Inhalt
20 Jahre sind vergangen, seit Laurie Strode (Jamie Lee Curtis) ihrem mordenden Bruder Michael Myers in der Halloween-Nacht entkommen konnte. Sie hat einen neuen Namen und ein neues Leben. Lauries Kollege und Geliebter (Adam Arkin) weiß nichts von ihrer Vergangenheit. Als die Halloween-Nacht wieder naht, wird Laurie von bösen Vorahnungen geplagt. Und mit Halloween kommt Michael wieder zurück, um sein blutiges Werk zu beenden. Es kommt zum Kampf auf Leben und Tod.
Kritik
Totgesagte leben länger, besonders wenn sie Freddy Krueger, Jason Vorhees oder eben Michael Myers heißen. Mit dem sechsten Teil der Reihe – Der Fluch des Michael Myers – schien die Halloween-Serie endgültig an ihrem (unrühmlichen) Ende angelangt. Nicht nur wegen des Todes von Darsteller Donald Pleasence (Phenomena), von Beginn an als hartnäckiger Widersacher Dr. Loomis mit an Bord, der kurz nach Ende der Dreharbeiten verstarb. Durch den unsäglichen Hokuspokus, der der Figur Michael Myers im ursprünglichen finalen Teil angedichtet wurde, entfernte man sich erheblich vom eigentlichen Geist der Serie, die Nummer war endgültig durch. Das berühmte Ende mit Schrecken, dachte man. Pünktlich zum zwanzigjährigen Jubiläum kam die Rolle rückwärts, Michael war wieder da und die Macher beschritten vom Ansatz den einzig richtigen Weg.
H20 erlaubt sich den Luxus, alle Filme nach dem zweiten völlig zu ignorieren, eigentlich als niemals existent zu verleugnen und baut seine Story einzig und allein auf der Basis der ersten beiden Teile auf. Kein Sterbenswort davon, dass es nach den Vorfällen um Laurie Strode in der Halloween-Nacht von 1978 noch dutzende andere Morde gab, Myers schien wirklich seit 20 Jahren von der Bildfläche verschwunden zu sein. Eine interessante, sicher gewagte, allerdings aufgrund des hanebüchenen letzten Teils eine vollkommen richtige Entscheidung. Im echten Leben lassen sich Fehler der Vergangenheit selten rückgängig machen, im Film durchaus, also warum nicht? Möglich macht das Jamie Lee Curtis (Ein Fisch namens Wanda), die nach 17 Jahren wieder zu dem Franchise zurückkehrt, dass sie damals berühmt machte und den Beinamen Scream-Queen einbrachte. Als Laurie Strode, die sich nun Keri Tate nennt, hat sie an den Erlebnissen der damaligen Nacht noch hart zu knabbern. Sie versucht so gut es geht am täglichen Leben teilzuhaben, kann die Maskerade für Außenstehende halbwegs aufrecht erhalten, ist innerlich jedoch eine gebrochene Frau, die ohne Wein und Medikamente kaum den Tag überstehen würde. Michael Myers hat sie damals nicht getötet, aber ihr Leben zerstört. Es wird seitdem von ihm und der panischen Angst vor seiner Rückkehr dominiert, sein Antlitz verfolgt sie Tag für Tag, nicht nur in ihren Träumen.
Curtis nach so langer Zeit wieder in dieser Rolle zu sehen ist für Fans tatsächlich so was wie ein Klassentreffen und ihre Leistung aller Ehren wert. Während man anderen Darsteller(inne)n bei solchen Back-to-the-Roots-Veranstaltungen eher mal unterstellen muss, dads Karrieretief und leere Bankkonten die Unterschrift unter den Vertrag setzten, scheint sie wirklich Lust auf diesen Film zu haben. Sie ist als verstörtes Nervenbündel ebenso überzeugend wie als taffe Löwenmutter, wenn sie um ihr eigen Fleisch und Blut zu beschützen sich endgültig ihrer Nemesis stellen muss. Traumatherapie mit dem Küchenmesser, nach alter Familientradition. Das direkte Aufeinandertreffen der Geschwister stellt zweifelsohne das Highlight des siebten Halloween-Films dar, der sonst leider eher enttäuscht als befriedigt. Dabei hat er relativ gute Voraussetzungen wie Ansätze und mit Steve Miner (Lake Placid, Warlock - Satans Sohn) einen fähigen, Genre-erfahrenen Regisseur, an dessen grundsolider Inszenierung es auch wenig zu bemängeln gibt. Insgesamt orientiert sich der Film stilistisch deutlicher an dem grandiosen Original von John Carpenter als praktisch alle anderen Nachfolger, mit Ausnahme vielleicht des direkt anschließenden zweiten Teils, ohne dabei jemals dessen Klasse zu erreichen. Die Eröffnungssequenz – in der übrigens dem jungen Joseph Gordon-Levitt (Looper) eine recht einschneidende Erfahrung zuteil wird – zählt klar zu den gelungensten Momenten, danach verschwindet Michael zu lange von der Bildfläche.
