Inhalt
Nils lebt im norwegischen Beitostølen, ist mit Gudrun verheiratet und hat einen Sohn namens Ingvar, der gerade in Oslo mit seinem Studium begonnen hat. Er ist ein glücklicher Mann im Alter von 45 Jahren, der mit seinem Schneepflug dafür verantwortlich ist, die Straße nach Valdresflya frei zu halten. Er freut sich schon auf seinen Ruhestand und Enkelkinder, bis er eines Tages die Nachricht erhält, dass sein Sohn an einer Überdosis gestorben ist. Voller Trauer und Schmerz begibt er sich auf einen düsteren Feldzug gegen die Verantwortlichen, und ehe er sich versieht, steckt er in einem Drogenkrieg zwischen dem Graf und der serbischen Mafia.
Kritik
Die Skandinavier verstehen es, Geschichten zu erzählen. Ob düster und unwirtlich in „Insomnia - Todesschlaf“ oder zum Schmunzeln in „Adams Äpfel“. Die Länder in der nördlichen Breite Europas haben auch ihre Probleme, Drogenmissbrauch und organisierte Kriminalität gehören definitiv dazu und spielen in nicht wenigen, in Deutschland sehr beliebten, skandinavischen Krimis eine wichtige Rolle. Diese Thematik greift nun Regisseur Hans Petter Moland (Aberdeen, Ein Mann von Welt) auf, um uns anfangs eine Familientragödie im verschneiten Nirgendwo vorzugaukeln.
Doch diese Tragödie entpuppt sich im fortlaufenden Film als bitterböse und blutrote Krimikomödie. Nach dem Tod seines Sohnes sucht Schneepflugfahrer Nils Dickmann (Stellan Skarsgård), ungläubig der Erklärung der Polizei gegenüber, der Tod sei selbstverschuldet durch eine Überdosis geschehen, nach den Schuldigen. Diese werden auch recht schnell ausfindig gemacht. Was dann folgt macht Tarantinos „Reservoir Dogs“ alle Ehre. Frei nach dem Motto „Erst schlagen, dann fragen“ prügelt Nils so manchem Kleinganoven das Blut in den weißen Schnee. Dass das darauf folgende Verschwinden Teile eines Verbrecherrings nicht ohne Folgen bleibt, versteht sich von selbst. Mit der Gangsterboss und Öko-Yuppie Greven (Pål Sverre Valheim Hagen) nimmt der Film so richtig Fahrt auf.
Dieser langhaarige und im vollelektrischen Tesla Luxusschlitten sich bewegende Gangsterboss bringt das nötige Stück Abgedrehtheit mit, die dem Film gut tut. Es entwickelt sich ein Versteckspiel zwischen den beiden Gegenspielern, lediglich unterbrochen für kurzweilige und äußert humorvolle Sketche. Und die kann der Film: „Einer nach dem anderen“ (OT: „Kraftidioten", im englischen: „In Order of Disappearance") lebt ein gutes Stück von seinen kleinen, nadelstichartigen Witzen und skurrilen Situationen. Da wird zu jedem verstorbenen Charakter eine Todesanzeige mit dem bürgerlichen Namen, dem Gangsternamen und dem dazugehörigen religiösen Symbol eingeblendet, Leichen fliegen als Running Gag in Zeitlupe einen Wasserfall hinunter oder zwei (männliche) Schwerverbrechern knutschen widererwarten hemmungslos und gestehen sich ihre Liebe ein. Doch so witzig der Film auch ist, ihm gehen recht schnell die Ideen aus und bereits vor der Hälfte wird auf Autopilot geschaltet und dem Betrachter wenig Neues gezeigt. Das liegt auch an der Einführung einer dritten Partei, die die Geschichte zwar vorantreibt, aber auch stellenweise zäh wie ein Kaugummi werden lässt. Nun dreht sich nicht mehr viel im Nils und seine eigenwilligen Ansätze der Problembewältigung, sondern um Partei B und C und ihre Fehden untereinander. Diese finden erst ihre Auflösung, als es zum großen Showdown im frostigen Norwegen kommt, der wiederum einem Tarantino-Film entsprungen sein könnte.
Bei alldem Gemetzel wächst uns der Normalo Nils, hervorragend verkörpert von Skarsgård, richtig ans Herz. Im Film wie im richtigen Leben nicht mehr der Jüngste, fiebern wir mit, wie er keuchend einem Jungspund das Gesicht in Köttbullar mit Tomatensoße verwandelt. Das Ganze erinnert dann doch an den in den letzten Monaten und Jahren so omnipräsente Walter White; was der Film dankend auf-und annimmt. So nimmt uns der Film knappe zwei Stunden mit ins kalte Skandinavien, was doch in der dunklen Jahreszeit als weniger beliebtes Urlaubsziel bekannt ist. Kälte und Schnee gibt es ja dann doch hier zu genüge, was uns aber fehlt sind bis zum Horizont verschneite Landschaften, die man mit einem gigantischen Schneepflug samt brandneuer Fräse frei räumen darf. Doch die Filmkritik wäre nicht komplett, wenn man nicht auch das vermeintlich große Vorbild, das dem Filmfreund vor dem inneren Auge flattert, erwähnt. „Fargo“ von den Coen-Brüdern weist viele erstaunliche Parallelen auf. Gefällt der eine, gefällt sicher auch der andere.
Fazit
„Einer nach dem anderen“ fügt sich wunderbar in die Reihe etwas anderer Filme aus dem hohen Norden ein. Zwar hätte eine Verkürzung des Films stellenweise gut getan, am Ende bleibt doch das wohlige Gefühl, gut unterhalten worden zu sein. Das Gespann aus Skarsgård und Moland, die übrigens auch nicht zum ersten Mal aufeinander treffen, weiß zu überzeugen. Wer schon immer wissen wollte, warum der Norden bessere Sozialsysteme als der Süden hat, darf gerne einen Blick riskieren.
Autor: Magnus Knoll