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Eben noch auf der Schwelle zwischen Leben und Tod, im nächsten Moment als kybernetisch aufgemotzte Kampfmaschine auf der Suche nach der eigenen Identität und den Entführern seiner Frau Estelle: Für Henry kommt es im futuristischen Moskau hammerhart. Lediglich unterstützt durch den schrägen Jimmy, muss er es nicht nur mit Heerscharen namenloser Söldner aufnehmen, sondern auch deren psychopathischen Boss Akan in die Schranken weisen, der eine Armee biotechnisch aufgerüsteter Soldaten produzieren will. Getreu dem Motto "Blut schlucken und schlucken lassen" bleibt Stehaufmännchen Henry nichts anderes übrig, als bis zum finalen "Game Over" auch den letzten der "Scheißkerle" endgültig plattzumachen.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Mit der erneuten Einführung der 3D-Technologie, die seit James Camerons (Titanic) Avatar - Aufbruch nach Pandora wieder großflächig Einzug nahm in die Lichtspielhäuser, hat sich die Filmindustrie gewissermaßen ins eigene Fleisch geschnitten. Ein unvergleichliches Mittendrin-Gefühl sollte dieses Erlebnis den Zuschauern bescheren, doch stattdessen führte das Vorhaben in erster Linie zu überteuerten Eintrittspreisen, scheußlichen Doppelkonturen, deutlich bemerkbaren Unschärfen, ein um ungefähr 30% dunkleres Bild sowie ein genervtes Publikum, das teilweise heftige Kopfschmerzen zu beklagen hat. Hin und wieder gibt es sie allerdings immer noch, die ungewöhnlichen Filmerfahrungen, denen es tatsächlich gelingt, dem Medium Film noch stilistische Innovationen abzuringen. 

Ilya Naishuller lautet der Name des russischstämmigen Regisseurs, der bislang mit ungewöhnlichen Musikvideos für Aufmerksamkeit sorgte und nun mit Hardcore sein Spielfilmdebüt abliefert, welches exakt die immersive, mitreißende und oftmals schwindelerregende Tour de Force hinlegt, die man sich von 3D-Filmen meist erhofft. Der Film besticht allem voran durch die unkonventionelle Machart, die haargenau der Ästhetik sowie Mechanik von Ego-Shootern auf dem PC oder der Konsole nachempfunden ist. Hardcore wurde vollständig mit GoPros in der First-Person-Perspektive gedreht, wofür zahlreiche Stuntleute zum Einsatz kamen, die entweder in die Rolle der Hauptfigur oder der unzähligen Gegner schlüpfen. Bei der praktisch kaum vorhandenen Geschichte präsentiert sich der Film ebenso reduziert und aufs Wesentliche bedacht wie ein gewöhnliches Videospiel, in dem es um nichts anderes geht, als von einem Punkt zum nächsten zu gelangen und dabei alles aus dem Weg zu räumen, was sich einem entgegenstellt. 

Das Resultat ist ebenso konsequent wie erbarmungslos. Hardcore ist ein typischer Film der Marke "Ist er zu stark, bist du zu schwach" und wer schon bei der Sichtung des Trailers Anzeichen von Unwohlsein und Orientierungslosigkeit verspürt, sollte einen großen Bogen um den Film machen. Naishuller brennt nach einem kurzen Einstieg ein gnadenloses, bisweilen extrem brutales Action-Feuerwerk ab, in dem sich Protagonist Henry, halb Mensch, halb Maschine, ohne Rücksicht auf Verluste und mit eiskalter Emotionslosigkeit ohne störende Unterbrechungen durch Feindeshorden metzelt, Schädel zertrümmert, Messer in Körper rammt, Köpfe zerschießt, Knochen bricht oder einfach direkt ganze Brustkörbe aufreißt. Um seinem pausenlosen Inferno die passende Dynamik zu verleihen und allzu stumpfe Monotonie zu umschiffen, hat der Regisseur dabei einige Tricks und Kniffe in seinen Film eingebracht. 

So imitiert der Handlungsverlauf abwechslungsreiche Spielmodi gängiger Ego-Shooter, indem sich Henry beispielsweise in bester Stealth-Manier durch einen Gebäudekomplex schleicht und möglichst lautlos agieren muss, während er sich in einer anderen Szene durch einen stilvoll gestalteten Nachtclub kämpft oder im final eskalierenden Survival-Modus eine unüberschaubare Vielzahl an Widersachern mehr oder weniger atemlos zu Boden ringt. Mit hämmernden Electro-Beats, atmosphärischen Synthie-Klängen oder eingängigen Pop-Songs sorgt Naishuller dafür, dass der treibende Fluss selten zum Stillstand kommt, während er mit spektakulär durchgeführten Stunt-Choreographien in schwindelerregenden Höhen oder an heiklen Plätzen schweißtreibende Kinetik erzeugt. Wenn Henry durch die Gegend sprintet, vor Gegnern in Deckung springt, sich um die eigene Achse dreht und wahllos in die feindliche Meute feuert, fordert Hardcore allerhöchste Konzentration vom geforderten Betrachter, dem hier an vielen Stellen sicherlich der Kopf schwirrt oder sich der Magen umdreht. 

Wer seinen Film solch einem extremen Konzept unterordnet, muss selbstverständlich in einigen anderen Bereichen Abstriche machen. Die Dialoge in Hardcore sind kaum der Rede wert und erinnern aufgrund von einigen platten Macho-Sprüchen und pubertären Witzchen an üble C-Movies, während ein emotionaler Zugang aufgrund des stummen, gesichtslosen Protagonisten ebenfalls nicht möglich ist. Der einzige, der hier so etwas wie schauspielerische Vielfalt zeigen darf, ist Sharlto Copley (Elysium), der eine ganze Armada von irrwitzigen Klonen verkörpert und ständig als neue, überwiegend schräge Variation seiner selbst auftritt. Ein Kuriosum ist außerdem Antagonist Akan, welcher von Danila Kozlovsky (Vampire Academy) mit einer Mischung aus Albert Wesker aus den Resident Evil-Filmen und der jüngsten Lex Luthor–Interpretation von Jesse Eisenberg (Zombieland) aus Batman v Superman: Dawn of Justice angelegt wird. Ansonsten lockert Naishuller seinen knüppelharten, bierernsten Film an manchen Stellen mit visueller Komik auf, die wiederum einen sehr zynischen und bösen Tonfall aufweist und nur hartgesottene Fans schwarzhumoriger Ausbrüche zum Lachen bringen wird.

Fazit

Bei Hardcore werden die Reaktionen wahrscheinlich nur extrem negativ oder extrem positiv ausfallen. Zu eigenwillig, (über)fordernd und extrem ist dieser rücksichtslose, sehr brutale und schwindelerregende First-Person-Shooter in filmischer Form, der spektakuläre Stunt-Arbeit, brachiale Splatter-Einlagen und wüste Shootouts sowie zynische Komik ebenso in sich vereint wie eine praktisch nicht vorhandene Geschichte, platte Dialoge oder einen fehlenden emotionalen Zugang. Wer offen ist für wagemutige Innovationen im Action-Genre, sollte sich diesem atemlosen Schleudertrauma stellen, alle anderen bleiben lieber schon nach der Sichtung des Trailers fern. Der Titel ist hier definitiv Programm. 

Kritik: Patrick Reinbott

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