In Paul SchradersFirst Reformed steuert die Erde auf ihren sicheren Untergang zu. Mit dieser Erkenntnis wird der Priester Toller von einem radikalen Umweltaktivisten konfrontiert, der zugleich der Mann der schwangeren Mary ist. Von ihr ist Toller nach dem Gottesdienst in der Kirche um Hilfe gebeten worden. Die Überzeugung des Aktivisten, der Klimawandel sei bereits so drastisch fortgeschritten, dass das Ende der Welt unabwendbar bevorsteht, steht in einem starken Konflikt mit Marys Schwangerschaft. Während sie das ungeborene Kind unbedingt auf die Welt bringen will, hält es ihr Mann Michael für höchst verantwortungslos, ein Kind in diese sterbende Welt zu bringen. Im Zentrum dieser starken Meinungsverschiedenheit befindet sich nun also Toller, ein ehemaliger Militärpriester und mittlerweile Priester einer kleinen Kirchengemeinde, der eigentlich seine ganz eigenen Kämpfe auszutragen hat.
Gemäß seiner Familientradition sowie gegen den Willen seiner Frau überredete Toller seinen Sohn damals, sich ebenfalls für den Militärdienst zu verpflichten. Als Folge daraus kam dieser im Irakkrieg ums Leben. Ein Verlust, der die Ehe des Priesters unwiderruflich beschädigt hat und darüber hinaus wohl auf ewig in dessen Seele eingebrannt ist. Hinzu kommt, dass die Toilettengänge von Toller regelmäßig Blut aufweisen und sich dieser gegen die Schmerzen in seinem Inneren nur noch mit Alkohol zu behelfen weiß. Nach gut einem Drittel von Schraders Film liegen dem Zuschauer all diese Erkenntnisse, Beobachtungen und Konflikte offen, wodurch der Regisseur eine dramatische Geschichte in Gang setzt, in der es von intimen sowie globalen Konflikten, Problemen und Krisenherden nur so wimmelt. Bedauerlicherweise entpuppt sich First Reformed recht bald als herber Fehlschlag, der sich somit wiederum konsequent in das überwiegend misslungene Spätwerk des Regisseurs einfügt.
Dabei war The Canyons - Sex - Desire - Passion nach einem Drehbuch von Autor Bret Easton Ellis (The Deleted) noch ein interessanter Versuch, den sinnlosen Strudel aus Kontrollwahn, digitaler Kommunikation, Ruhm und Reichtum sowie gegenseitiger Abhängigkeit in kalte, leere Bilder zu fassen. Diese zeigten immer wieder verlassene Lichtspielhäuser, leere Eingangsbereiche und heruntergekommene Kinosäle, um irgendwann in verstörende Gewalt zwischen den nach außen hin makellosen, innerlich allerdings vollkommen gefühllosen Figuren zu kippen. Als interessant ließen sich die beiden nachfolgenden Filme von Schrader hingegen kaum noch bezeichnen. War Dying of the Light - Jede Minute zählt noch ein nahezu unbewertbarer Film, da der Regisseur vollständig vom Schneideprozess ausgeschlossen und ihm die kreative Kontrolle somit massiv entzogen wurde, stellte sich Dog Eat Dog als spätpubertäre Groteske heraus, die gewalttätig wie Quentin Tarantino (Reservoir Dogs) sein und gegen Sehgewohnheiten wie Jean-Luc Godard (Außer Atem) rebellieren wollte und dabei lediglich in wirre, überflüssige Einzelteile zerfiel.
Mit First Reformed wollte Schrader seiner eigenen Aussage nach schließlich einen Film über das Spirituelle und das Seelenleben machen, für den er sich unverkennbar von seinen großen Regie-Vorbildern wie Ingmar Bergman (Persona) , Yasujirō Ozu (Die Reise nach Tokyo), Robert Bresson (Pickpocket) und Carl Theodor Dreyer (Das Wort) inspirieren ließ. Entstanden ist dabei jedoch ein weitestgehend oberflächliches Werk, das etliche komplexe Themen anreißt und nie stimmig vertieft. Schrader greift unter anderem radikalen Umweltaktivismus, Öko-Terrorismus, tödliche Krankheiten, tiefe Glaubenskrisen, Alkoholismus, Depressionen und Suizid auf, um die jeweiligen Handlungsaspekte, die für sich genommen bereits einen ganzen Film ausfüllen könnten, wie Stichworte in die Geschichte einzustreuen und unentwegt aufeinanderprallen zu lassen. Auch wenn First Reformed glücklicherweise halbwegs von einem souveränen Ethan Hawke (Before Sunrise) in der Hauptrolle als Priester Toller zusammengehalten wird und diverse Nahaufnahmen von Hawkes Gesicht oftmals genügen, um den verborgenen sowie sichtbaren Schmerz seiner Figur offenzulegen, ist Schraders Film zusätzlich von prätentiösen Dialogen und plakativen Symbolen durchzogen, die den schwerwiegenden Themen niemals gerecht werden.
Trotz der beklemmenden Einstellungen, die überwiegend statisch im Seitenverhältnis von 1,37:1 gedreht wurden, wirken die Bilder in Schraders Film vor allem aufgrund der ausgesprochen hässlichen Digital-Ästhetik steril und glatt, während sich die Handlung gerade im Vergleich mit den zuvor genannten, europäischen Regie-Größen wie ein unterentwickelter Abklatsch anfühlt. Mit dem Holzhammer bekommt der Zuschauer die Öko-Botschaft des Regisseurs eingeprügelt, während die Geschichte durch den Rückgriff von Schrader auf seine liebsten Motive in einer uninspirierten Abwärtsspirale mündet, die Toller letztlich zur geistlichen Variation eines Travis Bickle aus dem von Schrader für Martin Scorsese (Casino) geschriebenen Taxi Driver macht. Dabei rutscht First Reformed in manchen Szenen gar in unfreiwillige Komik ab, wenn der Regisseur nach einer berührend intimen Szene zwischen Toller und Mary in, mit billigen Effekten zusammengeschusterten, Esoterik-Kitsch verfällt, während das surreal-antiklimatische Ende wie eine irritierende Selbstparodie wirkt.