Sie sind bekannt, diese Filme mit spektakulärer Entstehungsgeschichte. Selbst Humphrey Bogart teilte einem Vertrauten während des chaotischen Drehs von Casablanca mit, er spiele in dem schlechtes Film aller Zeiten mit. Irren ist menschlich. Wenn aber wohl jemand die meisten Geschichten des exzentrischen Wahnsinns für sich verbuchen kann, dann ist das der Milliardär Howard Hughes gewesen. Dieser besaß in den 1940ern und 50ern die Produktionsgesellschaft RKO Pictures, die zahlreiche Films Noir drehte. Ein Satansweib ist einer davon. Und auch jener hat einen rumpeligen Entstehungsweg hinter sich bringen müssen. Der erste Regisseur, John Farrow, wurde nach drei Vierteln der Drehzeit gefeuert und ersetzt, die Rolle von Vincent Price wurde (zurecht) massiv erweitert und ein komplett neues Ende geschrieben. Die Rechnung von Hughes - sofern er denn eine hatte - ging dabei nicht vollends auf.
Denn während ein Film wie Engelsgesicht von der spontan-chaotischen Natur des Drehs (auch durch Hughes bedingt) profitiert hat, wurde hier viel mehr eine Hälfte inszeniert, dann alle weiterführenden Pläne auf den Haufen geworfen, das bestehende Material aber dennoch behalten. So kommt es dazu, dass das Chaos bemerkbar, aber nicht für den Film von Nutzen ist. Zu deutlich sind einige Elemente ausgefranst, zu zahlreich werden Figuren oder Plot-Punkte aufgebaut und dann einfach fallengelassen. Da passt manches nicht zusammen, dennoch muss man Ein Satansweib zu Gute halten, dass er die wichtigsten Momente zielsicher trifft. Momente, die jedoch auf einer Laufzeit von 120 Minuten relativ rar gesät sind; der Rest der Zeit wird mit nicht immer anständig gefüllt. Zwar bemüht sich der Film stets, mittels Spektakularitä den Puls des Zuschauers hochzuhalten, doch führt dies öfter zu seltsamen Momenten, in denen die Action durch Dialoge entlastet wird, nur um nach ein paar Minuten quasi nahtlos weiterzugehen. Das sind Patzer, die man so eigentlich nicht gewohnt ist und eher aus Trash-Filmen kennt, nicht aber aus einem Film starring Robert Mitchum (Die Nacht des Jägers).
Andererseits bringen die vielen Gewaltszenen die Gelegenheit für mehrere gelungen inszenierte und toll photographierte Kämpfe mit sich, in denen Mitchum teilweise herrlich einfallsreich ist. Oder merkwürdig, je nachdem, mit welchem Bein man aufgestanden ist. In diesen Kämpfen, die von Hughes nachträglich gefordert wurden, findet der Film seine größte Stärken; räudige Momente, wenn die Kamera geschlagen wird und in den Kämpfen / Fluchten mächtig wackelt, wenn keine Musik, sondern nur der Lärm des Kampfes mit knallenden Schüssen, brechenden Knochen und aufeinanderprallenden Körpern zu hören ist. Hier macht Ein Satansweib am meisten Spaß. Und gekämpft wird viel, schließlich muss sich Dan Milner (Mitchum) aus den Schlingen eines Mafiabosses befreien, der Milners Leben opfern will, um mit dessen Identität zurück in die Staaten reisen zu können. In dieser Grundidee manifestiert sich bereits der Kern, der in Milners Sucht zum Glücksspiel intensiviert wird. Denn im Glücksspiel geht es schon lange nicht mehr um die Tantiemen, es geht um den Menschen selber. Um ihn und seine dunkle Seite, der er erlegen ist, die man als Waffe mit Hebelwirkung gegen ihn verwenden kann.
Milner trifft auf seiner Reise auf einige interessante Charaktere, die das Ressort zeitweise wie einen Vorgänger von Seaheaven aus der Truman Show oder Sandford aus Hot Fuzz wirken lässt. Alle sind hier Zocker, auf die eine oder andere Weise. Der Einsatz ist immer ihr Leben, jeden Tag, jeder Schritt, jede Entscheidung, die getroffen wird, bringt die Figuren zu Fall oder ihrem Ziel einen Schritt näher. Dass dabei über Leichen gegangen wird, ist selbstverständlich und nicht der Rede wert. Jedes Menschenleben ist hier zum Abschuss freigegeben, es wimmelt vor Haien und regungs- weil machtloser Beute. Gestalten, die in ihrer Existenz gefangen sind, die entweder der unendlichen Manie erliegen oder aber sich nach oben freischießen müssen. Der Ort wirkt wie eine künstliche Parallelwelt, in der die Regeln des Benimms, der Moral und Ethik pervers auf den Kopf gestellt wurden. Leid ist hier ein Grund für sexuelle Erregung, Freundlichkeit ist bloß Fassade. Alle benehmen sich wie alte Bekannte, aber niemand will irgendjemanden gekannt haben, wenn es ihnen an den Kragen geht. Die Ironie des Werkes ist dabei, dass der sympathischste Charakter der stets zitierende Vincent Price ist, der damit de facto nie eigene Sachen sagt, sondern immer nur seinen Charakteren die Zitate klaut. What fools you mortals be!