Science-Fiction aus Mütterchen Russland stellt ungeachtet jüngerer Filme wie beispielsweise Sputnik, Superdeep oder Blackout als auch älterer Werke wie Stalker, Planet der Stürme oder Solaris nach wie vor eine cineastische Seltenheit dar. Umso erfreulicher ist es da, dass sich Regisseur Serik Beyseu mit seinem Film Project Gemini exakt diesem Genre annimmt und uns in ein futuristisches Setting entführt. Die dystopische Ausgangssituation von Project Gemini ist in einer nicht allzu fernen Zukunft angesiedelt. Ein neuartiges Pflanzenvirus hat die meisten Ökosysteme auf der Welt komplett zerstört. Die Menschheit steht vor dem Aus. Doch es gibt noch Hoffnung. Bei Ausgrabungen fand man ein noch funktionierendes außerirdisches Artefakt, mit dessen Hilfe eine unbekannte Rasse dereinst wohl das Leben auf der Erde erschaffen hat. Eine kleine Crew aus WissenschaftlerInnen sowie Angehörigen des Militärs bricht daher zu einem weit entfernten Planeten auf, um diesen mithilfe der extraterrestrischen Technologie bewohnbar zu machen. Das Planetensystem, in dem sie sich nach dem Warpsprung wiederfinden, ist jedoch nicht jenes, welches sie aus ihren Karten kennen. Ungeachtet dessen landen sie auf einem der Planeten und beginnen mit Terraforming. Doch ein feindseliges Wesen bedroht das Leben des gesamten Teams.
Betrachtet man sich den Plot, so fallen einem gleich mehrere Science-Fiction-Filme ein, die ähnliche Themen beinhalten. Und nein, so wirklich originär wirkt Project Gemini in der Tat nicht. Im Gegenzug sorgt Beyseu Werk bereits sehr früh für eine angenehme Überraschung. Die digitalen Effekte sehen nämlich, insbesondere für einen Film dieser Größenordnung, ganz hervorragend aus. Sequenzen wie die von der Erde abhebende Rakete, Aufnahmen des Raumschiffs oberhalb der Wolkendecke, wie das Raumschiff majestätisch durchs All gleitet oder der Landeanflug auf den Planeten inmitten eines stürmischen Gewitters sehen nicht nur beeindruckend aus, sondern sind obendrein inszenatorisch äußerst ästhetisch eingefangen worden. Gerade der Eintritt in den Warp, welcher mit langsam auftretenden spiralförmiger Lichteffekte einhergeht, sieht höchst imposant aus. Des Weiteren können die Bilder der kargen wie felsigen Planetenoberfläche sowie das Innere des Raumschiffs, welches nebst langen Korridoren mit einem schön futuristischen Design aufwartet, restlos überzeugen. Wenn sich dann noch das unheilvolle Rot der Alarmleuchten beim farblichen Auskleiden der Korridore mit dem grünlichen Schimmer der Standardbeleuchtung flackernd abwechselt und ein sekundenweises Aussetzen beider die Gänge in ein tiefes Schwarz hüllt, so wirkt dies gleichwohl bedrohlich wie atmosphärisch gelungen.
Besonders deshalb, da man weiß, dass sich noch eine fremdartige Kreatur auf dem Schiff befindet, die immer wieder mit Schleimspuren als auch abgesonderten Lauten auf ihre Existenz aufmerksam macht. Über das Erscheinungsbild des Trojaners, so der Name, auf den die Crew das Vieh tauft, wird man lange Zeit im Dunkeln gelassen. So gibt es nur äußerst wenige Momente, in denen man einen kurzen Blick auf Teile der Kreatur erhaschen dar. Selbst gegen Ende bleibt das Wesen einem die meiste Zeit über verborgen. Gleiches gilt für sein Tun am menschlichen Körper, denn die paar Kills, für die der Trojaner verantwortlich ist, geschehen fast alle außerhalb des Sichtfeldes. Immerhin bekommt man als ZuschauerIn vereinzelte Auswirkungen seines monströsen Handelns zu Gesicht. Leider war es das dann auch schon so ziemlich an positiven Aspekten. Denn sonderlich viel wird aus der imposanten Kulisse sowie den gelungenen digitalen Effekten nicht herausgeholt.
