Tom Garvey, dem Mel Gibson (Wir waren Helden) in Menschen am Fluss sein im Jahre 1984 vom Leben noch weitestgehend unbeschriebenes Gesicht leiht, zählt zu den figuralen Archetypen im Schaffen des australischen Superstars: Der Farmer, der sich allen Widerständen mit erhobenem Haupt annimmt, nämlich ist zu gleichen Teilen dickköpfig wie er zartfühlend ist. Und sicherlich liegt hier auch die Antwort darauf begraben, warum es Mel Gibson ohne Probleme gelang, eine hochgradig erfolgreiche Karriere im Filmgeschäft anzugehen, bedient der Oscar-Gewinner doch beide Charaktermerkmale mit der gleichen Sicherheit und Glaubwürdigkeit: Ob launige Buddy-Action der Marke Lethal Weapon, das feingliedrige Charakter-Drama wie Der Mann ohne Gesicht oder die seichte RomCom-Dutzendware, der sich Gibson in Was Frauen wollen an der Seite von Helen Hunt kassenträchtig angenommen hat.
Damit Mel Gibson allerdings funktioniert, braucht es einen tatkräftigen Nebendarsteller, der ihm die Bälle zuspielt; der auch in der Lage sein kann, ihn in seinem schauspielerischen Fähigkeiten in gewissen Punkten zu übertrumpfen. Im Falle von Menschen am Fluss ist das die erneut erbarmungswürdige Sissy Spacek (Carrie – Die jüngste Tochter Satans), die als Farmerfrau Mae mit einer ausgesprochenen Natürlichkeit auf den Plan tritt und Gibson durch ihre grundehrliche Authentizität auch gerne den Wind aus den Segeln nimmt. Ihr Gesicht war damals bereits imstande, Geschichten zu erzählen, während Gibsons nonverbale Ausdrucksformen von Emotionalität mit Ende 20 noch ein Stück weit limitierter ausfielen. Umso logischer erscheint der Umstand, dass die beiden Schauspieler sich durchweg ergänzen, ihre Chemie stimmt, was sowohl ihre Zuneigung, aber auch ihre Wut aufeinander echt und konkret gestaltet.
Im Jahre 1984 waren es indes gleich drei Werke, die sich unter dem Label Save the Farm verdient machen durften: Ein Platz im Herzen mit Sally Field und John Malkovich, Country mit Jessica Lange und Sam Shepard und das hiesige Werk von Mark Rydells (Am goldenen See), der dieses thematisch verwandte Triptychon komplettiert. Seine Adaption einer Erzählung von Robert Dillon fungiert dabei vor allem in der Form eines heimatlichen Melodramas, dem es darum geht, kein zementiertes Unsere kleine Farm-Sentiment anzurühren, sondern mit dem entsprechenden Interesse an Realitätssinn aufzuzeigen, dass dieses Leben auf der Farm auch Zeiten kennt, in denen die Menschen kaum eine Chance haben, über die Runden zu kommen. Das bedeutet: Alle Mitglieder ihrer Familie zu ernähren, die Rechnungen zu bezahlen, das Land zu bewirtschaften.
In Menschen am Fluss wird die hart arbeitende Farmerfamilie nicht nur durch den Einfluss höherer Gewalt bis an den Rand der Verzweiflung getrieben, auch ein echsenartiger Großgrundbesitzer namens Joe Wade (Scott Glenn, Jagd auf roter Oktober) macht den Garveys das Leben schwer, weil er ihr Land aufgrund von Wassermangel aufkaufen und in einen Stausee umfunktionieren möchte. So einseitig, wie dieses antagonistische Geflecht nun anmutet, fällt der Film letztlich zum Glück nicht aus. Denn, allein Scott Glenns schurkische Physiognomie gibt diesen Eindruck her, auch wenn Joe Wade immer linkisch als Symbol der Kapitalismus und der Industrialisierung in Erscheinung tritt, hat auch er Argumente für sein Tun – und er hat den verletzten Stolz in seiner Brust, den es braucht, um noch ein Stück weiter über die Grenzen der Vernunft hinauszuschreiten.
Es ist die Individualmoral, die dem Ethos des Farmers entspricht, die Menschen am Fluss in den höchsten Tönen preist. Obgleich sich Mark Rydell zweifelsohne stimmungsvoll und mit guten Schauspielern gewappnet über die soziale Realität der Landarbeiter auslässt, ihre Existenzängste artikuliert und aufzeigt, dass so ein Generationen- und Familienbetrieb, wie Tom ihn führt, eben auch oftmals mit der Weitergabe jahrzehntelanger Lasten verbunden ist. Missernten, Überflutungen, beschädigte Maschinen und ein Arbeitsaufwand, der sich rund um die Uhr erstreckt. Tom ist in diesen ewig-mühseligen Aufwand hineingeboren, aber, auch wenn seine Frau Gedanken des Ausbruchs formuliert, wird er dieses Dasein niemals aufgeben. Mag Menschen am Fluss schlussendlich auch erbaulich gemeint sein, dieser Gesang auf das Durchhaltevermögen und die Solidarität ist auch ein (leises) Hinterfragen von vererbten Zwängen, Pflichten, Bürden.