Als Eighth Grade wird in den USA das Schuljahr bezeichnet, in dem sich jugendliche Schüler im letzten Jahr der Middle School kurz vor dem Übertritt auf die High School befinden. Für die meisten Teenager stellt diese Phase ihres Lebens eine chaotische Zeit dar. Im ungefähren Alter zwischen 13 und 14 ist der Körper und der Verstand noch weit davon entfernt, erwachsen zu sein, während die frühe Kindheit ebenfalls immer weiter in die Ferne rückt. Auf dieser Schwelle, die von Eigenschaften wie unreifer Experimentierfreude, rebellischem Unverstandensein und frustrierender Ausgrenzung geprägt wird, ist Eighth Grade als Film angesiedelt. Es ist das Regiedebüt von Bo Burnham (Bo Burnham: Make Happy), der sich in der Vergangenheit einen Namen als YouTube-Star, Stand-up-Comedian und Musiker machte. In seinem öffentlichen Wirken ließ er die Grenzen zwischen all diesen Kunstformen gerne miteinander verschwimmen.
Sein erstes Werk als Regisseur und Drehbuchautor fügt sich hierbei nahtlos in dessen bisheriges Schaffen ein. Schonungslos, roh und einfühlsam zugleich blickt Burnham auf einen Abschnitt im Leben der 13-jährigen Kayla, der mit Sicherheit diverse Parallelen zur eigenen Jugend des Regisseurs offenbart. Als sich Burnham im gleichen Alter wie seine Hauptfigur befand, soll er ein schüchterner Spätpubertierender gewesen sein, der sich für Basketball und den Mathe-Club ebenso interessierte wie für das Theater, den Film Austin Powers und Lou Begas Welthit Mambo No. 5. Wie sich der heutige Star zum damaligen Zeitpunkt, in dieser ganz speziellen Phase seines Lebens gefühlt haben muss, lotet Burnham in Eighth Grade aus, wo ihm Protagonistin Kayla gleichermaßen als Versuchsobjekt für das Erkunden moderner Teenie-Befindlichkeiten wie auch Sprachrohr ganz persönlicher Gefühlszustände zu dienen scheint.
Dabei ist Kayla jene Art von heranwachsendem Mädchen, die nicht mit anderen gemeinsam in Cliquen abhängen, von ihren Mitschülern Zuspruch oder gar Aufmerksamkeit erhalten und schon gar nicht zu den wenigen Angesehen gehören, denen der Rest der Schule auf Schritt und Tritt folgt. Burnham widmet sich vielmehr denjenigen, die fast schon unsichtbar am Rand stehen, sich nach Aufmerksamkeit sehnen und am Ende des Tages doch wieder alleine in ihrem Zimmer sitzen und durch den Instagram-Feed ihres Smartphones scrollen. Diesbezüglich gestaltet sich Eighth Grade mindestens in zweierlei Hinsicht als interessantes Regiedebüt, das sich ansonsten nicht gerade stark von üblichen Vertretern des typischen Indie-Coming-of-Age-Films aus der Sundance-Filmfest-Schule abhebt. Zum einen integriert Burnham Social Media sowie die gegenwärtige Teenie-Kultur zwischen YouTube, Instagram und WhatsApp als organisches Erzählmittel in seine Geschichte. Eighth Grade ist keiner dieser Filme, in denen leuchtende Handybildschirme oder visualisierte Chatverläufe wie ein bemühtes Gimmick wirken, um moderne Entwicklungen zu berücksichtigen.
Burnham inszeniert sein Debüt oftmals ganz bewusst in übersättigten Einstellungen, die von einem chaotischen Rhythmus geprägt werden. Dabei verdeutlichen der elektronische Score von Anna Meredith und die mitunter hektischen Schnittfolgen von Jennifer Lilly das rastlose, nie zur Ruhe kommende Lebensgefühl einer Generation, die längst im endlosen Meer digitaler Inhalte untergetaucht ist. Zum anderen entwickelt Eighth Grade seine beinahe unwiderstehliche Sogwirkung aus der Protagonistin Kayla, die von Nachwuchsschauspielerin Elsie Fisher (City of McFarland) absolut fantastisch verkörpert wird. Fisher, die sich zum Zeitpunkt der Dreharbeiten fast genau im gleichen Alter wie die Hauptfigur befand, verleiht Kayla eine buchstäblich ungeschminkte Wahrhaftigkeit, die so treffend gespielt ist, dass sie nie wie bloßes Schauspiel wirkt. Kayla erweist sich hinter der unreinen Haut, den sichtbaren Pickeln und einem generell unauffälligen Erscheinungsbild als ebenso distanziertes wie problembehaftetes Mädchen.
Dabei beschränkt sich Burnham nicht nur auf den offensichtlichen Außenseiterstatus seiner Protagonistin, sondern verleiht Kayla zudem eine Unbeholfenheit, die sie in zahlreiche unangenehme Situationen und Momente des Fremdschams manövriert. Für Eighth Grade verlässt sich der Regisseur in diesem Zusammenhang viel lieber auf lose Szenenfolgen und vereinzelt willkürlich erscheinende Eindrücke anstelle einer kohärenten Handlung mitsamt logischem Spannungsbogen. Stattdessen folgt Burnham seiner komplexen Hauptfigur ohne konkretes Ziel von Moment zu Moment, während sich Kayla in der Interaktion mit Nebenfiguren wie ihrem alleinerziehenden Vater, dem Jungen, den sie anhimmelt, oder Jugendlichen aus der höheren Stufe, zu denen sie so zwanghaft dazugehören will, als angenehm schwierig erweist. Ohne sich auf ein vorhersehbares Happy End zuzubewegen oder Kaylas Leben im Gegenzug als pessimistisches Abbild einer verlorenen Jugend heraufzubeschwören, ist Eighth Grade selbst ein Film der ungeordneten Unentschlossenheit, der gerade von seiner Widerspenstigkeit aus peinlich berührender, unbequemer, nachdenklich stimmender oder auch warmherziger Offenheit lebt.