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Als am 9. November 2016 Donald Trumps selbstbräunergebräuntes Gesicht auf das Empire State Building projiziert wurde, war klar: Wir sitzen tief in der Scheiße. Nicht nur die USA, deren Politsystem und Wahlmechanismen Michael Moore in seiner neuen Dokumentation dekonstruiert. Mit dem bitteren Humor der Verzweiflung und seiner Kamera zieht der Filmemacher und Aktivist durch eine Nation, die ihre eigenen sozialistischen Grundwerte an Populisten verrät und in der geldgetriebene Politiker augenscheinlich über dem Gesetz stehen. Die gesellschaftliche Spaltung ist so eklatant wie die existenziellen Krisen, die sie verschärfen.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Die chaotische Struktur von Michael Moores radikaler Abrechnung scheint seltsam angemessen für eine irregeleitete Ära, in der politische und gesellschaftliche Desaster so dicht aufeinanderfolgen, dass kaum Zeit zur Aufarbeitung bleibt. Die Unmöglichkeit den Abgrund aus konstitutioneller Apathie, faschistoider Ideologie und humanitärer Verbrechen zu bewältigen, wird zwingendermaßen zum Hauptproblem des aufrührenden filmischen Nachfolgers. Nicht zu Fahrenheit 9/ 11, dessen Protagonist Georg W. Bush im Vergleich direkt harmlos aussieht, sondern seine vergebliche Vorwahl-Mobilisierung:  TrumpLand. Dessen Titel ist in Retrospektive bittere Ironie. 

TrumpLand sind jetzt die USA. Was bis zum bösen Erwachen nach der Abstimmungsnacht - und vielen noch eine ganze Weile danach - unmöglich schien, ist Realität. Das Schreckensszenario und der damit einhergehende Schock sind die Prelude zu der zweistündigen Exkursion in jene wahrhaftige Dystopie. Eine größenwahnsinnige Nation, regiert von einem narzisstischen Demagogen, der nicht trotz seines offenen Hasses gegen Farbige, Frauen, Einwanderer, Hispanics, LGBTQIA-People, Juden, Demokraten, Journalisten - so ziemlich jede Gruppe außer reiche heterosexuelle WASP-Typen - die Massen begeisterte, sondern deswegen. 

Bezeichnenderweise steht selbst Moore ratlos vor der gebündelten Menschenverachtung, die sich in den republikanischen Parteianhängern Bahn bricht. Seine Suche nach einer Antwort auf die Frage, wie es dazu kommen konnte, isoliert als Kernfaktoren unter anderem Wahlverweigerung und Wahlsystem. Zweites ist zugleich undemokratisch und Nährboden von Korruption und Autokratie. Davon profitierten zuvor bereits Bill Clinton und Obama, deren Versagen und Scheinintegrität er für den rechtspopulistischen Erfolg mitverantwortlich macht. Weit mehr als desillusionierte Frustration über die Demokraten treibt die niederschmetternde Bestandsaufnahme an. 

Sein Zorn gilt seinem früheren angepassterem Ich genauso wie opportunistischen Medienorganen und skrupellosen Lokalpolitikern wie Rick Snyder. Dem kuriosen Vorläufer des Präsidenten gelang, was keine Terrororganisation schaffte. Über die Wasserversorgung eine komplette US-Stadt zu vergiften. Die Krise in Moores Heimatort Flint ist das sperrigste und durchschlagendste der Fragmente, in die das dokumentarische Gefüge zerfällt. Wasserkrise, Wählerkrise, Waffenkrise und Opioide fürs Volk, das zu zugedröhnt sein soll, um dem Aufruf zum Widerstand zu folgen: „Wir brauchen keinen Trost, wir brauchen Taten.

Fazit

In seiner erbitterten Abrechnung mit einem Staatssystem getragen von Gier, Lobbyismus und Monopolismus fokussiert Michael Moore weniger Donald Trump als die politischen und sozialen Strukturen, die dessen bizarren Karrieresprung ermöglichten. Der energische Aufruf zu politischem Engagement, gestützt auf beklemmender Sachlage und faktischer Argumentation, überschlägt sich im multifaktoriellem Diskurs. Doch der zerfahrene Blick auf einer zerfallenden Nation, untermauert von der beängstigend greifbaren Manifestation eines erneuten Faschismus, gewinnt durch die ethische Vehemenz nur an Prägnanz und Wahrhaftigkeit.

Kritik: Lida Bach

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