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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Seong-nam flieht aus Korea, nachdem er für Marihuana-Konsum verpetzt wurde. In Paris angekommen, versucht er sich zu verstecken und findet alsbald Anschluss an eine kleine koreanische Gemeinschaft.

Kritik

Er hat doch nur gekifft. Dennoch, als Seong-nam (Kim Young-ho, Ha ha ha) von einem Bekannten hört, dass einer gehört hat, dass die Polizei ihm bald auf den Versen ist, bucht er den nächsten Flug nach Paris und flieht vor seinem Leben in Südkorea. Er wurde fürs Kiffen verpetzt und rennt jetzt davon. In Paris angekommen, am 8.8., was das wohl heißen mag, steht er rauchend vorm Flughafen und wird in ein Gespräch mit einem Passanten verwickelt.

You’re from Korea.“
Thank you.“

Aus völliger Unwissenheit und noch stärkerem Unvermögen steigert Seong-nam sich im Laufe der zweieinhalb Stunden immer weiter hinein. Nicht in einen Abgrund, einfach in die leere Weite des Versagertums. Wie ein Tagebuch erzählt Regisseur Hong Sang-Soo (Right Now, Wrong Then) von seiner Hauptfigur und ihrem Leben in der französischen Hauptstadt. Seong-nam ist ein kindischer Erwachsener in seinen Dreißigern. Er hat eigentlich immer verstrubbelte Haare, er flennt nachts am Telefon seiner Frau ins Ohr, erinnert sich nicht an seine Ex-Freundin, lügt, um nicht unbeliebte Meinungen vertreten zu müssen, erfreut sich am Armdrücken und schaut belustigt zu, wie ein Hundehaufen im Wasser der Straßenreinigung tanzt. Seong-nam gibt sich als Künstler aus, er malt gerne Wolken sagt er. Sobald er jedoch auf Kunst angesprochen wird, weicht er aus, stottert, ziert sich. Ob er wirklich Künstler ist, oder ob er einfach nur irgendwas „Romantisches“ vorgibt zu sein, wird nicht vollends geklärt.

Das einzige Bild, das er sich in einem Museum anschaut, ist das vom Unterleib einer nackten Frau. Es ist ihm sichtlich unangenehm, das Bild zu sehen. Und auch wenn er eigentlich immer versucht, in die Hosen der koreanischen Frauen zu kommen, die er alsbald kennenlernt, an irgendwas scheitert es immer. Entweder lernt er, als hätte er einen Geistesblitz, als hätte Gottes Hand plötzlich auf seiner Stirn gelegen, dass Sünde (also Fremdgehen) sich nicht lohnen würde. Trotzdem versucht er es wieder, traut sich dann aber nicht, Kondome zu kaufen. Seong-nam würde sich am liebsten jeglicher Verantwortung entziehen. Tut er auch, deshalb ist er ja schließlich nach Paris geflogen. Er scheut jegliches Risiko und dreht sich im Kreis: Ab und zu macht er einen Schritt nach vorn, revidiert ihn jedoch umgehend und reißt alle Brücken wieder ein. Die einzige Brücke, die er noch hat, sind die nächtlichen Telefonate mit seiner Frau. Bei ihr ist es dann tags. Wirklich verbunden sind sie auch dann nicht.

Hong Sang-soo nutzt die Geschichte um Seong-nam als Untersuchung des koreanischen Selbstverständnis. Seong-nam ist ein Geflohener, fremd in einem ihm unbekannten Land, der eventuell falsche Informationen über sich preisgibt, vor seiner Verantwortung flieht und dann verwirrt ist, wenn er stolpert und auf den Asphalt klatscht. Als Seong-nam einen Nordkoreaner trifft, ihn reaktionär und wie selbstverständlich respektlos behandelt und dann (abermals) abhaut, ist Seong-nam so verwirrt von seinem Platz in der Welt, dass es zu Tränen rührt. Hong Sang-Soo zeichnet so unheimlich leise Fragen über Identität, über das Selbstbild dieser verirrten Person und über eine Welt, in der Segregation regiert. Seong-nam ist ein Ausgeschlossener, der sich von seiner bekannten Welt ausgeschlossen hat. Ein Mann, der das immer gleiche T-Shirt trägt und im lethargischen Selbstmitleid in der Fremde versumpft. Hong Sang-Slo nutzt dazu prophetisch anmutende Schwenks und Zooms. Sie wirken präzise spielerisch und intensivieren das naive Leid des Protagonisten um ein Vielfaches.

Fazit

Mit „Night and Day“ hat Hong Sang-soo einen ruhigen und teilweise absurd komischen Film geschaffen. Die Hauptfigur, herrlich einfältig von Kim Young-ho dargestellt, stolpert durch eine fremde, frei gewählte Welt und versucht, vor seinen Pflichten zu fliehen. Als Odyssee eines Ahnungslosen zeigt der Regisseur dabei das Leben eines Menschen, der wirr durch eine kulturelle Hauptstadt stiefelt und Gefangener seines eigenen Unvermögens ist.

Kritik: Levin Günther

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