Das Wetteifern um die intellektuelle Hoheit zwischen den Vereinigten Staaten und den Engländern löst Ein Fisch namens Wanda schnell auf und überlässt den Angelsachsen das Denken, auch wenn Otto (Kevin Kline, Der Eissturm) diese offensichtliche Niederlage seiner Nation natürlich nicht anerkennen möchte. Genauso, wie er der felsenfesten Überzeugung ist, dass der Krieg gegen Nordvietnam unterschieden ausging. Der Konkurrenzkampf der Kulturen und die damit einhergehende Gegenüberstellung von Klischees, Vorurteilen und Stereotype ist ein entscheidender Faktor, um die wunderbar amüsante Herzlichkeit, die die dreifach Oscar-nominierte und einmal ausgezeichnete Regiearbeit von Charles Chrichton (Traum ohne Ende) in sich trägt, zum Erblühen zu bringen. Denn, egal, wie sehr er die Vorwürfe, Eigenarten und Sitten der Länder auch konzediert, er blickt niemals von oben auf diese herab.
Und genau das gilt für den gesamten Film, der nunmehr dreißig Jahre auf dem Buckel trägt und dennoch keinerlei Staubkorn mit sich bringt. John Cleese (Das Leben der Brian), der zusammen mit Chrichton das Skript geschrieben hat und – sagen wir – bei der Inszenierung von Ein Fisch namens Wanda keinesfalls unbeteiligt gewesen ist, ging den kreativen Prozess des Schreibens mit dem Gedanken an, Konflikte direkt in den Charakteren anzulegen, anstatt sie zwanghaft zwischen ihnen zu konstruieren. Ausgehend von einem Juwelendiebstahl, in dem nicht nur der bereits erwähnte Otto involviert ist, sondern auch Wanda (Jamie Lee Curtis, Halloween), Ken (Michael Palin, Wilde Kreaturen) und George (Tom Georgeson, Brombeerzeit), erzählt Ein Fisch namens Wanda vor allem mit Leidenschaft davon, wie sich Menschen selber im Weg stehen, anstatt ihren Frieden zu finden.
Otto, der Philosophiebücher liest und sich durch die Kraft der Meditation mit unermesslicher Geistesstärke beseelt sieht, ist dabei das Paradebeispiel eines bornierten Amerikers: Von Minderwertigkeitskomplexen befallen, vulgär, aufbrausend, nun ja, dämlich eben. Kevin Kline erfüllt diese Rolle mit einer gar anbetungswürdigen Inbrunst zur Körperlichkeit – zum Niederknien. Wanda, die wahrlich aufreizende Femme Fatale in diesem aktionsgeladenen Genre-Potpurri, welches sich der romantischen Komödie genauso zugeneigt präsentiert wie den Verrenkungen und Verkettungen des klassischen Screwball- und Kriminalkinos, versucht ihre materielle Gier mit ihren körperlichen Reizen zu befriedigen. Tiefer Ausschnitt, Augenklimpern, das hat Erfolg. Bis sie auf den in seiner Ehe gefangenen, typisch-englischen Advokaten Archie Leach (Cleese) trifft, der vor Gericht George verteidigt, von Wanda allerdings ebenfalls ausgenutzt werden soll. Die Sache mit den unerwarteten Gefühlen aber unterschätzt sie reichlich.
Die ärmste Sau in diesem Bunde gnadenlos liebenswerter und verschrobener Akteure ist jedoch Ken: Ein stotternder Tierliebhaber, der in der wohl berühmtesten Szene des Filmes Bissen für Bissen durchleiden muss, wie Grobian Otto die gesamten Bewohnerschaft seines Aquariums verspeist. Schließlich essen die Engländer ihre Pommes doch am liebsten Fisch, oder? Beeindruckend an Ein Fisch namens Wanda ist daher auch unverkennbar das famos geschriebene Drehbuch und das exzellente Timing der Regie: Nahezu unmöglich erscheint es, eine Pointe ausfindig zu machen, die wirklich baden geht. Was sowohl der durchweg hingebungsvollen Aufrichtigkeit gegenüber der Protagonisten geschuldet ist, gleichwohl aber auch auf die Spielfreudigkeit des Ensembles zurückzuführen ist, das sich für die hohe Kunst, eine wahrhaft zeitlose Komödie zu erschaffen, mit vollem Einsatz in die Bresche wirft. Zum Glück, deswegen ist Ein Fisch namens Wanda ein Meilenstein.