Jedem Menschen dürfte das Gefühl bekannt sein, welches sich einstellt, sobald man sein Herz voll und ganz an jemanden verloren hat. Ganze Tagesabläufe stehen im Zeichen der geliebten Person, die Gedanken befinden sich nur noch bei ihm oder ihr und oftmals erkennt man sich selbst kaum noch wieder, so fremdgesteuert wirken die starken, meist unbeschreiblichen Empfindungen, die durch Kopf und Körper rauschen.
Im Leben von Venus, die tagsüber alleine in ihrer ungeordneten Wohnung vor sich hin vegetiert und nachts als Stripperin mit ihrem ansehnlichen Körper die Aufmerksamkeit fremder Männer auf sich zieht, hat dieses überwältigende, alles bestimmende Gefühl des Verliebtseins bisher gefehlt. Gerade in ihrem Beruf, für den sie persönliche Gefühle von Natur aus auf Abstand halten und sich lediglich auf den emotionslosen Austausch körperlicher Dienstleistungen beschränken sollte, verliebt sich die junge Frau jedoch eines Tages in den attraktiven Brian und geht eine Beziehung mit dem Mann ein. Schnell durchlebt auch Venus dieses Gefühl, durch das sie wie auf Wolke sieben zu schweben scheint. Sie will so viel Zeit wie nur möglich mit dem Fotografen verbringen, mit ihm reden, mit ihm schlafen, für ihn kochen und endlich jemanden für sich haben, dem sie sich hingeben kann.
Regisseur Jon Knautz (The Shrine) porträtiert seine Hauptfigur in Goddess of Love schon von Beginn an als sensible Frau, mit der irgendetwas nicht zu stimmen scheint. Auch wenn sich durch ihre Beziehung zu Brian langsam so etwas wie Normalität für sie einzustellen scheint, wird Venus von seltsamen Erscheinungen und Geräuschen geplagt. Als sie einer Stripper-Kollegin anfangs von Spinnenbissen auf ihrer Haut erzählt, erkennt diese nichts, wodurch bereits erste Zweifel über die psychische Verfassung der Protagonistin aufkommen. Nachdem sich Brian, der selbst einen persönlichen Verlust in Form des Selbstmords seiner Ex-Frau verarbeiten muss, zunehmend von Venus distanziert, vermischen sich Befürchtungen über eine mögliche Untreue mit der ohnehin vorbelasteten Seele der Frau, was nach und nach zu einem Abgleiten in den völligen Wahnsinn führt.
Narrativ entpuppt sich Goddess of Love dabei als mühsam entworfener Flickenteppich aus Psycho-Thriller-, Horror-, sowie Drama-Elementen, aus denen Knautz einen Film formt, der sich äußerst unentschlossen zwischen dem persönlichen Schicksal der Hauptfigur und den surrealen Visionen, die nie eindeutig der Wirklichkeit oder Einbildung zugeordnet werden können, bewegt. Der Regisseur inszeniert das subjektive, angeknackste Wahrnehmungsvermögen von Venus mit Einstellungen, die mal farblich übersteuert wirken, mal unruhig verwackelt für verunsicherte Nervosität sorgen und einige Visionen unangenehm explizit bebildern, zumal der Score durch einige jazzlastige Einlagen, die unkontrolliert und wild klingen, die zunehmend überforderte Psyche der Protagonistin spürbar werden lässt.
Mitgefühl für das Schicksal von Venus, das sich nicht nur durchwegs vorhersehbar gestaltet, sondern durch eine misslungene Wendung zum Schluss völlig in sich zusammenbricht, will sich beim Betrachter trotz der gelungenen handwerklichen Umsetzung zu keinem Zeitpunkt einstellen. Knautz, der das Drehbuch ebenfalls selbst schrieb, reiht lediglich Konventionen der verschiedenen Genres, aus denen er sich bedient, ohne jegliche Raffinesse aneinander. Was zunächst wie eine surreal überhöhte Auseinandersetzung mit gekränkten Gefühlen, frustrierter Isolation und krankhafter Eifersucht beginnt, versickert schließlich in ödem Einheitsbrei, der durch den miserablen Schluss endgültig jene Vorzüge verspielt, welche durch die immerhin ansehnliche Inszenierung zuvor entstanden sind.