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Der britische Agent Harry Palmer (Michael Caine) erhält den Auftrag, in Ost-Berlin Sowjet-Oberst Stok (Oscar Homolka) zu kontaktieren, der angeblich überlaufen will. Obwohl er Zweifel an Stoks ideologischer Kehrtwende hegt, organisiert Palmer mit Hilfe seines deutschen Kontaktmannes Johnny Vulkan (Paul Hubschmid) eine Flucht in den Westen. Erst als es fast zu spät ist, merkt er, daß ihn nicht nur Stok und Vulkan hinters Licht führen wollen: Auch Palmers aparte Zufallsbekanntschaft Samantha (Eva Renzi) spielt mit verdeckten Karten...
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Harry Palmer ist zurück. Ausgerechnet von Harry Saltzman – dem Vater der ersten James Bond-Verfilmungen – selbst als quasi cineastischer Gegenpol ins Leben gerufen, mit dem Versuch parallel zwei lukrative Agenten-Franchise-Reihen aufzubauen. Wer das Rennen gemacht hat ist kein Geheimnis, wobei die deutlich kurzlebigere Palmer-Serie dennoch seinen Eindruck hinterließ und heute noch einen hervorragenden Ruf genießt. Schon Ipcress – Streng geheim konnte eine geerdete,  gelungene Alternative zum Gimmick-affinen Over-the-Top Weltenretter und Frauenvielfraß mit der Lizenz zum Töten anbieten, Finale in Berlin ist dabei sogar noch besser, obwohl er die Sache etwas komplizierter angeht.

Während am Ku’damm der weltoffene Berliner Bär des Nachkriegsaufschwungs steppt, ist der Osten eine Wüste aus tristen Beton und Stacheldraht. Mit dieser radikalen und irgendwie reißerischen Impression beginnt Finale in Berlin, bezieht aber exakt aus diesem Kontext der Gegensätze seinen Reiz. Der Kalte Krieg in seiner ganz heißen Phase, speziell im Grenzgebiet der Supermächte, wo auch noch alle anderen Randgruppen versuchen ihre Interessen durchzusetzen. Harry Palmer (erneut großartig: Michael Caine, Jack rechnet ab), Musikliebhaber, Hobby-Meister-Koch und unangepasster Hornbrillen-Rebell im unfreiwilligen Auftrag ihrer Majestät, soll im rüden Osten das Rübermachen eines hochrangigen Sowjet-Oberst arrangieren. Stok (Oskar Homolka, Das verflixte 7. Jahr), der inoffizielle „Herrscher der Mauer“, hat angeblich die Schnauze voll und will in den Westen. Palmer wittert dahinter eine Falle, aber geht zunächst natürlich – auch auf Druck von oben – auf die Offerte ein. Während die Operation vorsichtig ins Laufen kommt, werden immer mehr undurchsichtige Gestalten involviert. Wie Palmer’s alter Weggefährte Johnny Vulkan (Paul Hubschmid, Dinosaurier in New York), der mit allen Wassern gewaschenen Schleuser Kreutzman (Günter Meisner, Im Glaskäfig) oder eine offensichtlich auf Palmer angesetzte Agentin (Eva Renzi, Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe), deren wahre Identität, Staatzugehörigkeit oder Mission bis zum Schluss undurchsichtig bleibt.

Wesentlich rasanter als sein Vorgänger, in seiner Attitüde aber scheinbar auch ein wenig angepasster an das Flair der Bond-Filme. Harry Palmer verzichtet auf jedwedes Understatement, wechselt es nur gegen Zynismus und lässt gerne den Chauvi raushängen. Das ist klar dem Erfolg der „Premium-Serie“ geschuldet, dafür ist die Story wesentlich komplexer und in ihren ganzen Wirrung sogar realistischer als jeder Bond und auch Ipcress – Streng geheim. Das Setting wird in seinem zeitlichen Kontext exzellent genutzt. Jeder führt jeden potenziell hinters Licht, wer irgendjemanden traut, ist selber schuld. Finale in Berlin mag ab und an etwas unübersichtlich oder böse interpretiert überfrachtet wirken, spiegelt aber wohl erschreckend real in seiner reinen Fiktion das Chaos im Schatten einer noch frischen Mauer ziemlich präzise wieder. Mit seinen ganzen Verwicklungen, Intrigen und falschen Kuhhandeln bleibt die (An)Spannung konstant hoch und kreiert vermutlich ein gar nicht so abstraktes Bild einer für Außenstehende womöglich absurd wirkenden Szenerie erstaunlich effektiv. Dazu vom souveränen Fachmann Guy Hamilton (Das Böse unter der Sonne) sorgfältig inszeniert, da greift jedes Zahnrad punktgenau ins Nächste.

Fazit

„Ipcress – Streng geheim“ hat sicherlich mehr Vorreiterqualitäten, „Finale in Berlin“ ist dafür der effektivere Film. Eine packende, verwinkelte Story mit enorm zeitlicher Relevanz und hohem Tempo,  getragen von einer mit noch viel mehr Profil versehenen Hauptfigur. Nicht nur ein hochspannender Spionage-, sondern auch ein ziemlich authentischer Berlin-Film, geschmückt mit einigen, heimischen Originalen wie „Ekel Alfred“ Heinz Schubert oder „Benjamin Blümchen“ Wolfgang Völz.

Kritik: Jacko Kunze

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