Das zurückgezogene Leben der Polizeibeamtin Lucie wird gestört, als ein junges Paar mir seiner kleinen Tochter ins Nachbarhaus einzieht. Sie freundet sich mit den beiden an, findet aber dann heraus, dass der Vater ein Anti-Polizei-Aktivist ist.
Kritik
André Téchiné ist wieder da. Wen wundert das. Die Berlinale hängt an ihren Dauergästen wie an einem alten Anzug, den man einfach nicht ausrangieren mag, obwohl er längst nicht mehr passt, weil er früher als schick galt. Zumindest ist sein jüngstes Werk nicht im Wettbewerb, wie 2005 Changing Times, 2007 Wir waren Zeugen, 2017 Mit Siebzehn und zuletzt 2019 Farewell to the Night, sondern nur im Panorama. Selbst dort wirkt das Darstellerinnen-Drama in TV-Optik deplatziert.
Nach Vorabend-Serie klingt auch die Prämisse. Die nach dem Suizid ihres Arbeits- und Lebenspartners zurückgezogene Polizistin Lucie (Isabelle Huppert, Madame Sidonie in Japan) freundet sich mit ihrer jungen Nachbarin Rosa (Hafsia Herzi, La gravité) an, als sie deren Tochter drei Schritte nach Hause bringt, und wird schnell als Ersatzgroßmutter in den kleinen Familienkreis aufgenommen. Doch Papa Yann (Nahuel Perez Biscayart, Persischstunden) ist militanter Anti-Polizei-Aktivist und auf Bewährung. Wie es ausgeht, steht fest, nicht nur durch Lucies Erzählerinnen-Kommentar.
In seinem mit Régis de Martrin-Donos verfassten Drehbuch winkt der Regisseur ständig mit dem Zaunpfahl, sei es in Richtung des Handlungsverlaufs oder der privaten Hintergründe seiner Figuren. Deren unglaubwürdigste ist trotz routiniert soliden Schauspiel Hupperts, die mit Téchiné erstmals vor 45 Jahren in Die Schwestern Brontëzusammenarbeitete. Warum sie eigene Familienkontakte vernachlässigt, aber die Nachbarnähe sucht, bleibt unbegreiflich wie ihre Haltung zu Beruf und Aktivismus. Beider Konflikt ist reine Behauptung. Wie alles in der spannungsfreien Inszenierung.
Fazit
Was Gesellschaftsdrama, Krimi oder Psychothriller hätte werden können, gleicht visuell und dramaturgisch dem Entwurf einer TV-Serie. Die unglaubwürdige Story bleibt so skizzenhaft, dass Ereignisse direkt als narrative Notwendigkeiten erkennbar sind. Die Charaktere sind unterentwickelt und Aspekte wie Kunsttalent oder spirituelle Nähe zu anderen Kulturen offenkundige Instrumente, ihnen Sensibilität anzudichten. Weder die moralischen noch politischen Konflikte werde ansatzweise ausgearbeitet während die geringe dramatische Fallhöhe keinerlei Spannung aufkommen lässt. Das passable Ensemble kann da wenig retten.
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