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Der kleine Bastian (Barret Oliver) wird regelmäßig von seinen Klassenkameraden schikaniert. Auf der Flucht vor ihnen rettet er sich eines Tages in ein Antiquariat, wo er einem alten Buchhändler begegnet, der ihn vor einem geheimnisvollen Buch warnt. Bastian kann nicht widerstehen und „leiht“ sich das Buch mit dem seltsamen Titel heimlich aus, um es auf dem dunklen Dachboden der Schule zu lesen. Er gerät in eine abenteuerliche Reise durch Phantásiens Welt der Winzlinge, Rennschnecken, Felsenbeißer und Glücksdrachen, die vom Untergang bedroht ist und verzweifelt nach einem Retter sucht. Phantásien scheint verloren, als Bastian begreift, welche Rolle er in der unendlichen Geschichte spielen kann.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Wer den Unterschied zwischen einem Pferd und einem Einhorn nicht kennt, könnte den Kontakt zur eigenen Fantasie, zur Vorstellungskraft verlieren. „Die unendliche Geschichte“ ist keineswegs das, was vermutlich viele zunächst denken: eine Geschichte für Kinder und Jugendliche. So wie im Grunde genommen keines der Bücher von Michael Ende ein reines Kinder- oder Jugendbuch ist, sondern vielmehr ein vielschichtiges Werk, tendenziell philosophisch, ausgesprochen gesellschaftskritisch und versehen mit allerhand Symbolen. Da täuschen verspielte Titel wie „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ schnell drüber hinweg. „Die unendliche Geschichte“ klingt schon wesentlich generischer, vereint die Tiefe aber erneut mit dem Kindlichen.

Michael Ende hat den Roman „Die unendliche Geschichte“ im Jahr 1977 begonnen. Das zur damaligen Zeit lose Konzept der im Laufe der Entstehung immer weiter wachsenden Story lautete in etwa: Ein Junge gerät beim Lesen buchstäblich in die Geschichte hinein und findet nur schwer wieder heraus. Weil der Thienemann-Verlag diese Idee absegnete, setzte sich Ende an die Schreibmaschine. 1979 wurde das Buch veröffentlicht.

Leser eines Buches sind nach der filmischen Adaption mehr oder weniger zufrieden. Doch wie sieht es mit dem Autor oder der Autorin der betroffenen Geschichte aus? Michael Ende übergab die Filmrechte im Sommer 1981 – eine Entscheidung, die er im Fortgang mehrfach bedauerte. So einige Drehbuchfassungen wurden von ihm abgelehnt und letztlich ließ er seinen Namen sogar aus dem Vorspann streichen. Wenn man bedenkt, dass die Verfilmung inhaltlich lediglich die erste Romanhälfte behandelt, wenn man sich ausgiebig mit dem Buch und der Symbolik beschäftigt und wenn man das Filmfinale kritisch beäugt, kann man die Einschätzung von Ende, das cineastische Endprodukt würde der Vorlage nicht gerecht werden, durchaus nachvollziehen. An der Stelle sei auch jedem, der ein ehrliches Interesse an den Figuren in und um Phantásien hat, der Roman ans Herz gelegt – ein neuer Klassiker der Kinder- und Jugendliteratur, der es verdient hat, nicht nur gelesen, sondern auch subjektiv verstanden zu werden.

„Das ist nämlich die Geschichte eines Jungen, der seine Innenwelt, also seine mythische Welt, verliert in dieser einen Nacht der Krise, einer Lebenskrise, sie löst sich in Nichts auf, und er muss hineinspringen in dieses Nichts, das müssen wir Europäer nämlich auch tun. Es ist uns gelungen, alle Werte aufzulösen, und nun müssen wir hineinspringen, und nur, indem wir den Mut haben, dort hineinzuspringen in dieses Nichts, können wir die eigensten, innersten schöpferischen Kräfte wieder erwecken und ein neues Phantásien, das heißt eine neue Wertewelt, aufbauen“ – Michael Ende

Im Folgenden soll die Romanvorlage nicht mehr einbezogen werden, der Blick ruht ganz isoliert auf dem Film „Die unendliche Geschichte“.

Bastian ist wohl nicht der typische Junge seiner Altersklasse. Auch wenn Smartphones und dergleichen damals noch keine Rolle spielten, waren die Jungs eher wenig an Büchern interessiert. Schon früh im Film sagt Bastians Vater zu seinem Sohn: „Hör auf, in den Wolken zu schweben“. Mit beiden Beinen im Leben stehen, was bedeutet das? Und was bedeutet es für einen Jungen, dessen Mutter viel zu früh verstorben ist? Bastian braucht die Parallelwelten seiner Bücher, er benötigt seine Fantasie, bewahrt sie, benutzt sie. So erscheint es nur allzu schicksalhaft, dass er auf der Flucht vor ein paar Halbstarken bei einem kauzigen, antiquierten Buchhändler landet. Bestätigt wird dieser Eindruck von dessen zaghaftem Schmunzeln, als Bastian den Laden verlässt – mit der „Unendlichen Geschichte“ unterm Arm.

