Das italienische Genrekino speziell der 70er Jahre genießt hinlänglich einen äußerst fragwürdigen, in gewissen Fankreisen aber auch deshalb ausgezeichneten Ruf. So groß die Vielfalt aus Gialli, Poliziotteschi, Spaghetti-Western, Nunsploitation, Mondo-Streifen, Zombie-Splatter oder Softpornos auch war, sie alle verband ein ähnlicher, verruchter (und gerne auch misogyner) Tonfall, bei dem trotzdem ein Spannweite aus unanschaubarem Müll und wahren Meisterwerken entstand. Zu letzteren gehört der in der Spätphase dieser besonders extremen Dekade entsprungene Streifen von Francesco „Franco“ Prosperi definitiv nicht, ist dafür so verdammt ruchlos, zweifellos handwerklich sehr anständig gemacht und fast schon ein Best-Of des einheimischen Genre-Schweinestalls, dass man ihm seinen räudigen Reiz kaum absprechen kann.
Bei einem Bankraub töten die drei Räuber rücksichtlos zwei Menschen und können mit der Beute entkommen. Ihr Fluchtwagen gibt vor den Toren einer abgelegenen Strandvilla den Geist auf. Sie dringen dort ein und finden eine Gruppe 18jähriger Klosterschülerinnen vor, die unter der Anleitung von Schwester Cristina (Florinda Bolkan, Spuren auf dem Mond) ein Theaterstück einübt. Sie sollen erst in drei Tagen wieder abgeholt werden und mit weiterem Besuch ist nicht zu rechnen, also das ideale Versteck für die Grobiane, von denen mindestens zwei ziemlich degenerierte, barbarisch-notgeile Lustmolche sind, denen allein beim Anblick der jungen Damen das Wasser im Mund und wer weiß noch wo zusammenläuft. Der offensichtliche Anführer oder wenigstens der Kopf der Gruppe, Aldo (Ray Lovelock, Das Leichenhaus der lebenden Toten), ist sicherlich nicht minder skrupellos, scheint aber wenigstens etwas überlegter und nicht ganz sinnlos triebgesteuert zu handeln, was zunächst offenbar das Schlimmste verhindert. Oder zumindest hinauszögert. Dennoch kommt es zwangsläufig zu sexuellen Übergriffen, Gewalttaten und Demütigungen seitens der Eindringlinge, während die zaghaften Fluchtversuche der Mädchen nur noch drastischere Konsequenzen zur Folge haben. Als sie gar keinen anderen Ausweg mehr sehen, gibt es für sie nur noch den Kampfschritt nach vorne, denn lebend oder unbeschadet kommt hier irgendwann sicher keiner mehr raus.
Heidewitzka Herr Kapitän, da will es einer aber wirklich wissen. La settima donna, hierzulande und international unter zahlreichen Alternativtiteln wie Verflucht zum Töten, Junge Mädchen zur Liebe gezwungen (uff!), oder – besonders „kreativ“ – The Last House on the Beach vertrieben, womit natürlich ganz direkt auf den Rape & Revenge-Klassiker Das letzte Haus links von Wes Craven angespielt wird. Was grob betrachtet auch nicht ganz falsch ist, denn Rape & Revenge ist das hier genauso wie ganz garstige Home Invasion, lüsterner Nackedei-Voyeur und sogar im weitesten Sinne ein saftiger Nunsploitator, wenn am Ende die geschändete und zu allem bereiten Schwester Cristina das blütenweiße Ordenskleid mit dem Blut ihrer Peiniger besudelt. Zu einem ultra-sleazigen Score zieht Regisseur Francesco Prosperi alle Register und zelebriert vor befremdlich schöner Kulisse einen unglaublich ranzigen Reißer, der dank schicker Optik niemals richtig schäbig und sogar bemerkenswert begabt daherkommt, dafür gleichzeitig überhaupt keine faulen Kompromisse eingeht. Da werden Frauen völlig grundlos mit einem Bügeleisen erschlagen oder zu Tode vergewaltigt; männliche Dominanz-Fantasien in ekelhaften Extremen ausgelebt. Das hat natürlich den Zweck, um am Ende den Rachefeldzug der bis dato extrem unschuldigen Klosterschülerinnen zu legitimieren und zu bejubeln, trotzdem ist das ohne Frage ziemlich grenzwertig.
Aber ganz ehrlich: Wer hier irgendwas anderes erwartet hat, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Und wenn man auf einen Streifen wie La settima donna vorbereitet ist, dann erwartet einen in der Tat eine ziemlich gelungene Variation verschiedener Genre-Auswüchse. Das ist grob, das ist knüppelhart, dennoch hat man nie ernsthaft das Gefühl, dass die Gewalt (der Männer) als „geil“ gefeiert werden soll. Sie soll abstoßend und schockierend sein, um sich am Ende nur umso mehr an ihrer Bestrafung zu ergötzen. Das ist mit Recht nicht unumstritten, aber gerade verglichen mit so manchen, modernen Rape & Revenge-Heulern in unreflektierter Hochglanzoptik UND eben einem sehr erotisch-sexualisierten Look (was ernsthaft bedenklich ist) ist das hier wiederum sehr vertretbar. Hart, aber vertretbar. Zudem mit einem furiosen Schlussspurt, dessen letzter Einstellung angeblich Quentin Tarantino bei Death Proof – Todsicher eine Referenz erwies. Die Ähnlichkeit ist auf jeden Fall kaum von der Hand zu weisen.