Establishing Shot: Einem müden Sperling gleich, lässt sich die Kamera von Gary B. Kibbe förmlich aus allen Wolken herabfallen. Unten, auf der Erde, dem Platz, der hier dem Himmelreich nicht ferner liegen könnte, erwartet den Zuschauer ein sprödes New Mexico, mit spröden Gestalten, die noch sprödere Manieren pflegen und permanent unter ungemeinen Zeitnöten leiden: Geht nämlich erst mal die Sonne unter, wird der trockene Landstrich mit dem Blut der Eingeborenen durchweicht. Man könnte beinahe schon glauben, John Carpenter würde uns zum ersten Mal mit einem reinrassigen Western beehren, stilistisch nämlich ist sein knurrender Hybrid „John Carpenters Vampire“ ganz dem Lieblingsgenre (neben der Science-Fiction, versteht sich) des Altmeisters zuneigt und setzt auf ordentliche Panoramaeinstellungen, die im Hintergrund immer einen romantischen Sonnenuntergang erahnen lassen, vor dem sich der Schemen eines einsamen Reiters zum letzten Gefecht auftut und entschiedenen Schrittes voranschreitet. Beinahe schon karikatureske Cowboys aber hat „John Carpenters Vampire“ auch zu bieten.
An vorderster Front ist hier ein ständig unter Strom stehender James Woods als Jack Crow zu sehen, dessen persönliche Determination es geworden ist, Vampire martialisch zurück in den Höllenschlund zu scheuchen. Dass die Mixtur aus Horror und Western mit Sicherheit kein Novum darstellt, muss hier nicht mehr im Detail ausgeführt werden (zuletzt hat übrigens auch „Gallowwalkers“ mit Wesley Snipes veranschaulicht, wie man diese Paarung NICHT angehen sollte), doch reizvoll bleibt sie dennoch, gerade weil das staubtrockene, komplett unwirtliche Setting doch ohnehin schon genügend Schrecken zu vermitteln weiß. Jack Crow und seine Vasallen pilgern also durch die Landen, um den Blutsaugern das Handwerk zu legen und sind dafür mit allerhand effektivem Equipment ausgestattet: Neben dem obligatorischen Kram wie Armbrüsten, Speeren und die handlichen Bleispritzen, ist an ihrem Geländevehikel eine Winde befestigt, die den markierten Untoten an einem Seil geradewegs in das zerstörerische Sonnenlicht zehrt, um ihn sodann unter grässlichem Geschrei in Flammen aufgehen zu lassen.
Blöd nur, dass Crow der mächtige Meister Valek (Thomas Ian Griffith) bei einer seiner galligen Säuberungsaktionen durch die Lappen geht. Und da hätten wir eigentlich auch schon die Grundlage des Filmes, bis auf die kleine Information, dass Jack Crow und sein Kumpane Montoya (Daniel Baldwin) die von Valek gebissene Prostituierte Katrina (Sheryl Lee) mit auf ihre Reise nehmen, um die telepathische Verbindung ausnutzen zu können, die sich alsbald zwischen dem omnipotenten Obervampir und seinem neusten Zögling auftun wird. Wenn es um „John Carpenters Vampire“ geht, wird in der Filmkritik vor allem ein Vorwurf vehement aufgekocht: Angeblich nämlich verfüge Carpenters zweifelsohne chauvinistischer Reißer über misogyne, ja, eigentlich schon misanthropische Tendenzen. Dazu muss gesagt werden, dass wir es vor allem bei James Woods' Charakter mit einem widerwärtigen Zyniker zu tun bekommen, dessen sich durch einen privaten Schicksalschlag traumatisiertes Inneres wie ein Schwamm mit Wut aufgeladen hat, dass es dieser Person schon gar nicht mehr möglich scheint, zivilisiert mit seinen Mitmenschen zu interagieren.
Eigentlich eine tragische Persönlichkeit, wäre John Carpenter nicht so darauf bedacht, James Woods als heftigen Bad Ass zu verkaufen, der wahrscheinlich sogar in der Stunde des Todes noch einen flapsigen One Liner über die Lippen rotzen würde. Aber ist „John Carpenters Vampire“ nun wirklich frauen- respektive menschenverachtend? In gewisser Hinsicht ist es nicht zu verleugnen, dass das Drehbuch von Don Jakoby über ein sehr antiquiertes Frauenbild verfügt und diese entweder als Monster (sprich: Vampire), als Prostituierte oder eben hilflose Lämmer inszeniert, die davor gerettet werden müssen, dem bösen Wolf in die Hände zu fallen. Da ist nicht viel von Emanzipation zu spüren, selbstverständlich, aber bedeutet das rückwirkend, dass „John Carpenters Vampire“ von einer grundsätzlichen Verachtung ausgeht, um das weibliche Geschlecht programmatisch zu denunzieren? Wohl eher nicht, vielleicht sind es einfach nur inhärente Genre-Klischees, die über Jahrzehnte gepflegt wurden und die diese Fronten geradezu verhärtet haben: Konservativ war Carpenter schließlich ohnehin schon immer veranlagt.
Man kann sich an diesem Aspekt festbeißen, da kommt es einem vermutlich auch gerade recht, dass Montoya der delirierenden Katrina in einer Szene eine zünftige Backpfeife verpasst. Allerdings, und das muss man immer im Hinterkopf behalten, ist der Antrieb, aus dem er sich zu dieser Handlung hinreißen lässt, ein greifbarer: Es ist die pure Verzweiflung, die sich da für wenige Sekunden entlädt. Die Probleme von „John Carpenters Vampire“ liegen an anderer Stelle begraben. Das Narrativ, so sehr es sich auch um zünftige Verweise und Referenzen bemüht, ist äußerst strauchelnd arrangiert und durch seine dem Reißbrett entsprungenen Figuren, eigentlich sind sie alle nur kläffende Karikaturen, kaum in der Lage, die zu Anfang vorgegebene Synthese aus Tempo und Atmosphäre aufrecht zu halten. Das Humoristische findet einzig in machistischen Dialogen statt, ist anstrengend forciert auf die „Coolness“-Attitüde, die die Anti-Helden unbedingt zu verwegenen Unikaten erklären soll, was letzten Endes eher mit mäßigem Erfolg zu verbuchen ist.