Inhalt
In einer komplett neuen Geschichte, die liebevoll den Geist des Originals aufleben lässt, kehrt Mary Poppins (Emily Blunt) in das Haus der Familie Banks zurück, um der nächsten Banks-Generation nach einem tragischen Verlust wieder Freude und Heiterkeit zu bringen. In der absoluten Starbesetzung lässt uns Regisseur Rob Marshall endlich wieder in die fantastische Welt von Mary Poppins zurückkehren und haucht den Figuren von PL Travers mitreißend und fantasievoll Leben ein. Das wird nicht nur Mary Poppins-Fans in Entzücken versetzen!
Kritik
54 Jahre sind eine verdammt lange Zeit und dennoch wurde das erste, filmische Sequel zum Disney-Klassiker Mary Poppins innig (wenn auch mit Argusaugen) erwartet, was deutlich macht, welchen Stellenwert der erste Teil auch noch heute genießt. Selbst ähnlich gelagerte und erfolgreiche Filme wie Eine Zauberhafte Nanny konnten nicht wirklich am Thron des magischen Kindermädchens rütteln. Doch warum kommt Mary Poppins' Rückkehr erst jetzt in die Kinos? Gewiss, rechtliche Hindernisse könnten eine Rolle spielen, aber wahrscheinlich entschied sich Disney nun für eine Fortsetzung, da sie bemerkt haben, dass Neuverfilmungen ihrer bekannten Stoffe ihr Girokonto ordentlich füllen. Dazu bietet sich ein Sequel durchaus an, denn in Mary Poppins' Rückkehr sind die Kinder von einst erwachsen geworden und schlagen sich mit den Nöten und Problemen älterer Semester herum.
Diese Probleme sind typisch Disney. Vor allem, dass Vater Michael (Ben Whishaw, Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders) seine Frau verloren hat und seine drei Kinder nun mit der Haushälterin Ellen (Julie Walters, Paddington) sowie seiner Schwester (Emily Mortimer, Der Buchladen der Florence Green) großzieht passen zu den typischen narrativen Spuren, die das Mickey-Mouse-Imperium seit Jahrzehnten teilweise stur verfolgt. Als wäre das nicht noch genug verlangt die Bank unter der Leitung des zwielichtigen Wilkins (Colin Firth, Kingsman: The Secret Service) das Haus der Familie. Es herrscht also großes Chaos und viel Kummer, bis Mary Poppins vom Himmel herabschwebt. Altersbedingt übernimmt diesmal nicht Julie Andrews (Plötzlich Prinzessin!) die Rolle, sondern die Britin Emily Blunt (A Quiet Place), die erfolgreiche alle Manierismen ihrer Vorgängerin übernimmt und es schafft, ohne zu drastische Mimikry zu betreiben, sich die Rolle anzueignen.
Ist Poppins erst einmal gelandet folgt der Film dem Muster des ersten Teils. Die Kinder erleben mit dem Kindermädchen magische Abenteuer, die sie immer wieder in fantastische Welten hineinziehen, meist auch verbunden mit dem einen oder anderen Song. Denn genau wie 1964 ist auch die Fortsetzung eine Mischung aus Märchen und Musical. Dabei agieren die Figuren immer mal wieder in animierten Welten und tatsächlich erlaubt sich das Sequel eine dieser Welten sogar so aussehen zulassen, als ob es wirklich ein klassischer Trickfilm wäre und kein moderner Animationsfilm. Überhaupt versucht der Film konsequent den Eindruck zu erwecken, dass es nicht 54 Jahre nach dem ersten Teil, sondern noch im selben Jahrzehnt erschienen ist. Das hätte gezwungen und aufsetzt wirken können, ist aber ganz sympathisch.
Mary Poppins' Rückkehr ist – im guten Sinne – ein Imitat. Eine cineastische Emulation, die den guten, alten Zeiten huldigen will, dabei aber natürlich auf die heutigen Möglichkeiten zurückgreift. Schade ist es dabei allerdings, dass sich der Film dabei niemals aus seiner Komfortzone heraus traut. So spielt er zwar während der großen Depression und zeigt vor allem zu Beginn, wenn auch nur beiläufig, die Dunkelheit dieses historischen Kapitels, wagt damit aber nicht mehr anzustellen, als es mit Gesang, Tanz und breitem Grinsen in den Bereich der Nichtigkeit zu verbannen. Vertane Chance, vor allem weil sich damit ein guter Kommentar zur Gegenwart hätte formulieren können, ohne den märchenhaften Charakter des Sequels zu zerbomben. Am Ende ist Mary Poppins' Rückkehr halt einfach stimmungsvolles Augen- und Ohrenfutter, wobei die Songs allesamt zwar ganz nett sind, aber nicht wirklich das Zeug haben länger am Trommelfell kleben zu bleiben.
Das ist schon bedauerlich, vor allem weil Lin-Manuel Miranda (Das wundersame Leben des Timothy Green) als Schornsteinfeger Jack zur Besetzung gehört. Miranda gehört zu den Top-Größen des New Yorker Broadways und sorgte bereits bei Vaiana - Das Paradies hat einen Haken für grandiose Songs. Bei Mary Poppins' Rückkehr durfte er musikalisch aber wohl nur vor der Kamera agieren und hat damit neben Blunt schon die präsenteste Rolle im Film. Dies sorgt aber auch dafür, dass dadurch andere, weitaus wichtigere und auch interessantere Charaktere manchmal regelrecht zur bloßen Staffage degradiert werden. Die Fans von Miranda dürfte das natürlich nicht sonderlich stören.
Trotz dieser Verfehlungen funktioniert Mary Poppins' Rückkehr dennoch recht gut und bietet Fans des ersten Teils gegen Ende auch einen schönen Gastauftritt. Außerdem gibt sich nochAngela Lansbury die Ehre, die mit Die tollkühne Hexe in ihrem fliegenden Bett einst in einem durchaus ähnlich gelagerten Film wie Mary Poppins die Hauptrolle spielte. Und auch der Auftritt von Oscar-Gewinnerin und Mamma Mia!-Star Meryl Streep bietet schöne Momente. Disney ist also viel daran gelegen, irgendwie den Zauber von einst noch einmal aufleben zu lassen. Wer damit leben kann, dass das Ergebnis trotz aller Effektivität dennoch immer etwas nach Plastik und Kalkulation müffelt, erhält zwei wohlig-wärmende Stunden gegen die Winterkälte.
Fazit
„Mary Poppins' Rückkehr“ ist weder Supercalifragilisticexpialigetisch, noch Superkalifragilistisch Expiallegorisch. Es ist einfach nur der Versuch von Disney den über 50 Jahre alten Klassiker noch einmal für finanzielle Zwecke zu melken. Ist das irgendwie schon recht ideenlos? Ja, das ist es. Macht das Sequel als Imitation vergangener Kinotage dennoch Spaß? Ja, das tut es. Tja, so etwas gibt es eben nur im Märchen und „Mary Poppins' Rückkehr“ ist so eines, und zwar ein recht gutes.
Autor: Sebastian Groß