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In einer Zeit der Stagnation hielt Fellini der römischen Schickeria den Spiegel vors Gesicht. Mit beißendem Witz porträtiert dieser epochale Film die sinnentleerte Dekadenz der High Society. Bei seiner Erstaufführung löste der Filmklassiker einen Skandal aus.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Attraktive Frauen, knallende Sektkorken, köstliche Gerichte und eine zur lauten Musik tanzende Meute sind für Marcello regelmäßig in greifbarer Nähe. Keiner Verlockung geht er dabei aus dem Weg, denn das wilde Treiben in Rom, die Stars, der Glamour und der unentwegt zelebrierte Wohlstand dienen dem Boulevard-Journalisten als Grundlage für seine Artikel, mit denen er übertriebene Inhalte für die stumpfe Masse kreiert. 

Federico Fellini (Liebe in der Stadt) inszeniert seinen Protagonisten aus Das süße Leben von Anfang an als Teil dieser konsumgierigen, voyeuristischen, feierwütigen Gesellschaft. Marcello bewegt sich nicht nur beruflich in Kreisen, in denen verschwenderische Maßlosigkeit großgeschrieben wird und jede Party bis in die frühen Morgenstunden andauert, sondern spielt die Regeln scheinbar nur allzu gerne mit und lässt sich von einem aufsehenerregenden Ereignis zum nächsten treiben. In der ersten Hälfte wirkt Fellinis Film dadurch wie ein glorifizierendes Porträt der damaligen Schickeria Roms, in dem die Hauptfigur das Publikum wie ein bestens vernetzter Reiseführer dazu einlädt, ihn an die spektakulärsten Schauplätze zu begleiten. Mit fortschreitender Laufzeit beginnt der Regisseur allerdings, Marcellos Maske immer stärker bröckeln zu lassen. 

Was dahinter zum Vorschein kommt, entpuppt sich als bittere, deprimierende Abrechnung mit einem dekadenten Lebensstil, der den Protagonisten längst ausgehöhlt und mit einer großen inneren Leere gestraft hat, der dieser kaum noch zu entkommen vermag. Das süße Leben erzählt daher vorrangig davon, wie es ist, alles zu haben, wenn doch nichts davon von Bedeutung ist. Fellini zeigt Marcello in erster Linie als einen Suchenden, der sich nach Frauen und Liebe sehnt, während seine Verlobte in einer frühen Szene des Films einen Selbstmordversuch unternimmt, da sie ihren Geliebten nur noch als distanzierten Fremden wahrnimmt. Der eine alternative Karriere als Schriftsteller anstrebt, obwohl er für sein geplantes Buch kaum ein Wort zu Papier bringt, während seine reißerischen Boulevard-Artikel von einigen seiner sogenannten Freunde höhnisch verspottet werden. Und der einem seiner richtigen Freunde irgendwann reumütig eingesteht, dass er nichts anderes will, als seinem jetzigen Leben aus starr koordinierten, redundanten Abläufen zu entkommen. 

Auch wenn Fellinis Film in seiner losen, episodenhaften Struktur selbst ab einem gewissen Punkt droht, ebenfalls in oberflächlicher Redundanz zu verglühen, gelingt es dem Regisseur, das Gefühl von Überdruss und Exzess fortwährend umzukehren. So fängt Das süße Leben zwischen all dem lauten Getöse der Musik und den sinnlosen Konversationen, die irgendwann nur noch wie dumpfes Hintergrundrauschen am Zuschauer vorbeischwirren, auf bedrückende Weise das Gefühl ein, auf einer Party zu sein, während um einen herum plötzlich die Musik verstummt, die Lichter angehen und kein anderer Mensch mehr zu sehen ist. Wenn das letzte Champagnerglas geleert ist, die Reste auf den Tellern verkommen und in zuvor gut gelaunten, aufgekratzten Gesichtern nur noch zerknitterte Resignation zu erkennen ist. 

Fellini findet für diese gegensätzlichen Zustände, das Hochgefühl der schönsten Seiten des Lebens und den niederschmetternden Morgen danach, einige brillante Einzelszenen, in denen er beide Stimmungen miteinander verschmelzen lässt. In einer ikonischen Szene, die Filmgeschichte schrieb, folgt Hauptdarsteller Marcello Mastroianni (Die Nacht) der bildschönen Anita Ekberg (Krieg und Frieden) in einen Brunnen. Hier verstummt das Rauschen des Wasserfalls und scheint die ganze Welt für einen kurzen Moment stillzustehen, nachdem die Schauspielerin den Journalisten darauf hinweist, einfach nur zuzuhören. Zuhören wollen auch die Gäste auf einer Party von Marcellos Freund Steiner. Fasziniert lauschen sie seinen Aufnahmen von Gewitter und Vogelgezwitscher. Phänomene der Natur, denen sie im wirklichen Leben außerhalb ihrer gesellschaftlichen Rituale längst kein Gehör mehr schenken. 

Ebenso ernüchternd ist auch das Treffen zwischen Marcello und seinem Vater. Während die beiden über Stunden Zeit miteinander verbringen und ein gutes, inniges Verhältnis andeuten, offenbart Marcello einem Freund später, dass sein Vater früher oftmals auf Reisen war und er eigentlich gar nicht wisse, was dieser für ein Mensch sei. Wie in einem goldenen Käfig, aus dessen Gitterstäben sich der Protagonist nicht einmal nach tragischen Schicksalsschlägen befreien kann, beschließt der Regisseur sein Werk am Ende mit einem gleichermaßen ambivalenten wie ernüchternden Schlussmoment, an dem das Rauschen, das Marcellos Sicht der Dinge zuvor schon mehrfach trübte, noch ein letztes Mal alles übertönt, was diesmal vielleicht wirklich von Bedeutung sein könnte.

Fazit

Federico Fellinis „Das süße Leben“ ist ein zeitloser Klassiker, dessen zentrale Themen und Motive die Jahrzehnte überdauern und existenzielle Gefühle ansprechen, mit denen sich jeder Mensch identifizieren kann. Das Porträt einer maßlosen, feierwütigen Schickeria des Roms der 50er Jahre entwickelt sich nach und nach zu einem bitteren Blick hinter die Kulissen, wo sich tiefschürfende Leere, abgestumpfte Oberflächlichkeit und zerplatzte Lebensträume neben glamourösen Partys, gutaussehenden Menschen und belanglosen Gesprächen offenbaren. Ein Meisterwerk.

Kritik: Patrick Reinbott

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