In der Folge erlebt die Figur im Buch, der Jäger Atréju, nach striktem Quest-Prinzip eine abenteuerliche Reise durch Phantásien. Die Perspektive wechselt immer wieder zwischen den Ereignissen des scheinbar fiktiven Helden und denen auf dem Dachboden in der Realwelt von Bastian. Dabei verschmelzen beide Welten mehr und mehr. Bastian realisiert, dass es eine Verbindung geben muss und diese Erkenntnis spitzt sich bis zum Finale zu – die dramaturgische Spirale im Film. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf der Heldenreise in Phantásien, was den Film zu einem lupenreinen wie bildgewaltigen Fantasystreifen macht. Riesen, eine Schildkröte, so groß wie ein Hügel, ein dämonischer Wolf, das zehrende Nichts, Orakel, Fabelwesen verschiedenster Art – all das bedeutete Anfang der 80er einen enormen Aufwand. Was heute leider zuhauf am Computer entsteht, musste damals per Hand entwickelt und betrieben werden (bis auf etwas Bluescreen-Einsatz). Kolossale Puppen und Modelle (schaut Euch allein den Glücksdrachen Fuchur an), meterhohe Kulissen, ein Sumpf mitten im Studio. Nicht umsonst wurde Regisseur Wolfgang Petersen im Nachgang die „Goldene Leinwand“ verliehen. Um hinsichtlich der Effekte den Hollywood-Konkurrenten in nichts nachzustehen, wurden sogar Profis aus England verpflichtet. Gemessen an heutigen Standards wirkt das Gesehene für neumodische Filmegucker wohl wie ein Puppentheater, doch das leidenschaftliche Handwerk und Herzblut wird immer faszinieren und hoffentlich auch hier und da bedeutender erscheinen als computererzeugte Effekte.

Im Endeffekt konnte man stolz auf ein opulentes Werk blicken, das sowohl in Deutschland als auch in den USA viel Applaus einheimste. Und weil ein Film nun mal in komprimierter Zeit unterhalten, bewegen, aufwühlen muss, sind dramaturgische Kniffe und dramatische Überziehungen selbstverständlich. Allein die Szene, in der das weiße Pferd von Atréju im Sumpf versinkt, wird nicht nur Bastian Tränen in die Augen getrieben haben – hierbei handelt es sich vielleicht um eine der bewegendsten Filmszenen ganz allgemein. Einen wesentlichen Beitrag zum emotionalen wie unterhaltsamen Erfolg leistet auch der sensationelle Soundtrack. Das Hauptthema steht noch heute ganz weit oben, wenn es um unverwechselbare Kompositionen für Filme geht. Natürlich ist hiermit die originale Filmmusik zur deutschen Version von Klaus Doldinger gemeint.

Wenn man dem Film etwas vorwerfen möchte, dann sollte sich die Kritik in Richtung Spielfilmlänge bewegen. Der Ansatz, hier bewusst auf eine massentaugliche Dauer gegangen zu sein, sodass Atréju eher hastig von Abenteuer zu Abenteuer springt, was der Geschichte ein wenig den Charakter einer dem Umfang entsprechend ausführlich und damit gut erzählten Geschichte nimmt, ist schon erkennbar. Und passt letztlich auch zum hollywood’schen Ende, mit dem Ende am Ende eben alles andere als zufrieden war.

Fast 30 Jahre nach dem Release des Films kommt „Die unendliche Geschichte“ also als Blu-Ray auf den Markt. Wie sich die Zeiten doch ändern! Es ist schon von Ambivalenz geprägt, wenn man die natürlichen Effekte, die animierten Puppen und die gebauten Kulissen in dieser gestochen scharfen Bildqualität sieht. Natürlich ist das Ergebnis rein technisch gesehen eindrucksvoll, aber vom Charme geht wie so oft einiges verloren. Aufgehübscht wird das Ganze durch ein paar Extras, die immerhin eine Dokumentation zur Restauration beinhalten sowie ein Making-of, das die Bedeutung, den Film zur damaligen Zeit zu drehen, verdeutlicht: Das Projekt war in vielerlei Hinsicht gigantisch, ob finanziell oder bezogen auf die Sets. So etwas hatte es in Deutschland noch nicht gegeben. Außerdem gibt es einen Videoclip zum Song von Limahl, ein „Vom Storyboard zum Film“-Feature sowie weitere Filmempfehlungen.

Fazit

„Die unendliche Geschichte“ stellt einen fantastisch phantastischen Meilenstein des Kinos dar. Musik und Bilder verschmelzen zu einem berührenden und unterhaltsamen Ganzen, das auch heute noch, für die einen trotz, für andere gerade aufgrund der handgemachten Effekte, berauscht und begeistert. Einer der besten existierenden Fantasyfilme!

Kritik: André Gabriel

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