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Inhalt

Nach einem Autounfall leidet die italienische Ingenieursfrau Guiliana an extremen neurotischen Ängsten: Ihre Familie wird ihr fremd, sie fühlt sich von der industriellen Umwelt in ihrer Heimatstadt Ravenna bedroht und hat sogar apokalyptische Visionen. Nach einer kurzen Liason mit Zeller, einem Kollegen ihres Mannes, kehrt sie ins alltägliche Leben zurück, dessen Haltlosigkeit sie zu akzeptieren gelernt hat.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Der Einsatz von Farbe nimmt in der Welt des Films seit jeher eine besondere Position ein, etwas, das die Kunstform wie keine andere mit der Malerei verbindet. Das liegt einerseits natürlich in ihrer eigenen Geschichte begründet, in dem technischen Fortschritt vom schwarz-weiß- zum Farbfilm. Andererseits jedoch auch in der direkten, suggestiven und vorreflexiven Wirkung des Mediums, welche zu einem Großteil von der Bildebene und damit verbunden eben auch der Farbgebung diktiert wird. Während man in früheren Jahren also oftmals gar keine Wahl hatte, kehrt man mittlerweile freiwillig in diese Gefilde zurück. Was schwarz-weiß ist, wird als altmodisch empfunden und wenn ein Werk mit der eigenen Farbdramaturgie spielt, dann gilt es schnell als zu gewagt.  Anders in den 60er-Jahren, in denen gerade die europäischen Autorenfilmer bewusst mit dem Einsatz – oder eben Fehlen – von Farbe experimentiert haben. So auch Michelangelo Antonioni (Blow Up), der Die rote Wüste nicht zufällig als ersten Farbfilme seiner Filmografie inszeniert hat.

So nutzt der italienische Meister recht abgenutzte und ausgebleichte Farben, die jedoch immer wieder von absurd kräftigen, surreal anmutenden Akzenten dominiert werden. Dabei geht es ihm in erster Linie darum, die Entfremdung und Sinnlosigkeit in einer industriell geprägten Welt hervorzuhebenden, aber gleichzeitig eine gewisse Faszination in dieser Wahrnehmung zu finden. Präziser ausgedrückt handelt es sich bei der porträtierten Welt um die grauen Fabriken, massiven Silos, feurigen Öfen und rauchenden Schlote im Hafengebiet Ravennas und bei der dargestellten Gefühlswelt um die der sensiblen Giuliana (gewohnt grandios von Antonionis Muse Monica Vitti gespielt), welche zusehends die Haftung sowohl zu ihrer Familie als auch zu ihrer Umwelt verliert. In diesem Zustand der Lebensuntüchtigkeit verirrt sie sich immer stärker in Neurosen und beängstigenden Traumvorstellungen, die radikal und einschneidend in ihr Leben treten.

Damit konkretisiert Antonioni weiterhin sein Leitthema der menschlichen Entfremdung, welches sich schon konsequent durch seine vorausgegangene Trilogie gezogen hat (Die mit der Liebe spielen, Die Nacht und Liebe 1962). Woran soll der Mensch noch glauben, wenn alles um ihn herum zusehends jegliche Form und Kontur, allen Sinn verliert? Die rote Wüste liefert darauf keine Antwort, zumindest keine tröstliche. Denn letztlich bleibt nur die Akzeptanz jenes Zustandes, der sich emotionalen und sozialen Bindungen beinahe gänzlich verweigert und das Leben in ein lust- und liebloses Dasein verwandelt. Was bleibt ist der poetische Funke, jene traurige Schönheit, die Antonioni seinen Filmen nichtsdestotrotz stets abringen kann und sich auch in der ehrlichen Begeisterung seiner Stoffe wiederspiegelt.

Fazit

Auch bei seinem ersten Farbfilm bleibt sich Michelangelo Antonioni treu und nutzt die Möglichkeiten des Mediums gekonnt, um seine gewohnt tiefgreifende Reflektion über Einsamkeit und Entfremdung in aussagekräftige Bilder zu kleiden. "Die rote Wüste" behandelt menschliches Leben kurz vor dem totalen Stillstand, der unwiderruflichen Abkehr jeder Sinn- und Werthaftigkeit. Erschreckend niederschmetternd und dennoch so poetisch, dass oftmals nichts Anderes übrigbleibt, als mit offenem Mund zu staunen.

Kritik: Dominic Hochholzer

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