Zwar war dies bei Carpenter auch nicht anders, auch dort war Myers lange nur eine fast unsichtbare Bedrohung, die im Dunkeln oder hinter einer Hecke lauerte, die unheilvolle Grundspannung kommt dabei nur nicht auf. Interessanter wäre es wohl gewesen, die Paranoia von Laurie geschickter auszuspielen, dem Zuschauer zu suggerieren, dass ihr vielleicht wirklich nur die gestörte Psyche einen bösen Streich spielt. Durch den Auftakt und die unbestreitbare Existenz von Myers funktioniert das selbstverständlich nicht und schürt eher die Ungeduld, wann es denn endlich losgeht. Problematisch ist in der Hinsicht besonders die knappe Laufzeit von gerade mal 80 Minuten. Wenn Michael letztlich seiner Passion nachgeht, ist der Film schon zu zwei Dritteln vorbei und hat kaum noch Luft, um richtig Gas zu geben. Schnell müssen die verzichtbarsten Personen über den Jordan geschickt werden, das wirkt zu rasch und gehetzt, einfach unverhältnismäßig zur gesamten Länge. H20 steht klar sein gegen Ende einfallslos wirkendes Skript im Weg, welches das unbestreitbar vorhandene Potenzial wenig nutzt. Durch die geringe Anzahl der Figuren und den begrenzten zeitlichen Spielraum fällt der Bodycount für einen Halloween-Film sogar extrem gering aus und beschränkt sich auf ein kurzes Zeitfenster, der Showdown kommt zu plötzlich und wirkt knapp gehalten, der Film hätte locker 20 Minuten mehr vertragen können, um nicht so abrupt beendet und ungeschickt abgestimmt zu erscheinen.
Bemerkenswert ist allerdings der Cast, unter dem sich (heute) einige sehr klangvolle Namen finden: Neben Curtis treten nicht nur ihre Mutter – Filmlegende Janet Leigh (Psycho) – in einem Cameo als ihre Sekretärin und die bereits damals bekannten Gesichter Alan Arkin (Argo) und LL Cool J (Deep Blue Sea) in den Nebenrollen auf, gerade die Besetzung der Teenies ist interessant. Der bereits erwähnte Joseph Gordon-Levitt hat nur wenig Screentime, dafür gibt Josh Hartnett (The Faculty) sein Leinwanddebüt als Lauries Sohn John und als seine Freundin ist die heutige A-Darstellerin Michelle Williams (Blue Valentine) zu sehen. Macht den Film zwar nicht immens besser, nur ein Fakt am Rande. Letztlich ist H20 zwar ambitioniert und versteht sich wohl eher als Spannungsfilm denn als typischer Slasher, kann dafür aber eben kaum Spannung erzeugen. Bemüht wirkt er, hat seine Ideen und vereinzelte Momente, ist handwerklich stabil gemacht, wirkt aber irgendwie unfertig oder eher nicht engagiert zu Ende gedacht. Sehr bedauerlich, so bleibt es bei dem löblichen Versuch, das Resultat ist eher verzichtbar. Immerhin besser als Teil 5, 6 und natürlich der furchtbare Nachfolger Halloween: Resurrection, was allerdings keine große Kunst ist.
Fazit
Kein zufriedenstellendes Jubiläum. Auf der einen Seite ist es eine Freude, Jamie Lee Curtis erneut in der ikonischen Rolle der unverwüstlichen Scream-Queen zu sehen, Genre-Handwerker Steve Miner aber versteht es nicht, den legendären Geschwister-Krieg zwischen ihr und Michael Myers atmosphärisch und psychologisch zu verdichten.