4.4

MB-Kritik

OldBoy 2013

Action, Mystery, Drama, Thriller – USA

4.4

Josh Brolin
Elizabeth Olsen
Sharlto Copley
Samuel L. Jackson
Michael Imperioli
Pom Klementieff
James Ransone
Max Casella
Linda Emond
Elvis Nolasco
Rami Malek
Lance Reddick
Hannah Ware
Richard Portnow
Hannah Simone
Ciera Payton

Inhalt

Der Werbemanager Joe Doucett (Josh Brolin) wird 20 Jahre lang von einem Unbekannten gefangen gehalten. Als ihn sein Peiniger plötzlich freilässt, will Joe unbedingt den Grund für die erlittene Tortur herausfinden und Rache nehmen. Bei seiner Suche trifft er auf die junge Sozialarbeiterin Marie (Elizabeth Olsen) sowie auf einen rätselhaften Mann (Sharlto Copley), der vermeintlich den Schlüssel zu der Auflösung in Händen hält. Doch Joe muss erkennen, dass er weiterhin ein Gefangener in einem mysteriösen Netz von Verschwörungen ist.

Kritik

Hollywood. Ein Ort, an dem eigene, originelle Ideen immer seltener verwirklicht werden. Immer häufiger werden die Rechte erfolgreiche Filme aus dem Ausland eingekauft und schnell für den amerikanischen bzw. den westlichen Markt neu aufbereitet, um dafür nachher die Lorbeeren zu ernten und vor allem die Einnahmen an den Kassen. Denn Filme aus dem Ausland, vor allem aus Asien, sind international nun mal leider schwer zu vermarkten. Der Rache-Thriller "Oldboy" des gefeierten, südkoreanischen Regisseurs Chan-wook Park ("Lady Vengeance", "Stoker") ist nicht nur einer der größten Klassiker des asiatischen Kinos, sondern schaffte es durch positive Mundpropaganda einer begeisterten Fangemeinde und weltweit guter Kritiken auch international zu großem Erfolg und einem hohen Bekanntheitsgrad. Etwas, das nur wenigen asiatischen Filmen möglich ist. Natürlich war es nur eine Frage der Zeit, bis die gierigen, einfallslosen Studiobosse Hollywoods ihre Krallen ausfuhren und sich "Oldboy" unter den Nagel rissen. Nach langem hin und her und einem immer wieder wechselndem Filmteam steht nun, 10 Jahre nach Veröffentlichung des Originals, das Hollywood-Remake bereit. Wobei Spike Lee, Regisseur der US-Version, darauf besteht, es eine Neuinterpretation zu nennen. Doch Spike Lee hat in der Vergangenheit schon viel Unsinn von sich gegeben.

Fassen wir die Stärken des Originals zusammen: Fesselnd, schockierend, überraschend, verstörend und intensiv. Eine dunkle Odysee, die unter die Haut geht. Spike Lee ("Malcolm X", "Inside Man") will eben jene Stärken aufgreifen und intensivieren, indem er stets versucht, nochmal eins draufzusetzen. So hält er sich ewig lang mit dem Wahnsinn in der Zelle auf, Auseinandersetzungen fallen noch brutaler und härter als im Original aus, die berühmte One-Take-Aufnahme gegen die wütende Meute ist nun auf zwei Stockwerke erweitert worden und die Geschichte des Gegenspielers ist noch kranker als im Original. Lee will auf Teufel komm raus mehr, erreicht aber genau das Gegenteil. Protagonist Joe Doucett (Josh Brolin) ist ein viel zu großes Arschloch, um Mitleid zu erregen, Sozialhelferin Marie Sebastian (Elizabeth Olsen) viel zu dümmlich und in ihrem Vorgehen zu unlogisch, um ernst genommen zu werden, während Gegenspieler Adrian (Sharlto Copley) mit seiner albern portraitierten Hintergrundgeschichte das Fass zum überlaufen bringt. Großes Manko ist generell das gesamte Drehbuch, das sich in seiner groben Struktur zwar eng an das Original hält und alle großen Stationen abdeckt, dazwischen jedoch jede Menge Logiklücken aufweist. Viel zu häufig spielen nicht nachvollziehbare, künstlich ins Drehbuch geschriebene Zufälle eine übergeordnete Rolle und entscheiden den Fortgang des ganzen Films. So entscheidet beispielsweise das pure Glück über das Zusammentreffen von Josh Brolin und Elizabeth Olsen. Ihre Motivation, warum sie von der ersten Sekunde an bereits auf seiner Seite steht und nicht mehr von dieser weichen will, wird auch nie näher beleuchtet. Zumindest nicht glaubhaft. Und kommt es zu Beginn dann doch zu einer kurzzeitigen Trennung zwischen den beiden, so hat Brolin sogleich ihre Visitenkarte in der Hand, während er den Boden unter den Füßen und das Bewusstsein verliert, so dass ausgerechnet sie als Retterin der Not gleich zur Stelle ist. Scheinbar wusste sich Drehbuchautor Mark Protosevich ("I Am Legend", "The Cell") nicht anders zu helfen, um die einzelnen Storygeflechte sinnvoll zusammenzusetzen, denn das "Oldboy"-Remake ist voll von zufallsbedingtem oder nicht näher erläuterten Unsinn.

Handelt es sich nun um ein Remake oder tatsächlich um eine Neuinterpretation? Spike Lee betont, es sei letzteres. Vermutlich um sich vor den wütenden Fans und Kritikern zu schützen. Aber auch, da er vom Meister persönlich, Chan-wook Park, nicht seinen Segen für den Film erhielt. Denn als Josh Brolin sich diesen bei Park vorab abholen wollte, wurde er sogleich mit den Worten "You and Spike make your own film, don’t remake ours." in die Schranken verwiesen. Klare Worte.
Nach Sichtung des Films steht nun fest, dass Lee mit seiner Aussage in die Irre führt. Zu dicht hält man sich an die Struktur von "Oldboy", als dass man den Film als Neuinterpretation sehen könnte. Doch auch wenn man jeglichen Inhalt einmal ausgeblendet, so ist Lee auch regietechnisch einem Spezialisten wie Park einfach viel zu unterlegen, um zumindest hier zu punkten.

Fazit

Hollywood hat es geschafft, im Remake-Wahn einen weiteren Klassiker zu verwursteln. "Oldboy" trifft es dabei besonders hart, da das Original zum einen viel zu gut, das Remake aber viel zu schwach ausgefallen ist. Lee versucht die Vorlage in mehreren Punkten verzweifelt zu toppen, bewirkt damit aber gegenteiliges. Und so ist am Ende die Message zwar die gleiche, nur kommt sie einfach nicht an.

Autor: Sebastian Stumbek
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