Kritik
Sam de Jongs Debütfilm "Prince" (OT: "Prins") erfreut sich seit seiner Uraufführung auf der Berlinale 2015 einiger medialer Aufmerksamkeit. Als kleines Coming-of-Age-Indie-Drama gelang ihm in dieser Hinsicht also bereits ein Erfolg, der vielen anderen nicht gelingt. Sicherlich nicht ganz unbegründet, wie sich herausstellt.
Angesiedelt ist die Geschichte irgendwo in einem ruhigen holländischen Vorort Amsterdams, in dem die Jugend vor lauter Eintönigkeit nicht weiß, was sie tun soll. Die Jüngeren vertreiben sich die Zeit damit, Briefkästen in die Luft zu jagen, die Älteren fahren protzig mit ihren Rollern durch die Gegend. Und manch einer verdient sich Respekt und Geld hinzu, indem er für örtliche Kriminelle arbeitet. Eigentlich ein trostloser Ort, der von Sam de Jong jedoch mit knalligen Farben, gut gewählten Aufnahmen und cooler Synthesizer Musik aufgepeppt wird, so dass der Film dennoch mit einem sehr heiteren Ton beginnt. Dieser ändert sich jedoch schon sehr bald, wenn die Probleme den Protagonisten Ayoub zu erdrücken drohen. Das sind zunächst Kleinigkeiten wie ältere Kids, die ihn mobben und ihm das Leben schwer machen, bis hin zur neuen Flamme, die er um jeden Preis erobern und begeistern will. Probleme eines Jugendlichen also, wie sie so viele sonst auch treffen.
Als jedoch auch Streit mit der eigenen Familie und mit den engsten Freunden entfacht, und Ayoubs Bemühungen bei der hübschen Laura (Sigrid ten Napel) keinen Erfolg zeigen, gerät auch er auf die schiefe Bahn, die sein einziger Ausweg zu sein scheint. Mit Hilfe des örtlichen Gangsters Kalpa arbeitet sich Ayoub zum coolen Typen hoch. Geld in der Tasche, die angesagtesten Schuhe an den Füßen, die Fahrt im Lamborghini sowie Schutz durch seine neuen Kameraden verschaffen ihm nun einiges an Respekt, lösen die Probleme letztendlich aber auch nicht. Ayoub gerät in einen Strudel aus Chaos und Hoffnungslosigkeit, wodurch der Film in seinem zweiten Akt zur schweren Kost wird, die dramaturgisch nahezugehen weiß und unter die Haut geht. Auch hier versäumt es de Jong nicht, das Geschehen oft in wortlosen Bildern einzufangen und sie mit lautstarker Synth-Musik zu untermalen. Ein stilistischer Bezug an Regisseure wie Nicolas Winding Refn ("Only God Forgives", "Drive") ist hierbei schnell auszumachen.
Bis hierhin funktioniert "Prince" außerordentlich gut, stolpert jedoch in seinem letzten Akt und ruiniert somit den tollen Gesamteindruck. Chaos löst sich zu abrupt auf und die Geschichte wandert tonal in Richtung Kitsch und Unsinn. Nicht nur geschieht der Wandel unnachvollziehbar schnell, auch kauft man dem Film die Auflösung einzelner Stränge nicht ab. Das mag, zu gewissen Teilen, zwar das Ende sein, das sich einige Zuschauer wünschen werden, ist jedoch keins, das der Film verdient hätte. Schade, dass Regisseur de Jong, der auch das Drehbuch verfasste, hier das Ruder verlor.
Positiv hervorherben muss man an dieser Stelle noch den unbekannten Cast. Viele der Darsteller haben zuvor noch keine Schauspielerfahrung sammeln können, spielen ihre Rollen jedoch insgesamt sehr gut. Das gilt vor allem für den jungen Hauptdarsteller Ayoub Elsari.