Inhalt
Der amerikanische Schmuggler Van Stratten und seine Freundin Mily werden in Neapel Zeuge eines Mordes. Das sterbende Opfer nennt Mily mit letzter Kraft zwei Namen mit dem Hinweis, dass dort das große Geld zu holen ist. Einer der Namen ist der des zwielichtigen und exzentrischen Millionärs Arkadin. Beide versuchen unabhängig voneinander zu ihm vorzudringen. Van Stratten wird in diesem Zuge sogar von Arkadin engagiert. Dieser leidet nämlich an einer Amnesie und hat keine Ahnung, wie er damals zu seinem Reichtum kam. Van Stratten forscht nach, doch jeder Zeitzeuge den er ausfindig machen kann, wird kurz darauf ermordet…
Kritik
Die Karriere von Orson Welles ist im Prinzip ein einziges „Was wäre wenn…“. Wenn er immer freie Hand gehabt und seine Visionen so hätte umsetzen können wie es ihm vorschwebte. Im Schatten des früh geschaffenen Denkmals Citizen Kane war sein Werdegang als Filmemacher danach geprägt von Rückschlägen, Enttäuschungen und faulen Kompromissen. Fast keines seiner Projekte konnte er so realisieren wie er es sich vorgestellt hatte und wenn sahen sie sich harscher Kritik und kommerziellem Misserfolg ausgesetzt. Da macht auch Herr Satan persönlich keine Ausnahme. Den Final Cut durfte er nicht selbst ausführen, was in einem hektischen Sammelsurium von insgesamt acht Schnittfassungen seitens des Studios mündete. Keine davon hatte den Segen von Welles und er zeigte sich im Nachhinein schwer enttäuscht von dem Resultat. Und genau so wirkt dieser Film (in welcher vorliegenden Version auch immer): Wie ein hochambitioniertes Herzensprojekt, das in der falschen Obhut missinterpretiert zusammengebastelt wurde.
Natürlich lief auch schon bei der eigentlich Produktion nicht alles rund und Orson Welles muss sich hier und da klar an die eigene Nase fassen, nur wird man schlussendlich nie wissen, wie der Film in seiner Interpretation gewirkt hätte. Denn grundsätzlich stimmt hier einiges. Auf jeden Fall ist es ein unverkennbarer Welles-Film. Dass die mysteriösen, Plot-anstoßenden letzten Worte eines im Sterben Liegenden und die in Rückblenden schwelende Erzählweise unweigerlich an seinen größten Erfolg erinnern ist dabei nicht mal das Hauptmerkmal. Es ist dieser Versuch, einen Shakespeare mit den progressiven Mitteln hochästhetisierten Genre-Kinos auf der Rasierklinge zum Pulp zu erzählen. Das hat damals so niemand gewagt und ist aus der Distanz beinah noch spannender zu betrachten und analysieren. Das mag an manchen Stellen gar übergeschnappt, realitätsfern oder wenigstens arrogant wirken. Wenn Welles sich selbst in der Rolle des Larger-Than-Life Antagonisten Arkadin eben genau so in wirklich jeder Szene präsentiert. Konsequent in einem Kamerawinkel, dass man an seiner eh massigen Statur hinaufschaut. Er wirkt wie ein Koloss, wie ein Fels an dem man nur zerschellen kann. Aber in dem wohl angepeilten Rahmen ergibt es sogar Sinn. Er ist sowas wie der noch lebendige Citizen Kane, der selbst einen Lakaien beauftragt, die eigene Vergangenheit zu durchstöbern.
Die Inszenierung von Welles wirkt manchmal gar zu pompös für eine Geschichte, die oftmals wie von der Tarantel gestochen rastlos durchs Dorf getrieben wird. Dem Film Noir sollte hier nochmal die ganz große Bühne geboten werden, dafür fehlt es aber an Sorgfalt und Grundstimmung. Das Geschehen ist viel zu hektisch, damit aber immerhin niemals langatmig. Das hier dargebotene Allerlei macht einiges richtig und im Umkehrschluss wiederum anderes nicht, besonders um den wohl selbst gesteckten Zielen gerecht zu werden. Das kann vermutlich zu einem nicht geringen Anteil dem planlosen Schnitt-Bebens seitens des Studios zugeordnet werden, am Ende des Tages fällt es aber Orson Welles persönlich auf die Füsse. Der so kaum verteidigen kann, was er sich vielleicht hinter diversen Unstimmigkeiten eigentlich gedacht hatte. Wirklich tragisch, dass ihm dies bei dem drei Jahre später folgenden Im Zeichen des Bösen (zunächst) erneut passierte und der letzte echte Film Noir beinah völlig verunstaltet wurde. Gott sei Dank wurde dieses Meisterwerk irgendwann im Welles-Cut seines Status gerecht. Herr Satan persönlich kann das - in dieser Form – (noch?) nicht von sich behaupten und wird vermutlich auch nie dahin kommen. Er ist so bemüht wie mitunter leicht sonderbar in der Umsetzung, aber gerade das macht auch seinen Reiz aus.
Fazit
„Herr Satan persönlich“ besitzt unverkennbar die Handschrift von Orson Welles, der aber auch durch äußere Umstände den hoch gesetzten Anspruch nicht erfüllen kann. In seinen zahlreichen, spannenden Ansätzen ist er aber allein schon sehenswert. Leicht verkorkste Filmkunst, die den auch dann noch steinigen Weg zum fantastischen „Im Zeichen des Bösen“ erst ermöglichte. Zumindest hatte sich Welles da schon so ein dickes Fell zugelegt, um den nicht kampflos aufzugeben.
Autor: Jacko Kunze