Inhalt
Wegen dichten Nebels schließt der Londoner Flughafen. Die Passagiere des Fluges nach New York werden nach langer Wartezeit im Hotel International untergebracht.
Kritik
Am Londoner Flughafen Heathrow treffen sich Tag für Tag neben den üblichen Bretterklasse-Passagieren natürlich auch immer eine erlesene Auswahl von ganz besonders wichtigen Menschen, die in der VIP-Lounge auf ihren Abflug warten. An diesem Tag begrüßt der Manager höchstpersönlich den millionenschweren Industriellen Paul Andros (Richard Burton, Agenten sterben einsam), der eigentlich nur seine Gattin Frances (Elizabeth Taylor, Die Katze auf dem heißen Blechdach) zum Flieger begleiten will. Was er nicht ahnt: Sie will mit dem Playboy Marc (Louis Jourdan, Gigi) nach New York durchbrennen. Außerdem ist der australische Unternehmer Les Mangrum (Rod Taylor, Die Vögel) mitsamt seiner Assistentin Miss Mead (Maggie Smith, Tod auf dem Nil) zugegen. Dieser steht kurz vor einem großen Deal, muss um diesen in letzter Minute zu sichern jedoch einen ungedeckten Scheck ausstellen, was ihm wahrscheinlich das Genick brechen wird, sollte nicht ein Wunder geschehen.
Ebenfalls vor dem Abflug aus dem Königreich steht Filmregisseur Max Buda (Orson Welles, Citizen Kane) samt des aufkeimenden Starletts Gloria Gritti (Elsa Martinelli, Der Prozess). Er hat es besonders eilig, denn wenn er nicht bis Mitternacht aus dem Land verschwindet, droht dem notorischen Steuerflüchtling eine fette Nachzahlung. Zu guter Letzt wäre da noch die betagte Duchess of Brighton (Margaret Rutherford, 16 Uhr 50 ab Paddington), die auf ihre alten Tage in Florida eine Stelle als Hotelmanagerin antreten muss, um die kostspielige Instandhaltung ihres Landsitzes zu gewährleisten. Wegen dichten Nebels kann jedoch keine Maschine abheben und so werden die prominenten Passagiere über Nacht im Hotel International einquartiert. In diesen wenigen Stunden wird noch mal gehörig am Schicksalsrad gedreht und als es dann endlich am nächsten Morgen zum ersehnten Abflug kommen kann, sieht es für alle Beteiligten plötzlich ganz anders aus als noch am Vorabend.
Der vorletzte Spielfilm von Routinier Anthony Asquith (Der Roman eines Blumenmädchens) glänzt mit einer hohen Stardichte, bewegt sich als episodenhaft erzählter Ensemblefilm aber inhaltlich mehr an einer Folge Love Boat, Das Traumschiff oder Fantasy Island. Verschiedene Menschen verbringen mit ihren persönlichen Problemen und Sorgen im Gepäck eine kurze, aber ereignisreiche Zeit auf engem Raum und finden am Ende durch einen Wink des Schicksals doch noch den rettenden Strohhalm. Dabei stehen die Geschichten um das zerbrechende Ehepaar Andros und den von der Pleite bedrohten Mangrum samt seiner heimlich in ihn verliebten Angestellten deutlich im Vordergrund. Orson Welles und Margaret Rutherford erfüllen mit ihren Nebenplots lediglich den Unterhaltungsfaktor und bringen etwas Witz in die ganze Angelegenheit, was ihnen dafür ganz vortrefflich gelingt. Rutherford wurde für ihre sehr begrenzte Screentime sogar u.a. mit dem Golden Globe und dem Oscar ausgezeichnet.
Darstellerisch ist hier rein gar nichts zu bemängeln, da trumpft Hotel International groß auf. Speziell das Gespann Burton & Taylor war zum damaligen Zeitpunkt – nach Cleopatra – heiß wie Frittenfett und bringt in seinen gemeinsamen Szenen echte Klasse in einen Plot, der sich von seiner Dramaturgie immer irgendwo an der Kante zur Seifenoper bewegt. Ein Stückweit spielen sie sich eben selbst bzw. greifen ihrer oftmals toxischen Reallife-Beziehung fast prophetisch vorweg, was die immense Energie dieser Momente wohl erklärt. So gelingt es definitiv einen kurzweiligen Unterhaltungswert zu generieren und dank seines spielfreudigen Ensembles eine gewisse Qualität breitschultrig zur Schau zu stellen, nur wirklich hängen bleibt davon unterm Strich nicht viel. Beinah scheint es dem Film sogar bewusst zu sein: Am Ende, wenn sich alle Konflikte in seichten Wohlgefallen aufgelöst haben, begrüßt der gestresste Flughafenmanager die nächste Fuhre Promis und uns wird praktisch unmissverständlich aufgezeigt, dass wir hier genauso gut einem leicht konsumierbaren Serienformat beiwohnen könnten. Another Day in the Office – dafür sind die Voraussetzungen eigentlich viel zu gut.
Fazit
Die hervorragenden Darsteller tragen den kurzweiligen, aber sehr schlicht gestrickten Plot mühelos von Anfang bis Ende und sorgen für so manch sehenswerten Moment. Mehr als das ist „Hotel International“ ganz ehrlich betrachtet jedoch keinesfalls. Man mag und kann ihm deswegen auch nicht ernsthaft böse sein, denn einen Gewissen Zweck erfüllt er damit. Ob das dem eigenen Anspruch gerecht wird, kann nur gemutmaßt, aber wenigstens leicht angezweifelt werden.
Autor: Jacko Kunze