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Inhalt

Zach (Jannis Niewöhner) macht sich widerwillig auf in das Hochleistungs-Camp der Abschlussklasse. Im Gegensatz zu seinen Kommilitonen hat er kein Interesse daran, auf die renommierte Rowald Universität zu kommen. Obwohl sie ihn nicht versteht, ist die ehrgeizige Nadesh (Alicia von Rittberg) von dem Einzelgänger fasziniert und versucht, ihm näherzukommen. Zach wiederum interessiert sich mehr für das geheimnisvolle Mädchen Ewa (Emilia Schüle), das im Wald lebt und sich mit Diebstählen über Wasser hält. Als Zachs Tagebuch verschwindet und ein Mord geschieht, scheint der fragile Zusammenhalt der jugendlichen Elite an sich selbst zu zerbrechen. Nur der vermeintlich moralisch integre Lehrer (Fahri Yardim) versucht zu helfen, aber dafür ist es schon zu spät...

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

“Wenn kein Charakter mehr geduldet wird, sondern nur der Gehorsam, geht die Wahrheit und die Lüge kommt. Die Lüge, die Mutter aller Sünden.” - Ödon von Hováth

Was ist eine Jugend ohne Gott? Eine spannende Frage, die der Österreicher Ödon von Hováth bereits 1937 in seinem Roman mit eben diesem Titel nachging und das düstere Bild einer gesichtslosen Jugend zeichnete. Eine Jugend, die im Rahmen einer systematischen Gleichschaltung der Nazis deren faschistischer Gesinnung zum Opfer fiel. Damals konsequent erzählt durch die Augen eines zweifelnden und ehemals religiösen Lehrers, der sich im Angesicht des Verfalls der demokratischen Gesellschaft und der aufkeimenden Intoleranz und Gewalt die Frage stellt: Warum lässt ein Gott so etwas zu? Der Schweizer Regisseur Alain Gsponer (Das wahre Leben, Heidi) hat sich nun an der mittlerweile vierten Verfilmung des Romans versucht, welcher noch immer zum Leidwesen vieler Schüler im Deutschunterricht diskutiert und analysiert wird. Bewusst wollte Gsponer den schweren und gesellschaftskritischen Stoff nicht detailgetreu verfilmen, sondern wählte den Weg einer freien Adaption und nutzte damit die Gelegenheit die Geschichte in eine nicht allzu entferne Zukunft zu verlegen. Damit wurde auch der visuellen Stiel modernen Sehgewohnheiten einer eindeutig jüngeren Zielgruppe angepasst.

Alle religiösen Bezüge wurden ad acta gelegt, jedoch wurde der Kern der Geschichte beibehalten und zeichnet auch hier das Bild von egoistischen, gesichtslosen Jugendlichen, die dem System unterwürfig sind. Ging es im Buch noch darum, unbedarfte Gymnasiasten zu „rassebewussten Volksgenossen“ mit „stählernen Körpern“ zu formen,  denen Mitgefühl und Charakter aberzogen werden, geht es in der neuesten Verfilmung um aufstiegsbewusste Teenager, die in einem Assessment-Center in den Bergen durch einen harten Überlebenskampf in der Natur Punkte sammeln und sich damit  einen begehrten Platz in einer Elitehochschule erkämpfen können.  Die Kritik an Faschismus und Gleichschaltung weicht somit der (durchaus zeitgemäßen) Kritik an einer gehetzten, effizienzbewussten und digitalen Leistungsgesellschaft, präsentiert in einer dystopischen Zukunft. Eine Zweiklassengesellschaft von Leistungsgebern und geringwertigeren Leistungsempfängern, in der jeder Mensch anhand seiner Herkunft, seiner Gene wie auch seiner Leistung bewertet wird und dahingehend seinen Platz in der Gesellschaft zugewiesen bekommt.

Im Buch - um nochmals einen Vergleich zu ziehen - wurde als anarchischer Gegenpart zum Nazi-Trainingscamp das Bild einer Diebesbande gezeichnet, die mehrere Bauernhöfe überfällt um sich das Überleben zu sichern. Im Film ersetzt wurde diese durch die sogenannten „Illegalen“, die von der Gesellschaft abgehängt ein Dasein im Wald fristen. Im Buch hatten alle Schüler keine Namen, was deren Charakterlosigkeit nur unterstreichen sollte. Zudem wurden alle Vorkommnisse aus der Perspektive des zweifelnden Lehrers erzählt, der im Film nun zur Randfigur degradiert wird umso eine neue Identifikationsfigur zu schaffen, die es in der Vorlage so gar nicht gab. Diese Identifikationsfigur ist der eher schweigsame Zach (Jannis Niewöhner, 4 Könige), der eher wider Willen zu den Wettkämpfen geschickt wurde und sich gegen das System auflehnt. Nach dem Selbstmord seines Vaters zu unfreiwilligem Reichtum gekommen, wurde er zum Wettkampf geschickt, da sich die Führungsriege viel von ihm verspricht. Zach jedoch vertieft sich in seinen Gedanken und schreibt diese in einem altmodischen Tagebuch nieder, welches ausdrücklich von den Leitern des Camps geduldet wird.

