Produzent Jason Blum ist erfolgsverwöhnt. Mit der Paranormal Activity-Reihe erwirtschaftete er mit wenig Budget Unsummen und auch mit anderen Horror-Vehikeln wie den Purge- oder Insidious-Filmen erschuf er sich selbst den Ruf eines Erfolgsproduzenten, dem es gelingt auch aus dem kleinsten Film Kapital zu schlagen. 2017 führte er seine Bilanz fort: Zuerst eroberte Split die Kinos im Sturm und dann kam Get Out. Diesen Film hatten wohl die wenigsten auf dem Schirm. Wahrscheinlich aus einem einfachen Grund:
Regie führte Jordan Peele, ehemaliges Mitglied des Comedy-Duos Key & Peele, die ihren Fans mit Keanu - Her mit dem Kätzchen letztes Jahr ein gelungenes Abschiedsgeschenk präsentieren. Doch Get Out ist eben keine reinrassige Komödie, sondern eine Produktion von Blum und somit ein Horrorfilm. Dennoch wurde aus dem minimal budgetierten und weitestgehend mit unbekannten Darstellern umgesetzten Film ein großer Hit. Aktuell darf er sich „der zweiterfolgreichste R-Rated-Horrorfilm“ nennen. Nur der Klassiker Der Exorzist ist noch vor ihm.
Es gibt viele mögliche Gründe, warum Get Out in den Vereinigten Staaten einschlug wie eine Bombe am Box Office. Viele sind der Meinung, dass seine Thematik dazu beigetragen hat und an dieser These ist durchaus etwas dran. Peeles Regiedebüt dreht sich sehr deutlich um das Thema (gegenwärtigen) Rassismus, welches er als Antriebskraft für seinen Film nutzt, der – das sollte gesagt werden – aber ohne Zeigefinger-Attitüde auskommt. Viel mehr macht Get Out sehr klar, dass man als Kaukasier (unbewusst) ein anderes Verständnis gegenüber Rassismus entwickelt. Darüber macht sich Peele in Get Out lustig, entwirft gleichzeitig aber auch eine packende Gruselgeschichte, die mit der Kernessenz des Horrors spielt. Denn zum einen gelingt es ihm den Verlust der Kontrolle immer weiter in die Höhe zu treiben, zum anderen zelebriert er gemäß des Genres die Mechaniken und Methoden der Isolation.
Wenn Hauptfigur Chris (teil überragend: Daniel Kaluuya, Black Mirror) übers Wochenende bei den Eltern seiner weißen Freundin Rose (Allison Williams, Girls) zu Gast ist, wird aus dem jungen Fotografen von Szene und Szene immer mehr eine einsame Existenz, die inmitten einer fremden Welt auf sich alleine gestellt ist und Hilfestellungen immer mehr wirken, wie gut platzierte Fallen. Es sind eben jene Momente, wenn Chris auf einer Gartenparty mit den teils absurd freundlichen Bekannten von Rose Eltern (besonders creepy: Cathrine Keener, Being John Malkovich) aufeinandertrifft, die Peele perfekt nutzt, um fast schon surrealen Horror und entlarvenden Humor miteinander zu kombinieren.
Ganz klar: Get Out hat sich vollends seiner Thematik verschrieben, was gut ist. Fans von offensiven Jump Scare-Festivals wie den Filmen von James Wan, könnten aber enttäuscht werden. Peele traut dem psychologischen, cleveren und stilistischen Horror mehr, als dem klar strukturierten, offensiven. Es wäre also von Vorteil, wenn man einen Hang zum Absurden mitbringt und Stilwechsel innerhalb einer Handlung mag, ansonsten könnten die Zahnräder die Get Out bedient, bei einem mit greifen.
So oder so muss aber fraglos anerkannt werden, dass der Film für ein Regiedebüt phantastisch aussieht. Die Kamera, die stimmungsvolle Musik und diverse schöne, visuelle Ideen machen aus Peeles Werk einen nicht nur geistig feinsinnigen, sondern auch künstlerisch absolut hochwertigen Genuss, der nicht nur die Mechanismen des aktiven und passiven Rassismus auf erschreckende wie humorvolle Weise offenlegt, sondern obendrauf noch überzeugenden Grusel liefert, der mehr bietet als dämonische Fratzen, die plötzlich vor die Kamera springen.