Inhalt
Der junge Geistliche Fabian soll auf einer kleinen dalmatinischen Insel die Nachfolge des alten, beliebten Dorfpfarrers antreten. Doch das ist gar nicht so leicht, denn Fabian kann weder singen noch Boule oder Seniorenfußball spielen. Trotzdem will er unbedingt Gutes tun. Als ihm die himmelschreiend geringe Geburtenrate der Insel auffällt, hat Fabian seine Aufgabe gefunden: Gläubigervermehrung statt Beerdigungsalltag. Der Grund für das Übel ist schnell gefunden, denn der reumütige Kioskbesitzer Petar berichtet vom reißenden Kondom-Absatz auf der Insel. Fabian hat eine Idee: so ein Kondom lässt sich ziemlich gut mit einer Nadel durchstechen und so der göttliche Wille durch ein Hintertürchen wieder einlassen. In Kollaboration mit dem verrückten Dorfapotheker, der statt der Pille nur noch Vitamine verkauft, folgt schnell der gewünschte Effekt. Und das auch gegen den Willen der überrumpelten Dorfbewohner, die sich in unheiligen Allianzen und unorthodoxen Umständen wiederfinden. Prompt ruft der plötzliche Kindersegen neben geistlichen Würdenträgern auch nachwuchswillige Pärchen aus aller Welt auf den Plan. Und die Inselkirche ist sichtlich davon herausgefordert, bei so viel Fortpflanzung für die nötige katholische Ordnung zu sorgen.
Kritik
Man würde sich wohl selber ein gestrecktes Stolperbeinchen in den Weg legen, sollte man an Vinkos Bresans kroatischen Box-Office-Hit „Gott verhüte!“ ähnlich bissige Erwartungen wie an Kevin Smiths bis in die kleinste Nebenrolle prominent besetzten „Dogma“ stellen – Allerdings entzieht sich dieser Vergleich auch jeder Verhältnismäßigkeit, tastet man die jeweiligen Produktionen auf ihren nationalen Kontext ab. Mit „Gott verhüte!“ verhält es sich wie mit einem schicken Neuwagen: Zu Anfang ist Hopfen und Malz noch lange nicht verloren, der beinahe schon aphrodisierende Ledergeruch steigt die Nase hoch und man kann es kaum erwarten, wie der letzte Prolet das Gaspedal durchzutrampeln. Dann die große Ernüchterung: Bis zum dritten Gang läuft alles wie am Schnürchen, geht es allerdings in die wirklich hochtourigen Bereiche, schmiert die Karosse gnadenlos ab, der Schaltknüppel versteift sich und das automobile Geschoss keucht und braut plötzlich obskurste Laute unter der Motorhaube zusammen. Eine vielleicht etwas abstrakte Analogie, aber widerlegen möchte man sie mit Sicherheit nicht.
Und das aus einem einfachen Grunde: „Gott verhüte!“ bockt und knurrt, wo er eigentlich so richtig schön hätte Dampf machen sollen und können. Die ersten dreißig Minuten dürfen sich da wahrhaft sehen lassen und müssen nicht einmal den Schatten großer, in der Taktung gerne anti-klerikaler Stoffe scheuen: Fabian (Kresimir Mikic) ist junger Pfarrer auf einem kleinen dalmatinischen Eiland. Der ältere Dorfpfarrer aber erfreut sich größerer Beliebtheit, als es für Fabian im Moment zu denken wäre, zeigt sich dieser doch mit ungemeiner Volksnähe bestückt, spielt Fußball mit den männlichen Insulanern und dirigiert den hiesigen Mädchenchor mit Leidenschaft und Willensstärke. Dass die Insel indes nicht nur immer älter, sondern auch immer stiller wird, scheint niemanden zu stören – außer Fabian. Der nämlich möchte mal wieder Hochzeits- anstatt Todesglocken hören, möchte nicht mehr nur Erde auf die Särge streuen, sondern einen verschrumpelten Kinderkopf ins Taufbecken stippen. Der Plan, um einen demografischen Wandel zu erzwingen, ist da so simpel wie genial.
Zusammen mit dem Kioskbesitzer Petar (Niksa Butijer) und dem Apotheker Marin (Drazen Kuhn) werden Kondome erst mit der Nadel, dann mit der Nähmaschine perforiert und Antibabypillen durch Placebos ausgetauscht. Und Vinkos Bresan gelingt es wirklich gut, diese Idee mit viel Esprit und Skurrilität zu etablieren, lässt es lakonisch, bunt und spielerisch vonstatten gehen und scheint sich ebenso wenig davor zu sträuben, dem erzkatholischen Kroatien einige schnittige Schüsse vor den Bug zu streuen. Denkste! Ist der erste Akt verstrichen, scheint auch für „Gott verhüte!“ die Zeit gekommen zu sein, jenen knackigen Mut im Umgang mit der Kirche als Institution und seinen durchexerzierten Dogmen zu vergessen. Katholizismus ist allem Anschein nach immer noch ein Thema, über das man nicht ungestraft seine Späße machen darf und die flotte Balkan-Farce watet durch dramatische Gefilde, um das Leiden, das Verzweifeln des Pfarrers samt bedrückenden Konsequenzen in seinem Tun angestrengt zuzuspitzen. Die Posse verstummt, die visualisierten Gedankenspiele des Pfarrers wiegen schwerer, der federleichte Gestus ist verschwommen.
Fazit
Die ersten dreißig Minuten von „Gott verhüte!“ können sich absolut sehen lassen: Mit treffendem Wortwitz und herrlicher Situationskomik beweisen sich Vinkos Bresan und Mate Matisic als Könner knackiger Komödienkost und verteilen einige herrlich skurrile Spitzen gegen den Katholizismus. Sind diese Minuten verstrichen, verliert „Gott verhüte!“ seinen Mut und Dampf, möchte es sich offensichtlich doch lieber nicht mit der Kirche verscherzen und wird klobig, um sich selbst den Wind aus den Flügeln zu nehmen. Das ist traurig, weil hier zu Anfang noch Hoffnungen auf richtig freches Kino made in Croatia geweckt werden.
Autor: Pascal Reis