Inhalt
Die ehemals gefeierte Opernsängerin Giovanna (Monica Bellucci) wurde irrtümlich für tot erklärt und wartet nun ungeduldig darauf, dass ihr Vermächtnis von der Presse ausgiebig gewürdigt wird. Zur gleichen Zeit wird die Teenagerin Marie-Cerise (Charline Emane) genau in dem Moment, als sie sich von einer Brücke stürzen möchte, gekidnappt. Sich mit der eigenen Endlichkeit auseinander zu setzen – dieses Schicksal verbindet fünf Menschen in Paris. Und sie alle stehen vor der gleichen schwierigen Aufgabe: Sie müssen erkennen, wie schön und wichtig es ist, das Leben zu lieben.
Kritik
Die meisten Kinobesuchenden verbinden Marjane Satrapi (The Voices) auch nach 17 Jahren noch mit ihrem oscarnominierten Regie-Debüt Persepolis. Eine positive Assoziation, an der die französisch-iranische Autorin, Illustratorin und Regisseurin sich augenscheinlich gewaltig stört, tut sie doch alles, um sie mit bestenfalls mediokren Filmen zu überschreiben. Ein weiteres inszenatorischen Indiz dafür ist ihr jüngstes Werk. Dessen Titel klingt nicht zufällig nach dem konformen Kino-Klamauk, der regelmäßig unter dem Werbebanner „Die neue Komödie aus Frankreich!“ hierzulande im Kino anläuft.
In über einem halben Dutzend Episoden und fast dreimal so vielen Figuren, alle von namhaften Darstellenden verkörpert, strapaziert die Schwarze Komödie nicht nur die Geduld. Was überrascht, wenn auch nicht im Guten, ist das Abgeschmackte der Witze, die Trauer, Traumata und Todessehnsucht verhöhnen und oft sadistische Züge annehmen. Exemplarisch dafür ist der Handlungsstrang um Teenager Marie-Cerise (Charline Balu-Emane), die nach einer Revenge Porn Attack an ihrer Schule suizidal ist. Was könnte lustiger als Selbstverletzung sein?
Für Satrapi und Co-Drehbuchautorin Marie Madinier (Küss mich bitte!) lautete die Antwort, dass das junge Mädchen entführt und sexuell gefoltert wird. Als wäre das nicht fragwürdig genug, schenkt die Folter Marie-Cerise neue Lebensfreude. Eine ähnlich masochistische Misogynie prägt die Story um Ex-Opernstar Giovanna (Monica Bellucci, Mafia Mamma), die scheintot in der Pathologie erwacht. Andere Episoden, wie die um den als queere und schwarze Token-Figur dienenden Badou (Gwendal Marimoutou) oder den Lebensphilosophie präsentierenden TV-Moderator Edouard (André Dussollier, Liebesbriefe aus Nizza) laufen schlicht ins Leere.
Fazit
Mit Unterstützung eines namhaften Ensembles führt Marjane Satrapi anschaulich vor, dass sie geschmacklose Gags und abgedroschene Alltagsweisheiten noch besser beherrscht als die seichtesten Sommerkomödien. Ihr jüngstes Werk changiert zwischen missglückter Satire, die selbst zu dem wird, was sie vorführen will, und pervertierter Parodie. Deren Spott über sexuelle Gewalt gegen Jugendliche, Verlust und Depression wirkt ungeachtet seiner ethischen Problematik bedrückend aktuell in seiner Anbiederung an einen zynischen Zeitgeist. Dementsprechend ist das optimistische Fazit nur verkappte Egozentrik.
Autor: Lida Bach