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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Im Amazonas schildert Abenteurer Mike zwei Wissenschaftlerinnen von einem Überfall durch Kannibalen. Was die beiden Dummchen nicht ahnen: Mike selbst ist ein Kannibale, der die beiden verführt und ins Dickicht lockt. Dort warten weitere Menschenfresser.

Kritik

Als ebenso populäres wie kontrovers umstrittenes Subgenre erlebte der Kannibalenfilm vor allem in den späten 70ern und frühen 80ern seine Hochzeit. Neben Werken wie Nackt unter Kannibalen, Papaya - Die Liebesgöttin der Kannibalen oder Mondo Cannibale 3 - Die blonde Göttin der Kannibalen, denen alleine aufgrund ihrer Titel bereits vor der eigentlichen Sichtung eine bestimmte Aufmerksamkeit geschenkt wurde, zählte vor allem Ruggero Deodatos Nackt und zerfleischt zu einem der gefürchtetsten, aber ebenso geschätztesten Vertretern des Kannibalenfilms. Dem Regisseur gelang es nicht nur, mittels äußerst expliziter Gewaltdarstellung und fragwürdigem Tier-Snuff zu polarisieren, sondern einen regelrechten Skandal zu entfachen. Aufgrund der mitunter dokumentarischen Inszenierung, durch die der Streifen als Begründer des Found-Footage-Genres gelten darf, hielten Behörden die damaligen Aufnahmen für real, weshalb sich Deodato schließlich vor Gericht verantworten und durch die Anwesenheit der Darsteller belegen musste, dass es sich bei seinem Film lediglich um ein Werk der Fiktion handelt. 

Obwohl man über Nackt und zerfleischt völlig zurecht geteilter Meinung sein, verbarg sich hinter den schonungslosen Bildern von Deodatos Schocker eine treffsichere Gesellschafts- sowie Medienkritik, mit der der Regisseur den ausbeuterischen, sensationsgierigen Voyeurismus seiner Figuren auch gleichzeitig auf den Zuschauer selbst projizierte und ihm somit auf zynische Weise einen Spiegel vorhielt. Ein Jahr nach dem Erscheinen von Nackt und Zerfleischt, der in seiner unzensierten Form bis heute unter anderem in Deutschland beschlagnahmt ist, veröffentlichte Umberto Lenzi (Mondo Cannibale) seinen Kannibalenfilm Die Rache der Kannibalen. Betrachtet man diesen Film und ist zudem mit Deodatos Werk vertraut, fallen einem sofort Parallelen auf. Auch in Lenzis Film begibt sich ein Trio in den Dschungel des Amazonas, um dem Mythos des Kannibalismus auf die Spuren zu gehen, nur ist es hier kein Filmteam, sondern eine Studentin, die jenen Mythos für ihre Dissertation klar widerlegen möchte.

Nachdem der Regisseur direkt zu Beginn einen Handlungsstrang um einen ermordeten Drogendealer in New York einführt, der neben der eigentlichen Geschichte verläuft und gelegentlich wieder aufgegriffen wird, besteht Die Rache der Kannibalen in seiner ersten Hälfte hauptsächlich aus unnötig ausgewälzter Exposition. Lenzis Drehbuch fährt Figuren auf, die kaum eindimensionaler und flacher sein könnten und von ebenso hölzernen Schauspielern verkörpert werden, so dass ihr Schicksal von vornherein nur dazu vorherbestimmt zu sein scheint, in möglichst grausamen Sequenzen zu Tode kommen. Bis es allerdings zur titelgebenden Rache der Kannibalen kommt, irrt der kaum vorhandene Spannungsbogen des Films durch ein Labyrinth aus idyllischen Dschungelpanoramen, flachen Dialogen, widerwärtigem Tier-Snuff, der hier noch willkürlicher und selbstzweckhafter wirkt als in Kannibalenfilmen ohnehin üblich, sowie kurzen Einschüben aus dem New Yorker Handlungsstrang, der sich spätestens gegen Ende des Films als überflüssiges Füllmaterial erweist, wo er vollständig ins Leere verläuft. 

Auch wenn Lenzi ebenfalls Spuren von Gesellschaftskritik einstreut, indem er die zivilisierten Menschen als Wurzel allen Übels darstellt, nachdem das anfängliche Trio auf zwei Drogenhändler trifft, die im Amazonas auf der Suche nach Kokain und Smaragden sind und zuvor Menschen aus einem Stamm Eingeborener brutal folterten oder töteten, erweist sich dieser Ansatz lediglich als plumpes, notdürftig angeheftetes Alibi, um den nachfolgenden Racheakt ansatzweise moralisch abzufedern. Letztlich ist der Regisseur aber an kaum etwas anderem als dem barbarischen Exzess interessiert, der den Touristen schließlich in der zweiten Hälfte des Films widerfährt. Mit der recht grafischen Darstellung von abgetrennten oder mit Nadeln durchstochenen Geschlechtsteilen, Körpern, die ausgeweidet und deren Innereien verspeist werden oder Schädeldecken, die mit einem Machetenhieb vom Besitzer abgetrennt werden, mag Die Rache der Kannibalen vereinzelt für Aufruhr gesorgt haben und unterliegt genauso wie Deodatos Werk einer weitläufigen Beschlagnahmung. 

In einem Film, in dem ein Ameisenbär vorsätzlich vor einer Anaconda ausgesetzt und festgebunden wird, damit die Verantwortlichen dessen panische Schreie in einer qualvoll ausgedehnten Szene einfangen können, sobald sich die Schlange um das Tier wickelt und zu würgen beginnt, verpuffen die fiktiv inszenierten Gewalttaten gegenüber menschlichen Schauspielern jedoch weitestgehend. Die Rache der Kannibalen fördert neben überwiegend dilettantischem Handwerk, bei dem sich lediglich der atmosphärische Score von Roberto Donati und Fiamma Maglione positiv erwähnen lässt, hölzernen Schauspielleistungen, nicht vorhandener Spannung oder stimmiger Gesellschaftskritik sowie plakativen Gewaltmomenten daher vor allem einen moralisch verabscheuungswürdigen Ansatz zu Tage, bei dem die mehrfach vorhandene, reale Gewalt gegen Tiere kaum in einen sinnstiftenden Kontext gestellt wird und somit einen mehr als bitteren Geschmack hinterlässt.

Fazit

Umberto Lenzis „Die Rache der Kannibalen“ wirkt aufgrund des nur ein Jahr zuvor erschienenen „Nackt und Zerfleischt“ von Ruggero Deodato wie ein bemühter, misslungener Abklatsch. Abgesehen von einem gelungenen Score sowie einigen atmosphärischen Aufnahmen bietet Lenzi kaum mehr als plakative Gewaltmomente, abstoßenden und fragwürdigen Tier-Snuff, bemühte Gesellschaftskritik, unbeholfene Schauspieler und ein misslungenes Pacing, bei dem sich eine Nebenhandlung in New York schließlich als völlig überflüssiges Füllmaterial entpuppt, um vermutlich überhaupt irgendwie in die Nähe der angestrebten Laufzeit zu gelangen. Höchstens für ganz hartgesottene Fans des Kannibalenfilms geeignet, alle anderen dürften sich von den realen Tiertötungen, den wenigen barbarischen, fiktiven Tötungen der menschlichen Figuren und einem uninspirierten Handlungsverlauf sehr schnell abwenden oder das Werk komplett verteufeln. Verständlicher ist die zweite Fraktion.

Kritik: Patrick Reinbott

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