gewinnt.

Roter Drache hingegen geht es um die psychische Labilität des Will Graham, der sich eigentlich von der Ermittlungsarbeit zurückgezogen hat, und seiner Suche nach der sogenannten Zahnfee (Ralph Fiennes, Schindlers Liste), die während der letzten beiden Vollmonde zwei Familien auslöschte. Während Edward Norton den eindringlichen Performances seiner schauspielerischen Glanzleistungen nicht das Wasser reichen kann, sich aber immer noch solide durch das sauber getaktete Spannungsszenario agiert, ist es die Figur der Zahnfee, bürgerlich Francis Dolarhyde, die Roter Drache zu einem besonderen wie memorablen Erlebnis macht. Bei diesem Charakter nämlich beweist Ted Tally, der einst auch für sein Skript zu Das Schweigen der Lämmer mit einem Oscar ausgezeichnet wurde, wie säuberlich er Persönlichkeiten konturieren kann. In einem anderen Film, unter anderen Umständen, wäre Dolarhyde ein mit den Mitteln der Vulgärpsychologie entkleidetes Ungeheuer gewesen.

In Roter Drache, diesem strukturiert und ohne einen einzigen Durchhänger arrangierten Thriller aber ist Dolarhyde nicht als Monster geboren, sondern durch seine Vergangenheit als Missbrauchsopfer zum Monster gemacht worden. Die Hasenscharte, die ihn an seinem Äußeren auszeichnet, verweist indes nicht nur auf seine innere Zerrissenheit, sie hat auch den seelischen Wahnsinn, den diese verkrüppelte, schizophrene Existenz mit sich bringt, an die körperliche Oberfläche getragen. Ralph Fiennes brilliert wieder einmal in der Aufgabe, Leid und Gefahr dieser Figur auf einen Nenner zu bringen und macht die Empathie, für die Will Graham in seiner Arbeit bekannt geworden ist, nachvollziehbar, ist das Leben der Zahnfee doch das eines todtraurigen Einzelgängers, der nur auf seine glorreiche Verwandlung wartet. Auf die Verwandlung zum großen roten Drachen. Nur deshalb tötet er. Nur so kann er sich erlösen.

Das kriminalistische Topoi bedient Brett Ratner mit geradezu schlafwandlerischer Sicherheit, gibt sich sicherlich Konventionen innerhalb der Darstellung der forensischen Handlungsprozesse hin, agiert dabei aber mit einer atmosphärischen Dichte, die Roter Drache niemals in seine altbekannten Einzelteile zerfallen lässt, sondern in Uhrwerk-gleicher Klarheit zum Ziel bringt. Mag Roter Drache auch nicht mehr den verstörenden Faktor mit sich bringen, wie es das Meisterwerk Das Schweigen der Lämmer tat, oder den exzentrischen Stilwillen, wie ihn Ridley Scott in Hannibal entfesselte, Brett Ratner erweist sich hier dennoch als stimmungsvoller, routinierter Geschichtenerzähler, dessen Stärke nicht die psychologische Rundumeinsicht in das namhafte Ensemble sein mag, der sein Publikum aber mühelos dazu animieren kann, am Ball zu bleiben. Hinsehen zu müssen. Wie die Zahnfee, die ihren Opfern Spiegelsplitter in die Augen setzt, um sie lebendig zu erhalten.

Fazit

Sicherlich ist "Roter Drache" nicht auf einem Niveau mit Michael Manns Interpretation oder "Das Schweigen der Lämmer", dem unangefochtenen Meisterwerk der Reihe, anzusiedeln. Brett Ratner allerdings erweist sich als grundsolider Geschichtenerzähler, der diese Prequel-Handlung mit handwerklicher Geschicklichkeit sauber bis zum Ende vorträgt. Ralph Fiennes indes brilliert in einem hochklassigen Cast als Missbrauchsopfer, das durch das Leid der Vergangenheit zum Monster wurde.

Kritik: Pascal Reis

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