Schuld daran ist ein einfallsloses Drehbuch. Es entsteht regelrecht der Eindruck, als hätten die beiden DrehbuchautorInnen vor dem Verfassen einen regelrechten Filmmarathon mit Werken wie Alien, Prometheus, Red Planet oder Interstellar absolviert. Mit dem Resultat, dass Versatzstücke wie Schöpfungsfragen, eine unheimliche Kreatur, die Thematisierung von Quantenphysik oder Terraforming zur Arterhaltung lose aneinandergereiht den Weg ins Drehbuch fanden. Ebenfalls alles andere als neu sind konfliktbehaftete Differenzen zwischen Militärangehörigen und WissenschaftlerInnen, für die sich innerhalb der Handlung gleichermaßen ein Plätzchen fand. Das wirklich enttäuschende ist jedoch nicht das Übernehmen von Ideen, sondern, dass die DrehbuchautorInnen abseits des Vermischens bzw. des bloßen Anreißens der übernommenen Thematiken weder nennenswerte Akzente setzen können noch daran interessiert sind, eigens aufgeworfene Fragen zu beantworten. Beispielsweise wer denn nun für den Bau des Artefakts bzw. die Erschaffung der Erde verantwortlich ist. Vermeintliche Überraschungen, die das Drehbuch für die ZuschauerInnen parat hält, wollen ebenfalls nicht so recht überzeugen. So etwa eine plötzlich aufkommende Erkenntnis bezüglich dessen, wo man gelandet ist, die sich bereits im ersten Viertel nicht allzu schwer erahnen lässt. Damit verbunden gibt es obendrein noch einige höchst fragwürdige „Ansichten“ in Sachen Physik.
Ein großer Teil der Handlung beschäftigt sich damit, wie die Crew auf den Trojaner reagiert. Hier ist dann verstecken, Pläne schmieden sowie der Versuch zu kämpfen angesagt. Es gibt einige Filme, die mit einer ähnlich gelagerten Formel hervorragend zu unterhalten vermochten. Beispiele hierfür wären, abseits zweier bereits genannter Werke, Filme wie Deep Rising, Pandorum oder Pitch Black. Project Gemini gelingt es leider nur bedingt mit entsprechenden Szenen zu überzeugen. Wenn Crewmitglieder bemüht sind, lautlos durch die Gänge zu schleichen, um das Monstrum nicht auf sich aufmerksam zu machen oder man das Wesen später im Film in den Gängen aufspüren und vom Schiff locken will, mag dies zwar durchaus irgendwo gefallen. Doch so richtig mitgerissen ist man als ZuschauerIn nicht wirklich. Der Grund dafür sind die schauspielerischen Leistungen der hölzern agierenden Darsteller*innen. Ein Problem, das bereits der im Überlebenskampf nicht unähnliche und ebenfalls aus Russland stammende Film Superdeep aufwies. Auch dieser in den Tiefen der Erde angesiedelte russische Output funktionierte aus technischer Sicht sehr gut. Im Gegensatz zu Project Gemini war Superdeep sogar alles andere als verlegen, wenn es darum ging, sein Monstrum sowie einige höchst imposante Bodyhorror-Einlagen zu zeigen. Jedoch wirkte sich das emotionslose Schauspiel der Beteiligten extrem negativ auf die Atmosphäre des Films aus.
Ähnlich verhält es sich bei Project Gemini. Das Schauspiel sämtlicher Beteiligten wirkt nämlich massiv unterkühlt, um nicht zu sagen hölzern. Des Weiteren sind die geführten Dialoge zum einen recht platt, zum anderen haben sie etwas ungemein Gekünsteltes an sich. Dadurch fällt es ziemlich schwer, eine Beziehung zu den Figuren aufzubauen. Erschwerend kommt hinzu, dass ausgerechnet die von Egor Koreshkov (Girls got Game) verkörperte Hauptfigur eine noch schwächere Performance hinlegt als der restliche Cast. Wenn Koreshkov z. B. traurig oder wütend schauen möchte, mündet dies wiederholt in Gesichtsausdrücken, die geradezu zum Losprusten animieren. Um seiner Figur mehr Profil zu verleihen und gleichzeitig die Grundlage für die spätere Storyentwicklung zu legen, setzt das Drehbuch zudem auf mehrere Rückblenden mit Stevens Frau. Diese Szenen funktionieren auf emotionaler Ebene allerdings so gar nicht und bremsen den Film daher nur unnötig aus. Über die anderen Figuren erfährt man als ZuschauerIn im Grunde so gut wie nichts. Ein Mitfiebern mit den gesichtslosen Charakteren bleibt daher gänzlich aus, was sich natürlich ungemein negativ auf den Spannungsaufbau sowie die Atmosphäre auswirkt. Gleiches gilt für einige unlogische Entscheidungen der Figuren. Dies ist alles sehr schade, denn Project Gemini hätte trotz oder gerade wegen des reichlichen „Ideenklaus“ in Verbindung mit den grandiosen Effekten das Zeug dazu gehabt, ein kleiner Genre-Geheimtipp zu werden.