Inhalt
Ein visuell überschäumender Dokumentarfilm, der mit wirkmächtigen Collagen aus Archivaufnahmen, Amateurvideos, Live-Streaming-Material und Privatdokus einen Blick darauf wirft, was (oder wer) am Werk ist, wenn ein Abbild unserer Realität erzeugt wird.
Kritik
Bei Ruben Östlund (The Square) als Produzenten erwartet niemand dokumentarische Differenziertheit. Dennoch schockt das schiere Ausmaß an tendenziösem Agit-Prop in Axel Danielsons (Pangpangbröder) und Maximilien Van Aertrycks manipulativer Mediencollage. Diese ist nicht die suggerierte kritische Aufarbeitung zeitgenössischer Medienkultur, sondern eine gezielt die Verachtung und moralistische Verurteilung der zugleich dämonisierten und banalisierten Social Media Welt. Aus ihr speist sich das prätentiöse Panoptikum von Archivaufnahmen, historischen Motiven, Social Media Clips und Amateurvideos.
Daraus entsteht eine beständig anschwellende Bilderflut, die auf das vorwiegend junge Publikum der Berlinale Generation, die den Beitrag präsentiert, einprasselt. So ungefiltert, wie das ganze erscheinen soll, ist es natürlich nicht. Das Regie-Duo trifft und re-kontextualisiert seine Auswahl so, dass diese vorgebliche Mahnung vor der potenziell irreführenden Kraft moderneren Massenmedien umschlägt in rechtslastige Panikmache vor Fake News, ein Kampfbegriff, der wiederholt von der Leinwand hallt.
Eine sachliche Differenzierung des von radikaler und liberaler Politseite gleichermaßen vereinnahmten Begriffs findet genauso wenig statt wie eine klare Einordnung der Bilder, die an eine verkürzte Entwicklungsgeschichte der Kameratechnik anknüpfen. Mehrheitlich suggerieren die Clips, das Zeitalter von Rundfunk und Massenkommunikation sei die Ära geistiger Abstumpfung, moralischen Verfalls und politischer Propaganda im Stil einer scripted reality. Diese rechtsreaktionäre Message ist zugleich faktisch falsch und latent gefährlich.
Fazit
Ironischerweise erlaubt gerade die von Axel Danielson und Maximilien Van Aertryck scheinbar lamentierte Ära „alternativer Fakten“ ihrer kruden Kakophonie historischer und heutiger Kameraaufnahmen, sich als Dokumentarfilm über Bildkultur darzustellen. Dabei ist die aggressive Abwertung moderner Medien und deren Nutzer:innen ein nicht nur politisch problematisches Pamphlet, das Holocaust-Bilder in eine Reihe mit gefilterten Instagram-Postings stellt. Perfider Populismus und alt-right Arroganz verkaufen sich als moralische Medienkritik.
Autor: Lida Bach