Inhalt
Zwei Frauen liefern sich einen erbitterten Kampf um Macht in der Welt der internationalen Geschäfte. Die natürlich elegante Christine (Rachel McAdams) pflegt einen lockeren Umgang mit Macht und Geld. Unter ihre Fittiche nimmt sie die unschuldige, liebenswerte Isabelle (Noomi Rapace), die mit ihrer Naivität und ihren herausragenden Ideen ein leichtes Ziel für die Ausbeuterin Christine ist. Für diese ist es auch nicht wirklich Diebstahl von gedanklichem Eigentum, schließlich spielen sie ja im selben Team. Christine genießt es die junge Frau immer mehr zu beeinflussen und Kontrolle über sie auszuüben, wodurch Isabelle immer tiefer in das Spiel von Verführung und Manipulation hineingesogen wird. Doch dann lässt sich Isabelle auf eine Bettgeschichte mit einem von Christines Liebhabern ein, was katastrophale Konsequenzen hat.
Kritik
Die Generation New Hollywood hat mit Martin Scorsese, George Lucas, Francis Ford Coppola, Ridley Scott und Brian De Palma große Namen hervorgebracht. Ihre Filme sind prämiert, ihre Arbeit inspiriert und ihr Leben füllt Bücher. In vielen wissenschaftlichen Werken werden zudem ihre Techniken, Arbeitsweisen und Themen ausführlichst beschrieben, ihre Wirkung hervorgehoben und für die Ewigkeit gebunden. Hätte man doch nur Brian De Palma eines der vielen Bücher über ihn zu lesen gegeben, ihm gezeigt, zu was er eigentlich fähig ist – betrachtet man „Scarface“, „The Untouchables“ oder „Die Verdammten des Krieges“ – und möglicherweise wäre aus seiner ersten Regiearbeit nach fünf Jahren ein weitaus besserer Film entstanden, als „Passion“ nun je sein wird.
Leidenschaft – ja, der Verweis auf den Titel muss vorgenommen werden – hätte „Passion“ bei weitem gut getan. Dabei wäre doch alles vorhanden, was ein De Palma benötigt. Wieder widmet er sich seinem Lieblingsthema der krankhaften Obsession und spielt dabei mit Voyeurismus, Manipulationen und der exzessiven, wenn hierbei auch psychischen, Gewalt. Mehr noch rückt er Frauen in den Mittelpunkt des Geschehens und bietet damit zeitgleich wieder genügend Stoff für Diskussionen und Angriffsfläche für harsche Kritik an ihm. Ein De Palma also, wie er im Buche steht. Und dennoch beginnt der Film nach seiner Einleitung zu straucheln, verstolpert sich zunehmend und gerät am Ende in eine völlige Talfahrt.
Dabei ist die erste halbe Stunde vielversprechend: Mit den bezaubernden Damen Rachel McAdams und Noomi Rapace liefern sich zwei vielversprechende Schauspielerinnen ein böses Spiel. Unterstützt von Paul Anderson – alle drei Personen trafen sich im Übrigen schon am Set zu „Sherlock Holmes: Spiel im Schatten“ – und Karoline Herfurth nehmen die manipulativen Intrigen schnell an Fahrt auf. Die Stadt Berlin dient dabei zwar als Kulisse in Form von Büroräumen und Eigentumswohnungen, doch gibt es mit dem Hinterausgang der Kinemathek im Sony Center, welcher kurzerhand als Firmeneingang herhalten muss, oder wenigen Szenen auf den Straßen zumindest einigen Wiedererkennungswert.
Zunehmend tauchen aber Drehbuch- und Inszenierungslücken auf, die mit fortlaufender Spielzeit nicht nur an Häufigkeit, sondern auch an Tiefe gewinnen. Während sie zu Beginn noch den ein oder anderen Lacher auslösen, hemmen sie am Ende regelrecht das Filmvergnügen. So sind die Beweggründe der Protagonisten in einzelnen Szenen entweder nicht klar, oder so offensichtlich, dass der Ausgang der Handlung jedem bewusst wird. Es werden Gegenstände intentional unscheinbar ins Bild gerückt, doch ihre Bedeutung von vorneherein offenbart. Und die Dialoge scheinen einer Feder zu entstammen, die diese zum ersten Mal formuliert.
Ohne jene interessanten, analytischen Aspekte der Mise-en-scène komplett kritisieren zu wollen – De Palmas Verwendung des Split Screen zur Spannungsinszenierung gelingt ihm zum Beispiel auch bei „Passion“ wieder eindrucksvoll – stellt sich dennoch bei manchem Bildaufbau die Frage, welcher Regisseur hier am Werke war. Auch hier ereignen sich Lücken und fragwürdige Geschehnisse. Als De Palma dann das Ende von „Passion“ ansteuert, nimmt der Film plötzlich und in keinster Weise positiv an Fahrt auf. Nach 80 Minuten ruhiger Erzählweise mischt der Regisseur alle fehlenden Mittel für seinen Spannungshöhepunkt zusammen und komprimiert sie zu einem undurchsichtigen Ganzen. Das dabei Logik, als auch Überraschung auf der Strecke bleiben, wird schnell augenscheinlich.
BluRay (abseits der Wertung):
Bild- und Tonqualität der BluRay entsprechen dem aktuellen Standard, neben der deutschen Synchronisation bietet die Disk natürlich auch die englische Originaltonspur. Abgesehen von einigen Trailern und einem Featurette, das wie eine kurzweilige, kommentierte Langfassung des Trailers daherkommt, sind die vier beigefügten Interviews interessant. Kurz und knackig präsentiert sich Noomi Rapace als nachdenkliche und gesellschaftskritische Person und Rachel McAdams spricht über den Reiz ihrer Rolle, während Karoline Herfurth die Unterschiede zwischen den beiden Hauptdarstellerinnen herausstellt. Hierbei bleiben dem Zuschauer ausufernde Lobeshymnen auf die Dreharbeiten erspart und somit bleibt der Inhalt der Interviews stets interessant. Lediglich das Interview mit Regisseur Brian de Palma ist erschreckend inhaltsleer und trübt den Gesamteindruck der Extras ein wenig.
Fazit
Am Anfang präsentiert sich ein Brian De Palma, wie man ihn kennt. Am Ende können nicht einmal zwei großartige Protagonistinnen die verkorkste Inszenierung retten. „Passion“ präsentiert sich als ein Film, der viel will und damit wenig schafft – und viel mehr Kopfschütteln verursacht, als erwartet.
Autor: Philipp Schleinig