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Inhalt

Im Anblick seines Todes schaut ein Poet zurück auf seine Arbeit – fernab von Zeit und Wirklichkeit. Er lässt sein Leben vorbeiziehen und entsinnt sich auf seine Inspirationen und Obsessionen. Jean Cocteaus letzter Langfilm ist ein starbesetztes, avantgardistisches Kunstdrama. Es ist Cocteaus Abschiedsgeschenk an das Kino, aber auch die Synthese des Lebenswerkes eines vielseitigen Künstlers. "Das Testament des Orpheus" ist eine Zeitreise durch Cocteaus poetisches Universum und bildet zugleich den Abschluss der Orpheus-Trilogie. In seinem letzten Spielfilm vor seinem Tod 1963 übernahm der Regisseur höchstpersönlich die Hauptrolle des Orpheus an der Seite seines Lebensgefährten Jean Marais in der Rolle des Ödipus. In weiteren Rollen sind außerdem Wegbegleiter:innen wie Schauspieler Yul Brynner und Maler Pablo Picasso zu sehen. Der avantgardistische Experimentalfilm wurde 1961 für einen BAFTA Award nominiert.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Wie ein Abschiedsgeschenk fühlt sich Das Testament des Orpheus tatsächlich an. Nicht nur bezieht sich das Finale der Orpheus-Trilogie Jean Cocteaus (Orphée) auf dessen ersten Teil, Das Blut eines Dichters, indem es an seinen surrealistischen und assoziativen Erzählstil anschließt. Auch greift es die mythologischen Motive, die in dem Folgefilm Orphée artikuliert wurden, erneut auf und fügt persönliche Bezüge hinzu, die das Werk einen abschließenden Rahmen um die Trilogie schließen lassen. Inhaltlich funktioniert der Film antipodisch zu Das Blut eines Dichters, der etwas Erforschendes, damit Jugendliches, an sich hatte, während dieses Werk einen resümierenden Charakter hat. 

Am konsequentesten scheint es in seiner surrealistischen Ausrichtung. Während Orphée als Herzstück der drei Filme einer stringenten Handlung folgte, hatte das erste Kapitel der Trilogie bereits einen Hang zur Destruktion konventioneller Erzählmuster, um Cocteaus lyrischem Handwerk ein Denkmal zu setzen. Dennoch arbeitete er noch mit durchsichtigen Motiven und klaren Markern, die eine Zugänglichkeit garantierten. Das Testament des Orpheus ist ausdrücklich all jenen gewidmet, die nicht um jeden Preis verstehen wollen, die nicht auf Sinnsuche sind, die - wie es Cocteau formulierte - einen unschuldigen Blick werfen. Tatsächlich befindet man sich auf dem Holzweg, wenn man einen genauen Handlungsverlauf rekonstruieren möchte. Diese Undurchsichtigkeit bringt die surrealistischen Stilelemente zur Vollendung und schafft eine ungeschlossene Atmosphäre. 

Während das erste Kapitel der Trilogie formal der Dichtung Tribut zollt, widmet sich das zweite der Liebe als überzeitliches Hauptmotiv und damit als Entsprechung zur zeitlosen Form der Dichtkunst. Das abschließende Kapitel schafft einen realistischen Irrealismus: Cocteau bildet Eindrücke, Stimmungen, Ideen und Motive ab, die sich nicht zur konventionellen Erzählung zusammenpressen lassen und dennoch als Ausgestelltes anerkannt werden müssen. Er scheint nicht mehr erforschen zu müssen, zu welchen Überschneidungen Dichtung und Film fähig sind, er kann sie praktizieren. Schließlich widmete sich die Lyrik seit jeher dem Ausdruck des Unausdrückbaren. 

Diesen scheinbaren Gegensatz verwirklicht Das Testament des Orpheus auch als Seherfahrung. Fehlende trennende Konturen zwischen den Szenen, wie man sie im ersten Teil noch vorfand, erlauben uns, ganz im Film zu versinken, das Gespür für Raum und Zeit zu vernachlässigen. Die altbekannten Motive, von den mythologischen bis hin zu den zeichnerischen, versucht man nicht länger in einen Sinnzusammenhang zu bringen, sondern versteht sie als Erinnerungsfetzen, zu denen uns ein unmittelbarer Zugang fehlt. Durch diesen privatistischen Zug wird die Trilogie in ihrer Intimität betont, die ihr von Anfang an innewohnte. 


Fazit

"Das Testament des Orpheus" schließt die Trilogie Jean Cocteaus ab, die sich dem Dasein des modernen Dichters verschrieben hat. Der realistische Zugang zu irrealen Szenen ermöglicht uns ein Versinken, ein Vergessen von Zeitlichkeit, und einen Einblick in Cocteaus Verständnis der Dichtung: als Kunst, die das Unausdrückbare ausdrückt. 

Kritik: Maximilian Knade

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