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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

North East Bronx, 1969: Bewusst entscheidet sich Anthony nach seinem Schulabschluss gegen ein Collegestudium und für die Ausbildung bei den Marines. In Vietnam erleben er und einige seiner Jugendfreunde die Hölle auf Erden. Zurück in der Heimat werden sie jedoch nicht wie Helden empfangen, im Gegenteil. Frustriert, desillusioniert und ohne Perspektive planen sie einen Geldtransport zu überfallen.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Mit gerade mal 21 Jahren sorgte das Zwillingsbrüderpaar Allen & Albert Hughes 1993 für ein kleines Erdbeben. Ihr wütendes, ungeschminktes Spielfilmdebüt Menace II Society war wie ein Aufschrei, ein Weckruf direkt aus dem Herzen der afroamerikanischen sozialen Brennpunkte, der für einiges Aufsehen sorgte und sich schnell zum Kultfilm einer Generation mauserte. Ein ungeahnter Erfolg, der den Gebrüdern für ihr nächstes Projekt Tür und Tor öffnete, was sie aber nicht blind und rein kommerziell orientiert verschleuderten. Der zwei Jahre später folgende Dead Presidents konnte trotz grob ähnlicher Veranlagung und sichtlich gestiegenen Möglichkeiten den Erfolg bei Kritik und Publikum nicht gänzlich wiederholen, ist heute nach wie vor lange nicht so prominent wie sein indirekter Vorgänger, was er nun wirklich nicht verdient hat. Entscheidend besser wurden die Hughes-Brothers (ob gemeinsam oder solo) nicht mehr, andersherum wird leider eher ein Schuh draus.

Statt die Hoffnung seiner Mutter zu erfüllen und wie sein Bruder eine Collageausbildung anzustreben, verpflichtet sich Anthony („O-Dog“ Larenz Tate, L.A. Crash) nach dem Schulabschluss lieber bei den Marines und somit zwangsläufig für den Fronteinsatz in Vietnam, denn wir schreiben das Jahr 1969. Dort sieht der zwar unter den erschwerten Bedingungen der Bronx aufgewachsene, durchaus nicht realitätsfremde, aber dennoch gutherzig und etwas blauäugig gebliebene Teenager die Chance wie einst sein Vater in Korea „zum Mann“ zu werden und etwas Praktisches, Sinnvolles mit seinem Leben anzufangen. Eine Option aus dem tristen Alltag auszubrechen, um nicht wie so viele auf die schiefe Bahn zu geraten. Der Zahn wird ihm erst zu spät gezogen und aus dem Dschungel gibt es – unversehrt – nicht einfach so ein Rückfahrtticket. Aber wenigstens sollte der Dienst für sein Land entsprechend gewürdigt werden. Pustekuchen, denn zurück in der Bronx stehen er und seine Kameraden vor dem Nichts. Arbeitslos, ohne Ausbildung, geprägt durch die traumatischen Erlebnisse, dafür mit Verantwortung, zu stopfenden Mäulern und sogar immer mit Vorwürfen aufgrund der perspektivlosen Situation konfrontiert, was bleibt da übrig? Außer das, was ursprünglich vermieden werden sollte.

Augenscheinlich scheinen sich die Hughes-Brothers etwas zu viel vorgenommen zu haben; erzählen bei Dead Presidents sowohl (einen Hauch von) Coming-of-Age, Milieustudie, Kriegsfilm, Sozialdrama und letztlich natürlich auch brachiales Heist-Movie, das klingt erstmal völlig überfrachtet und kaum sinnstiftend. Das stimmt so jedoch nicht, denn eines führt logischerweise zum anderen und portraitiert nicht realitätsfern die Krux, das ermüdenden und tragische Hamsterrad einer zunächst gerne benutzten, dann aber genauso schnell und einfach fallen-wie alleingelassenen Generation und besonders Gesellschaftsschicht, die statt Ruhm, Ehre und Dankbarkeit nur in die Gosse gespült wurde, aus der sie eigentlich entkommen wollte. Der Gedanke, der geschilderte Kreislauf der Story ist wahrhaftig, bitter und deshalb auch kaum weniger wichtig, aufrüttelnd wie einst bei Menace II Society, wenn auch natürlich durch das zurückliegenden Handlungsfenster nicht mehr so direkt und unangenehm-unmittelbar dringlich.   

Womit sich die Brüder wirklich etwas übernehmen ist der damit einhergehende Umfang der Handlung. Zwangsläufig kommt es im Plot somit immer wieder zu abrupten Sprüngen, der Entwicklungen zwar verständlich darstellt, aber nicht ideal und ausführlich ausleuchtet. Oft wirkt der Film sehr gehetzt, was bedauerlich ist, nimmt er sich doch gerne auch mal die Zeit für ausgewählte Momente, atmet durchgehend hervorragend Flair und Stimmung von Zeit, Ort und Gegebenheiten ein, um dann plötzlich wieder im Sauseschritt voranzupreschen, da die wohl angepeilte <2-Stunde-Marke auch zwingend eingehalten werden sollte. Es wird viel Wert auf Details gelegt, das Herzblut und Engagement aller Beteiligten ist unverkennbar und Dead Presidents hat so manche Szenen, die beinah jeden Film etwas aufwerten würden. Allein wie sonst selten bis nie ernsthaft eingesetzte Darsteller wie Keith David (Sie leben!) und besonders Klassenclown Chris Tucker (Rush Hour) endlich mal in ernsthaften Rollen richtig gefordert werden und das – speziell bei Tucker – auch noch mit Bravour erfüllen ist ein deutliches Zeichen, wie sehr es sich hier um ein Herzensprojekt handelt.

Wie die Handlung sind auch die Nebenfiguren zu interessant und potenziell vielschichtig, um teilweise so sträflich an der kurzen Leine gelassen zu werden. Manche Entwicklungen, wie die von Cleon (Bokeem Woodbine, Panther) vom psychotischen Vietkong-Schlächter zum in der Diskrepanz völlig unverständlich weichgespülten Prediger und Jammerlappen, bleiben außen vor. Einer der wenigen Filme, die gut und gerne 30 Minuten+ oben drauf vertragen, eventuell sogar benötigt hätten. Wie schlimm ist das? Es ist bedauerlich für das extrem hohe Potential, aber so oder so ist Dead Presidents ein sehr sehenswerter Film geworden. Hier wurde so viel investiert (und damit ist nicht in erster Linie Geld gemeint), es ist immer noch die Power und der positiv-ungestüme Freiheitsdrang von Menace II Society zu spüren, diesmal nur noch ein gutes Stück professioneller, erfahrener Inszeniert. Wohlgemerkt, die Brüder waren damals gerade reife 23 Jahre alt. Hut ab. Das da nicht alles was sie sich wohl vorgenommen haben exakt ausformuliert ist, da darf getrost mit gelebt werden.

P.S.: Ein schön ironisches Cameo am Ende von einem cineastischen Vietnam-Veteran: „Ich war auch bei den Marines und habe meinem Land im Zweiten Weltkrieg gedient, was ein wirklicher Krieg war.“

Fazit

Wuchtiger, engagierter, hochveranlagter und stellenweise enorm prägnanter Mix aus Kriegs-, Ghetto-, Gangster- und Gesellschaftsdrama, der vielleicht in dem Volumen nur eine paar Jahre zu früh für zwei sehr talentierte Brüder kam, die danach sich leider nicht mehr an der Materie versucht haben. Komisch, wie unauffällig bis langweilig die Hughes-Brothers geworden sind, da schlummerte so viel Energie. Back to the Roots, bitte.

Kritik: Jacko Kunze

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