1937 ist die Moskauer Kunstszene im schwebenden Einverständnis mit der Sowjetmacht. Unberührbar wähnt sich auch die Lettin Maria Leiko und spielt – ahnungslos – die Rolle ihres Lebens: ein unschuldiges Opfer. Eine Geschichtsallegorie von Aktualität.
Ein Begriff ist der Name der Titelfigur (Olga Sepicka) wohl selbst unter Stummfilmfans nur den wenigsten und Davis Simanis Jr.s exaltierter Nekrolog wird daran wohl kaum etwas ändern. Dabei sind die Umstände des brutalen und bitter bezeichnenden Lebensendes der lettischen Schauspielerin Marija Leiko wie geschaffen für eine Verfilmung. So sehr, dass die Synopsis der Berlinale, wo Simanis düsteres Drama im Forum Premiere feiert, von den letzten Monaten der Protagonistin als „ihrer größten Rolle“ spricht.
Die das reale Leid hinter den das knappe Budget kaschierenden Schwarz-Weiß-Bildern auf zynische Weise bagatellisierende Formulierung klingt, als sei alles nur Theater für die alternde Diva. Als solche jedenfalls erscheint Leiko, als sie Mitte der 30er auf der Suche nach ihrer Tochter nach Moskau gelangt. Obwohl ihre Kinoerfolge mitLola Montezund Satanas lange hinter ihr liegen, erkennt man sie. Nicht nur beim Lettischen Staatstheater, dessen Intendant (Vilis Daudzins, Blizzard of Souls) sie eifrig anwirbt, sondern beim NKVD.
Das durch ihren trügerischen Beschützer Zakovskis (Girts Kesteris, The Good Neighbor) repräsentiert Terror-Regime hat in der stark fiktionalisierten Handlung schon die Hände im Spiel, als die vom Tod der Tochter erschütterte Protagonistin unversehens mit einer kleinen Enkelin und ohne finanzielle Mittel dasteht. Eine vorübergehende Bühnenanstellung erscheint als einzige Option der ahnungslosen Aktrice. Der späte Abglanz ihres einstigen Ruhms macht sie blind für die sich zusammenbrauende Gefahr, die den Regisseur und seine Co-Drehbuchautorinnen mehr interessiert als die Hauptfigur.
Fazit
Markante Chiaroscuro-Aufnahmen evozieren die gespenstische Atmosphäre eines Horror-Films, in dem der historische Schrecken stalinistischer Säuberungen mit einer verrohten Gesellschaft konkurriert. Jenes bizarre Grauen, die mit maskenhafter Künstlichkeit verkörperte Protagonistin und die surrealen Szenarien fügen sich nur schwer ineinander und in den biografischen Rahmen. Leikos Persönlichkeit erscheint so verzerrt wie das den klischeehaften Kontrast von schillernd und schäbig überstrapazierende Setting. Das titelgebende Schweigen wird zum unfreiwilligen Synonym der psychologischen und dramaturgischen Undurchsichtigkeit eines ästhetisierten filmischen Zerrspiegels.
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