Ein Zusammenschnitt des Materials, dasMantas Kvedaravicius vor seiner Ermordung durch russische Truppen in den Ruinen von Mariupolis drehte.
Kritik
Die hastige Entscheidung, Mantas Kvedaravičius’ letztes Werk - genauer: das für eine geplante Dokumentation in Mariupolis gedrehte Material - in Cannes aufzuführen, ist eindeutig mehr eine politische Botschaft als eine cineastische. Schon deshalb überwiegt das Gefühl, über den Festivalbeitrag des von russischen Truppen ermordeten litauischen Regisseurs Positives schreiben zu müssen. Immerhin sind die unter Mitwirkung seiner Verlobten Hanna Bilbrova zusammengestellten Aufnahmen der zerbombten Stadt und der darin verbliebenen Menschen ein filmisches Epitaph, für mehr als einen Toten.
Dass ein paar wenige Orte irgendwo in der großteils zerstören Stadt zeigende Bildmaterial, das die Filmcrew ohne erkennbare narrative oder thematische Leitlinie außer der des Krieges zusammenstellte, wirkt wie ein beklemmendes Memorandum für zahllose Opfer. Die meisten von ihnen bleiben namen- und gesichtslos. Wie die zwei Männer in einem Hauseingang, deren Generator einer der Anwohner mitzunehmen vorschlägt, die Leichen, von denen eine Frau berichtet, oder die Hunderte Schutzsuchenden, die in einem eingestürzten Gebäude begraben wurden.
Letztes sei geschehen, weil diese andere Gruppe Mitbürger nicht gebetet hätten, warnt ein Geistlicher die im Keller einer Kirche versammelten Überlebenden, zum Großteil Ältere und Frauen mit Kindern. Ständige Todesangst und Verzweiflung kann Menschen zu vielen krassen Äußerungen bringen. Dennoch sind Ansichten wie dieser kalte Klerikalismus oder die niedergeschlagene Nostalgie, die ein anderer Einwohner für die Diktaturjahre ausdrückt, fast ebenso verstörend wie die anhaltende Geräuschkulisse von Explosionen und Schüssen. Menschlichkeit scheint an diesem Ort verschwunden.
Fazit
Wie einen Film bewerten, der kein Film im eigentlichen Sinne ist, sondern vielmehr ein Leerzeichen für ein Werk, das nie entstehen konnte? Von der Dokumentation, mit der Mantas Kvedaravičius an seine vor sechs Jahren erschiene Studie der ukrainischen Stadt anknüpfen wollte, bleiben nur Trümmern. Spuren der Gewalt, die nicht nur aufgrund ihrer zeithistorischen Relevanz betreten machen. Die Vorführung des visuellen Rohmaterials scheint kaum im Sinne des Regisseurs, dessen inszenatorische Handschrift darin nicht mehr auszumachen ist.
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