Die kämpferische Nadesh (Alicia von Rittberg, Charité), die ihm als Partnerin zugewiesen wird und auch auf ihn angewiesen ist, provoziert Zach jedoch und es kommt mehrfach zu einem handfesten Streit, der in einem Elite-Wettkampf nicht ohne Konsequenzen bleiben kann. Dafür sorgen die gefühlskalte Lager-Psychologin (Anna Maria Mühe) und der betreuende Lehrer (Fahri Yardim), der die Schülern fordern, aber auch fördern will, allerdings auch eine sehr undurchsichtige Rolle spielt. Über die Konflikte freut sich der schwer reiche Titus (Jannik Schümann), der alles tut um Sieger des Wettkampfes zu werden, bei dem es für alle um das Überleben in einer unbarmherzigen Natur geht. Als Zach schließlich rebelliert und sich mit der „illegalen“  Ewa (Emilia Schüle) einlässt,  eskaliert die Situation.

Die Geschehnisse werden aus unterschiedlichen Perspektiven und dies auch noch anachronistisch erzählt. Ein durchaus gelungener Kniff, den die beiden Drehbuchautoren Alex Buresch und Matthias Pacht hier anwenden. Dies sorgt für eine gewisse unterschwellige Spannung und fordert den Zuschauer, jedoch bleibt auch wenig Zeit für die einzelnen Charaktere, die unterm Strich doch etwas zu holzschnittartig daher kommen. Bei näherer Betrachtung bedienen die Macher auch einige bekannte Klischees, die man so schon viele Male gesehen hat. Zach, der Rebell, der sich gegen das System auflehnt. Nadesh die alles für das System tut. Ewa, die Ausgestoßene, die im Wald leben muss. Zwischenmenschliche Beziehungen und Emotionen werden immer wieder angerissen und es gibt tatsächlich auch einige Momente die in Erinnerung bleiben. Aber um mit den geschundenen Jugendlichen mitfühlen und eine Verbindung aufbauen zu können, fehlt dem Film die Zeit. Dazu kommen einige Szenen, die so nicht ganz glaubwürdig sind. Da werden alle Jugendliche mit Drohnen und Kameras überwacht und alle bekommen Sender implantiert. Trotzdem gelingt es Zach immer wieder sich unbemerkt von der Gruppe zu lösen, ein Diebstahl sowie später ein Mordfall (der so auch in der Vorlage geschah) bleibt ohne Zeugen, trotz modernster Überwachungstechnik.

Jugend ohne Gott ist bewusst prominent besetzt. Jannis Niewöhner spielt sich zurecht in die obere Liga der Schauspielerriege und legt seine Rolle erneut sehr körperlich an. Auch von Alicia von Rittberg wird auch einiges zu hören sein, konnte sie doch zuletzt in Charité für größere Rollen empfehlen. Der aus den Schweiger-Tatorts bekannte Fahri Yardim ist eher eine Nebenfigur, der jedoch einige emotionale Momente für sich verbuchen kann. Auch alle anderen Charaktere sind gut besetzt, rein schauspielerisch gibt es somit nichts auszusetzen – hätte das Drehbuch ihnen doch noch etwas mehr Raum zur Entfaltung gelassen. Inszenatorisch ist Regisseur Gsponer ebenfalls nichts vorzuwerfen. Die Kulissen und Original-Schauplätze in den bayrischen Alpen und rund um Frankfurt sowie die Spezialeffekte und Kostüme sehen (bis auf Ewas Zottel-Look) wirklich weit teurer aus als die angegeben 1 Million Euro Produktionskosten. Gerade Kameramann Frank Lamm gelingen in ruhigen Kamerfahrten sehr atmosphärische Aufnahmen die zusammen mit der dezenten musikalischen Untermalung für eine unterschwellige Spannung sorgen.

Fazit

Die deutsche Romanverfilmung „Jugend ohne Gott“ punktet durch eine interessante Erzählweise, starke Darsteller und eine gelungene Optik. Darüber hinaus regt der Film aufgrund der Systemkritik und einiger emotionaler Höhepunkte durchaus zum Nachdenken an. Leider sorgen die vielen Perspektivenwechsel für etwas Verwirrung, dies auch auf Kosten der Spannung. Davon abgesehen hätte man den Charakteren gerne noch etwas Tiefgang verpassen können. So werden bekannte Klischees und vorhersehbare Situationen konstruiert, welche die Handlung gar nicht nötig gehabt hätte.

Kritik: André Schiemer

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