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Inhalt

Als Frau des Kopfs der Mailänder Modedynastie hat Emma alles. Sie ist reich und führt ein Leben ohne Sorgen. Doch wie sie bald feststellen muss, ist es auch ein Leben ohne Leidenschaft und wahre Liebe. Dieser erfährt sie nämlich erst, als sie den Koch Antonio kennenlernt und sich bald nicht nur von seinen kulinarischen Zaubereien verführen lässt.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Mit feierlichem Anlass und einer vielzählig an einem Tisch versammelten Großfamilie beginnt Luca Guadagninos (A Bigger Splash) I am Love. Im Beisein seiner engsten Verwandtschaft will das in die Jahre gekommene Oberhaupt der Recchis anlässlich seines Geburtstags seinen Rücktritt aus dem Textilgeschäft verkünden, um gleichzeitig den Nachfolger für das bislang über zwei Generationen hinweg geführte Unternehmen zu benennen, das in Mailand ein hohes Ansehen genießt. Mit am Tisch sitzt auch Emma, die vor vielen Jahren aus Russland in die stilvolle italienische Modemetropole kam, da sie Tancredi Recchi kennengelernt hat, der das Textilgeschäft seines Vaters sowie Gründer Edoardo Sr. nun weiterführen soll. So stilistisch eindrucksvoll der italienische Regisseur den Auftakt seines Films, der die Vorbereitungen des Dinners mit sorgfältiger Präzision wie eine Abfolge künstlerischer Prozesse schildert, auch inszeniert, können sie die vorherrschende Kälte, die immer wieder von den Szenen ausgeht, kaum überlagern. 

Im Fokus der Geschichte steht die von Hauptdarstellerin Tilda Swinton (Broken Flowers) famos gespielte Emma, die sich als Ehefrau von Tancredi sowie Mutter von drei mittlerweile erwachsenen Kindern mitten im Schoß der Recchi-Familie befindet. Die prachtvollen und mit zahlreichen Kunstobjekten ausgestatteten Räumlichkeiten, durch die sie sich bewegt, und die edlen Kleidungsstücke, die sie täglich am Leib trägt, sind dabei kaum noch mehr als hübsch arrangierte Staffage, die vom wahren Innenleben der Frau ablenken soll. In Wirklichkeit sehnt sich Emma, die später im Film enthüllt, dass sie ihren russischen Mädchennamen aus der Vergangenheit längst vergessen hat, nach jener Leidenschaft und Zärtlichkeit, die ihr in ihrem Leben in der italienischen Oberschicht scheinbar schon lange abhandengekommen ist. In seinem Film gibt sich Guadagnino über die recht schlicht gehaltene Handlung hinweg als Kämpfer für diese verlorene Leidenschaft, die er nach und nach wieder in den zwar ohnehin prachtvollen, aber oftmals von eisiger Gefühlskälte durchzogenen Impressionen durchblitzen lässt. 

Ein sichtlicher Ruck durchfährt Emma, als sie zum ersten Mal den begabten Koch Antonio erblickt, der ihren Sohn Edoardo kurz zuvor bei einem Ruderrennen bezwungen und somit den disziplinierten, kämpferischen Ruf der Recchis ins Wanken gebracht hat. Revanchieren will sich Antonio durch eine selbstgebackene Torte, mit der er bei der Geburtstagsfeier zu Beginn auftaucht. Das Gefühl, das Emma beim Kosten dieser Torte verspürt, greift der Regisseur später wieder auf, um es noch zu steigern. In einer hinreißenden Szene, in der Antonio der Frau Garnelen mit Ratatouille serviert, verwandelt sich der Ton in Emmas Umgebung beim Verzehr des köstlichen Gerichts plötzlich in ein dumpfes Hintergrundrauschen, während der Teller vor ihr in einem hellen Licht erstrahlt. In diesem Moment hat die alles durchdringende Leidenschaft endgültig Einzug in Guadagninos Film gehalten. 

Schon vorher war sie das hintergründige Kernthema von I am Love, wenn sie sich beispielsweise in einem gerahmten Foto von Emmas Tochter Elisabetta als Ausdruck einer neu entdeckten Passion für Photographie widerspiegelt, in einem kleinen Zettel in der Hülle einer CD, auf dem ebenfalls Elisabetta gesteht, dass sie sich in eine Frau verliebt hat, oder in den meist winzigen Gerichten von Antonio, der kulinarischen Genuss mit ansteckender Leidenschaft zelebriert. Irgendwo am Rande der eigentlichen Geschichte erzählt der Regisseur auch von Söhnen, die das Erbe ihrer Väter hinterfragen und sich mitunter gegen starre, vorherbestimmte Bahnen stemmen wollen. Von Antonio, der im Restaurant seines Vaters aushilft, obwohl er eigentlich sein eigenes Restaurant eröffnen will, und Edoardo Jr., der überraschend neben seinem Vater Tancredi zum Geschäftsführer des Textilimperiums gekürt wird und der stattdessen auch lieber gemeinsam mit Antonio ein Restaurant eröffnen möchte.

Nichtsdestotrotz werden diese Erzählstränge von Guadagnino nur beiläufig gestreift, während der Italiener seine Hauptdarstellerin verdientermaßen zum festen Mittelpunkt von I am Love erhebt. Im Zentrum spielt Swinton die im Luxus Gefangene, die erst wieder erblüht, nachdem sie sich in der Gegenwart von Antonio all ihrer Kleider, dem Kostüm des schönen Scheins, entledigt, und der Regisseur die nackten Körper der zwei sich Liebenden in fiebrig aufgeladenen Fragmenten abtastet. Wie die meisten großen Liebesgeschichten kommt auch I am Love nicht ohne die dazugehörige Tragik aus, mit der die Protagonistin spät im Film unweigerlich konfrontiert wird. Guadagnino aber inszeniert bis zuletzt gegen jeglichen Schmerz und Verlust an, um bis tief in den Abspann hinein bei Emma zu verweilen, die erst zwischen sexuellem Erwachen und leidenschaftlicher Selbstbestimmung wieder zu dem russischen Mädchen finden kann, das vor Jahren verlorengegangen ist.

Fazit

In seinem erzählerisch schlicht reduzierten, aber wunderbar sinnlichen Film „I am Love“ beschwört Luca Guadagnino in der Mitte einer italienischen, der Oberschicht angehörenden Familiendynastie jene große Leidenschaft herauf, nach der sich die längst von sich selbst entfremdete, in gefühlskalter Starre gefangene Hauptfigur schon so lange sehnt. Trotz der am Rande behandelten Erzählstränge, die der Regisseur immer wieder sanft fallen lässt, ist „I am Love“ allem voran ein kunstvoll inszenierter Kampf für die unbändige Kraft der überbordenden, alles durchdringenden Gefühle, den Guadagnino mit angemessenem Stilbewusstsein austrägt, um am Ende siegen zu können.

Kritik: Patrick Reinbott

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