-„Wie fett war sie?“
-„So fett, dass ich sie in Mehl rollen musste um die feuchte Stelle zu finden.“
Mit dem Skript zu „Lethal Weapon – Zwei stahlharte Profis“ gelang Shane Black („Iron Man 3“) der große Durchbruch in Hollywood. Ein Megaerfolg, der auch für Produzent Joel Silver („Predator“) die Kasse klingeln ließ, ebenso wie der ein Jahr später erschienene „Stirb Langsam“. Zwei Werke, die zu Meilensteinen des Actionfilms wurden, ihn neu definierten und mehrere Nachfolger nach sich zogen. Warum also das Erfolgsrezept nicht einfach auch außerhalb der Reihen wiederverwerten? „Last Boy Scout“ ist wie ein Hybrid der prägenden Genrefilme seiner Zeit. Bruce Willis („Sin City“) in seiner Paraderolle als knitteriger Migräneschädel, einst ein Top-Mann beim Secret Service, der nun als gammeliger Privatschnüffler vor einem beruflichen und privaten Trümmerhaufen steht. Die Ehe ist – na logo – dahin, das Frauchen bumst den besten Freund, das Töchterlein hat jeglichen Respekt vorm Papa verloren und nach einem versoffenen Abend wacht man schon mal mit toten Nagetieren im Auto auf („Ich fürchte, ich habe ein Eichhörnchen geknallt und weiß es nicht mehr.“). Kurz gesagt: John McClane hat sich im Set geirrt und da man sich schlecht selbst vollfrotzeln kann, gibt es noch den passenden Partner wider Willen dazu (Damon Wayans, „Bulletproof – Kugelsicher“). Fertig ist die Laube, Feuer frei für Shane Black.
Die Story rund um einen Mordanschlag, Korruption und Glücksspiel im Profifootball spielt dabei nur die zweite Geige, hier wird nur eine Bühne für das erprobte Konzept benötigt. Willis und Wayans kloppen sich im Minutentakt zitierwürdige Dialoge und Oneliner um die Ohren, zwischendurch wird immer mal wieder jemand sehr drastisch und explizit über den Jordan geschickt. Sein Publikum – bevorzugt männlich, im Rudel und gerne mit einem Bier am Hals – kennt der Film und bedient deren Bedürfnisse für einen launigen Herrenabend aus vollen Zügen. „Last Boy Scout“ ist ein Musterbeispiel für ein hochwertig, professionell produziertes Buddy-Movie der frühen 90er Jahre, bei denen Experten an den entscheidenden Stellen schalten und walten. Bruce Willis ist natürlich ideal für die Rolle, Shane Black sorgt für die rasanten Wortgefechte und Tony Scott ("True Romance") lässt seine stylischen Bilder sprechen, hier noch nicht ganz so aalglatt und porentief rein wie in den späteren Jahren. Gerade im knackigen Opener (in der oft fürs TV verwendeten Stummelfassung radikal weggeschnitten) und dem wuchtigen Finale – jeweils ausgetragen in der Footballarena, die im prasselnden Regen und der exzellenten Beleuchtung einem wahren Schlachtfeld gleicht – fährt der Regisseur sein ganzes Können auf, was nun mal eindeutig in seiner makellosen Ästhetik liegt. Eigentlich eine sichere Sache und letztlich ist „Last Boy Scout“ das in den entscheidenden Punkten auch, dafür hat der zu viel Druck auf dem Kessel und ist zu kompetent in allen Belangen arrangiert.
Vor Kritikpunkten, sogar deutlichen, schützt das keinesfalls. In seinem Abfeiern wird mitunter heftig übertrieben, in mehreren Belangen. So treffsicher die markigen Sprüche oft sein mögen, wenn die beiden Helden nicht mal zwei normale Sätze miteinander sprechen können, ist das irgendwann schlicht zu viel des Guten. Ein sabbeliges Dauerfeuer wie bei Fips Asmussen, nur in cooler und nicht jugendfrei. Auf die Dauer nutzt sich das gewaltig ab und wirkt arg gezwungen. Im Testosteronrausch vergisst Shane Black scheinbar auch das Minimum an Zurückhaltung, manche Szenen schießen in ihrem Zynismus und zur Schau gestellten Gewaltverharmlosung klar über das Ziel hinaus. Nichts gegen einen ordentlichen Härtegrad in einem Actionfilm, ganz im Gegenteil. Nur wenn ein brutaler, schonungslos vorgetragener Gewaltakt durch einen direkt folgenden, locker-flockigen Spruch als lapidar hingestellt wird, obwohl die Bilder eine ganz andere Sprache sprechen, kann man das schon mal in den falschen Hals bekommen. Für einen Fun-Shooter, bei dem man das ruhig jederzeit bringen kann, ist der Film in seiner Darstellung von Brutalität zu skrupellos, realistisch, ernsthaft, um es durch eine flapsige Bemerkung im Anschluss zu relativieren. Das sind nur Momentaufnahmen, aber genau dann musst du dir das mal kurz verkneifen, dann wirkt das schon ganz anders. Mag man als kleinlich hinstellen, speziell bei dieser eindeutigen Publikumsfixierung, da dürfte das die Wenigsten stören. Einen dicken Strick soll dem Film daraus auch gar nicht gedreht werden, wirklich böse Absichten sind ihm kaum zu unterstellen, da wurde sich wohl einfach reingesteigert, man hat sich vom eigenen Fluss treiben lassen.
Unabhängig jeder Kritik: Heute kann man Filme wie „Last Boy Scout“ echt vermissen. In Zeiten, wenn Actionfilme entweder knallhart, bitter-ernst und befreit von jeglicher Ironie durchgeprügelt werden oder die unterhaltsame Sparte sich bewusst entschärft gibt, um ein breiteres Publikum abgreifen zu können. Hier schließt das eine das andere noch nicht aus. Auf Jugendfreigabe wird sich noch nicht geschert, das ist ein Film ganz gezielt für ein erwachsenes Publikum, was nicht zwingend heißen muss, dass er keinen Spaß machen soll. Dazu von fähigen Leuten gemacht, die sich mit der Materie auskennen, auch das ist heute ja schon lange nicht mehr selbstverständlich, selbst bei Großproduktionen. Erreicht nicht die Klasse der besten Teile der großen Vorbilder, was keine Schande ist, die Stiefkinder der Reihen steckt der locker in die Tasche und ist immer noch im Actionkino der 90er eine echte Hausnummer.