Inés ist Synchronsprecherin und singt in einem Chor in Buenos Aires. Nach einem traumatischen Erlebnis im Urlaub leidet sie an Schlaflosigkeit und wird von heftigen Albträumen heimgesucht. Im Synchronstudio zeichnen die Mikrofone sonderbare Töne auf, die scheinbar direkt von ihren Stimmbändern kommen. Die Töne stören die Synchronisation und gefährden auch ihre Stellung im Chor.
Kritik
Fast unumgänglich scheint die Betrachtung von Natalia Metas (Muerte en Buenos Aires) Wettbewerbsbeitrag als effektives Gegenstück zu Francisco Marquez Panorama-Film A Common Crime. Während zweiter die Existenz einer uniquer weiblichen Perspektive ignoriert und reale Gefahren als hysterischer Paranoia schuldhafter Elitevertreterinnen abtut, etabliert die Regisseurin und Drehbuchautorin die verstörenden Visionen ihrer Hauptfigur (Erica Rivas, Tetro) als begründete Ahnung greifbarer Bedrohung. Diese ist zugleich metaphysisch und metaphorisch: ein gespenstisches Sinnbild internalisierter Unterdrückung und früherer Traumata, das aus dem Unterbewusstsein kriecht.
Der veränderte Titel von C.E. Feilings mehr als Inspiration denn als didaktische Vorlage dienenden Romans verheißt auf die doppelte Grenzüberschreitung einer Macht, die genauso aus dem Schattenreich kommen könnte wie aus der Psyche der Chorsängerin und Synchronsprecherin Ines. Ihr Urlaubstrip mit Liebhaber Leopoldo (Daniel Hendler, Noberto apenas tarde) entwickelt sich zur Verkettung partnerschaftlicher Autonomieverletzungen, die Meta mit bissigem Humor und sarkastischem Gespür für chauvinistisches Selbstverständnis und gendertypische Verhaltensmuster inszeniert. Ines Ängste begegnet Leopoldo mit Banalisierung und Bevormundung.
Die durch seine von absurder Eifersucht begleiteten Kontrollansprüche ausgelöste Wut kulminiert in einer Gegenattacke, die ebenso unheimlich wie amüsant ist. Den Balanceakt auf dem schmalen Grat zwischen unbestimmtem Grauen und absurder Komik beherrscht Meta nahezu perfekt, wenn sie ihre konzentrierte Inszenierung beiläufig von der Dramedy zum Horrorthriller kippen lässt. Störgeräusche auf Ines’ Synchronaufnahmen und tonale Aussetzer bei der Chorprobe verweisen auf ihre buchstäbliche Un-Stimmigkeit mit einem Umfeld, dessen normative Beschränkungen innere Dämonen nicht anerkennen.
Fazit
Tagesaufnahmen und helle Räume weichen zunehmend Nachtszenen und lichtarmer Architektur, während Natalie Meta ihre Protagonistin in einen psychosexuellen Albtraum stürzt. Sardonischer Witz und ein geschärfter Blick für repressive Sozialdynamik machen ihren doppelbödigen Mystery-Krimi zu einer psychologisch und dramaturgisch gleichsam verschachtelten Parabel. Die ersetzt konventionelle Schockszenen durch konfuse Angst vor einem Grauen, das sich in symphonischer Dissonanz und elektronischen Störungen manifestiert. Der Horror ist hier nicht das Andere, sondern das Verinnerlichte, das nach außen drängt.
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