Inhalt
Kapitän Vostrikov hat im Jahr 1961 das Kommando des sowjetischen Atom-U-Bootes K-19 und führt es auf seiner Jungfernfahrt über den Nordatlantik. Plötzlich kommt es zu einer Fehlfunktion des Nuklearreaktors. Eine Kernschmelze droht wenige Meilen vor der US-amerikanischen Küste.
Kritik
Wenn man sich die Filme von Kathryn Bigelow anschaut, dann beschleicht einen das Gefühl, dass die Dame in ihrer Kindheit nicht die Barbie als Lieblingsspielzeug bevorzugte, sondern viel lieber Stellungskriege mit ihren Miniatursoldaten nachempfunden hat. Nicht umsonst wird Bigelow nachgesagt, sie hätte dickere Eier in der Hose vorzuweisen, als es viele ihrer männlicher Kollegen haben. Dabei zeichnen sich Filme wie „Gefährliche Brandung“ oder „Tödliches Kommando – The Hurt Locker“ micht durch betonte Zugeständnisse an die Maskulinität ihrer Protagonisten aus, sondern nehmen lediglich eine männliche Perspektive ein, anstatt sich nach Strich und Faden an unreflektierten Macho-Attitüden zu weiden. Kathryn Bigelow zeichnete sich als Regisseurin primär dadurch aus, dass sie eine ungemeine Dynamik in ihrer Szenarien involvieren konnte. Wie die Frau mehrfach sagte, ist es die Intensität, die sie reizt. Und wahrlich intensiv sind fast alle ihre Filme, von „Near Dark – Die Nacht hat ihren Preis“ bis zu ihrem letzten Streich „Zero Dark Thirty“.
Nur ein Film fällt etwas aus der Reihe: „K-19 – Showdown in der Tiefe“. Nachdem ihr dystopisches Meisterwerk „Strange Days“ heftig an den Kinokassen durchfiel, brach sie sich beinahe ihr künstlerisches Genick mit „K-19 – Showdown in der Tiefe“, der nicht einmal die Hälfte seines 100 Millionen Dollar Budgets einspielen konnte. Inzwischen sind wir schlauer und wissen, dass die Frau sich zurück in den Hollywood-Olymp gekämpft hat. Doch der Misserfolg mit „K-19 – Showdown in der Tiefe“ sollte sich als durchaus verdient herausstellen und gilt bis heute als ihr mit Abstand schlechteste Arbeit. Wobei man sagen muss, es liegt nicht Kathryn Bigelows Inszenierung, dass sich „K-19 – Showdown in der Tiefe“ als wahrer Rohrkrepierer herausstellte. Immer mal wieder wartet der Film kurzzeitig mit beklemmenden Sequenzen auf, die gerade den limitierten Raum des U-Bootes ausnutzen und einen Fingerzeig dahingehend bedeuten, wie gut dieser Film vielleicht ausfallen hätte können. Hätte, Wenn und Aber jedoch bringen inzwischen nichts mehr, denn das Ding ist im Kasten und hat zu Recht international mehr Schelte denn Lob kassiert.
Mit dem realen Hintergrund der über Jahrzehnte geheim gehaltenen Geschichte des sowjetischen Atom-U-Bootes K-19, blasen Bigelow und Christopher Kyle zum pathetischen Hohelied auf sowjetischen Heldenmut. Wenn zu Beginn bereits die Schiffstaufe schiefgeht und die Champagnerflasche nicht zerschellen möchte, erweist sich das als äußerst schlechtes Omen für die bevorstehende Jungfernfahrt. Schon während des Baus verstarben zehn Menschen, was dem U-Boot den unrühmlichen Namen 'Witwenmacher' einbrachte. Doch das Elend hat noch lange kein Ende gefunden! Was man dem Film nicht ankreiden kann, sind handwerkliche Mängel, denn wenn die Kamera durch die engen Gänge des stählernen Kolosses streift, manifestiert sich Bigelows Anspruch auf Authentizität immerhin in der zuweilen klaustrophobisch anmutenden Atmosphäre. Darüber hinaus ist „K-19: Showdown in der Tiefe“, gerade für die Verhältnisse einer doch eigentlich recht mutigen Filmemacherin wie Kathryn Bigelow, unfassbar konventionell geraten und hangelt sich gar sklavisch an den abgehangenen Klischees anderer U-Boot-Filme entlang.
Dramaturgisch wird das Ganze schön überhöht, was nach sich zieht, dass die wahre Geschichte fiktionalisiert wird, da die reellen Vorfälle wohl nicht über genügend kinotaugliche Spannungsfelder verfügten. Erst knarren die Rohre aufgrund des Wasserdrucks, dann brüllt Alexei Vostrikov (Harrison Ford) seine Besetzung ständig in die Gefechtstation, um seine Klimax in der Abwendung einer womöglichen Kernschmelze zu finden, die durch ein Leck im Kühlwassersystem verursacht worden wäre. Die Logik des Films erklärt, dass, wenn die Atomsprengköpfe bei der Explosion zünden, der dritte Weltkrieg in Form eines Vergeltungsschlages der Vereinigten Staaten eingeleitet wird. Schließlich befindet sich das U-Boot in höchster Not gerade in der Nähe der NATO-Basis und der krankhafte Ehrgeiz des Kapitäns erlaubt es nicht, diese um Hilfe zu bitten: Die Pflicht ist es, in den Tod zu gehen! Da wundert die affirmative Haltung dem militärischen Kodex gegenüber selbstredend rein gar nicht, werden doch solche „Ruhm und Ehre“-Floskeln im Stakkato abgefeuert. Interessant ist, dass „K-19: Showdown in der Tiefe“ die sowjetische Besetzung zu Heroen stilisiert, anstatt weiterhin das antiquierte Feindbild der garstigen Sowjets zu pflegen. Wohl auch ein Grund, warum der Film so dermaßen gefloppt ist.
„K-19: Showdown in der Tiefe“ versteht sich als Trauerbewältigung und Denkmalpflege, berichtet von eiserner Integrität und strengem Nationalglauben. Es ist einfachstes und aufgesetztes Heldenkino hollywood'scher Couleur, nur, dass hier die amerikanischen Schauspieler in die Rolle sowjetischer Kameraden schlüpften. Pflichtverletzung erfolgt nur aus Gründen der Ehre, während das Drehbuch die eigentliche Mortalitätsrate in die Höhe schraubt und tatsächlich der Meinung ist, eine plastische Dynamik zwischen dem grimmigen Seebären Alexi Vostrikov und dem idealistischen Mikhail Polenin (gespielt von Liam Neeson) zu entfachen. Nee, da herrscht Stillstand. Nicht, weil die beiden Stars furchtbar schlecht agieren würden, sondern weil das Skript nur lächerliche 08/15-Sprünge vollbringt. Ein Schuss vor den Bug, nicht nur für die Fans von Kathryn Bigelow, sondern auch für die Frau höchstpersönlich. Mit „K-19: Showdown in der Tiefe“ hat sich wahrlich niemand einen Gefallen tun können.
Fazit
Traurigerweise ein erschreckend formelhafter U-Boot-Thriller, der sich um Authentizität bemühen möchte, aber doch nur das obligatorische Hohelied auf nationalistischen Heldenmut anstimmt. Zwar sind es keine Amerikaner, die hier mit ungemein pathetischen Mitteln zu Heroen stilisiert werden, hollywood'scher Nonsens bleibt es dennoch zweifelsohne. Sehr schade, denn Kathryn Bigelow verfügt eigentlich über ein deutlich weitsichtigeres Handwerk.
Autor: Pascal Reis